Die Grund- und Werkrealschule Berchen hat wieder einen Schulleiter: Oliver Fecht beginnt seine Arbeit offiziell zum 1. August 2024. Er war laut Staatlichem Schulamt Konstanz der einzige Bewerber auf die Stelle, die nach der Verabschiedung des langjährigen Rektors Elmar Mosbrugger in den Ruhestand zweimal kommissarisch und einmal nur kurz mit Schulleiterin Stephanie Ball besetzt war.
Oliver Fecht traut sich die Doppelaufgabe zu, eine Grund- und Werkrealschule zu leiten. In den vergangenen Jahren zeigte sich der Werkrealschulzweig stabil – entgegen dem Trend im Land Baden-Württemberg. Die Berchenschule galt landesweit als Leuchtturm für diese Schulart. Doch nun möchte die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg den Werkrealschulabschluss abschaffen.
Wie steht Oliver Fecht dazu? „Das Gerede über Abschlüsse und auch darüber, welchen Ruf welche Schule hat, ist für mich nicht entscheidend“, sagt der 51-Jährige im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Warum werten wir in unserer Gesellschaft überhaupt Abschlüsse? Ist ein Arzt wichtiger als ein Hausmeister?“
Ihm fehlt an vielen Stellen die Wertschätzung für die Menschen und ihre Leistung. Bislang arbeitet Oliver Fecht an der Gemeinschaftsschule, wo Kinder und Jugendliche gemeinsam in einer Lerngruppe sitzen, die unterschiedliche Abschlüsse anstreben.
„Ich habe da tolle Jugendliche, die schulisch schwächer sind, aber so wertvoll für die Gesellschaft“, sagt Fecht. Der künftige Schulleiter machte zunächst selbst den Hauptschulabschluss. „Ich bin der klassische Spätstarter“, sagt er und lacht.

Nach weiteren Stationen wurde er Lehrer und trat seine erste Stelle 2001 an der Gebhardschule an, die damals noch eine Grund- und Hauptschule war. „Ich bin jetzt seit 23 Jahren an meiner ersten Schule, habe dort die Entwicklung zur Gemeinschaftsschule mitgemacht und auch -gestaltet“, sagt Fecht.
Schon seit einigen Jahren trage er sich mit dem Gedanken, in eine Leitungsposition zu wechseln. „Jetzt fühle ich mich bereit für diesen Schritt, bin motiviert und will mit den Kindern, Jugendlichen, Eltern und Kollegen was Gutes gestalten.“
Wenn Kinder und Lehrer fürs Leben lernen
Dabei hat er ein übergeordnetes Ziel: „Ich möchte die Herzen der Kinder zum Leuchten bringen, auch wenn das pathetisch klingt. Und wenn ich die Schüler dazu bringe zu verstehen, was Demokratie ist, wenn sie es aushalten, dass ihre Meinung mal nicht durchkommt und wenn sie begreifen, was sie glücklich macht, leuchtet auch mein Herz.“
Für dieses Ziel geht Oliver Fecht auch mal ungewöhnliche Wege. „Eine Abschlussklasse hat mich gefragt, warum wir immer Mathe machen müssen“, erzählt er. „Also wollte ich wissen, was sie lieber täten. Heraus kam eine Projektwoche zum Thema Glück. Das lief so toll, dass ich das Projekt in meinem Sabbatjahr mit raus in die Welt genommen habe.“

Fecht besuchte Schulen in Kanada, Vereinigten Staaten und Afrika und gestaltete auch dort Projekte zum Thema Glück. „Dabei habe ich so viel zurückbekommen, das ist unvergesslich“, sagt der 51-Jährige. „Für sowas ist die Schulform unerheblich.“
Auf den neuen Schritt in seiner Laufbahn freut er sich: „Ich habe tolle Jahre an der Gebhardschule hinter mir. Natürlich gab es auch Situationen, die ich nicht gut fand, aber es liegt an mir, was ich daraus mache. Ich gehe lösungsorientiert an Probleme heran und freue mich über jeden Fehler, der passiert.“
Ein bisschen aufgeregt, ein bisschen wehmütig
Auch wenn ihm der Abschied vom bisherigen Kollegium schwerfällt, blickt er zuversichtlich auf die Zeit, die vor ihm liegt. „Ich komme von außen in ein bestehendes System und werde im ersten Jahr ganz viel zuhören und lernen. Schule muss man als Wir denken und mit allen auf Augenhöhe sprechen. Es hilft wenig, wenn einer sagt, wo es langgeht.“
Bis er sich ganz auf seine neue Stelle einlassen kann, schwebt er ein wenig zwischen zwei Welten. „Ich muss meine volle Aufmerksamkeit der Gebhardschule widmen und mich gleichzeitig in eine neue Aufgabe einarbeiten, da prasselt gerade viel auf mich ein“, sagt Fecht. „Ich fühle mich wertgeschätzt, bin aber auch wehmütig und positiv aufgeregt.“

Angela Murmann-Ise, die die Berchenschule als stellvertretende Schulleiterin noch bis zum Schuljahresende kommissarisch leitet, wünscht Oliver Fecht viel Erfolg und freut sich, dass sie die Schule rechtzeitig zu ihrer Pensionierung übergeben kann. Sie ist seit 2001 an der Berchenschule, seit 2009 Konrektorin. Mit ihrem Nachfolger hat sie eines gemeinsam: Sie freut sich auf einen neuen Abschnitt.