Der Blick aus Carola Hespelers Fenster ist seit einigen Monaten trostlos. Ein paar Meter vom Haus in der Allensbacher Hochstraße entfernt steht eine braune Lärmschutzwand. Die wird noch überragt von der alten B33, die als Baustraße genutzt wird. Dahinter sieht man den Verkehr auf der Umleitungsstrecke und eine graue Lärmschutzwand. „Furchtbar“, sagt die gebürtige Allensbacherin.
Früher war die Böschung der Bundesstraße dicht bewachsen mit Bäumen und Büschen, schön grün. Der einzige Vorteil sei, dass es nicht mehr den Verkehrslärm von der B33 gebe, den die Anwohner jahrzehntelang ertragen mussten. „Vom Krach her könnte ich so mit der Straße leben“, meint Hespeler. Wobei der Bauverkehr ihrer Meinung nach schneller ist als der auf der Umleitungsstrecke. Und im Sommer hätten die Lastwagen dort Staubwolken hinter sich hergezogen.
Renate Hog und Günther Stadelhofer, die ebenfalls in der Hochstraße wohnen, bestätigen diese Eindrücke. „Man war froh, wenn Westwind war“, berichtet Hog über den Bauverkehrsdreck im Sommer. Stadelhofer erklärt: „Der erste Schock war, als das ganze Grün abgeholzt wurde. Das war immer so schön.“ Jetzt könne man da keine Vögel oder Eichhörnchen mehr sehen. Und Hog fügt an, dass auch der Ausblick vom Röhrenberg schlimm sei. „Man sieht nur noch Chaos, nur noch Wüste, nichts Grünes mehr.“

Besorgter Blick auf den neuen Radweg
Wobei auch Hog und Stadelhofer betonen, dass es kaum noch Verkehrslärm gebe. Zumal Mitarbeiter und Zulieferer der Kliniken Schmieder nun nicht mehr auf der Hochstraße und der Straße Zum Tafelholz fahren. „Wir hören fast nichts mehr“, sagt Stadelhofer. Und Hog findet, dass es nun auch auf dem Friedhof so ruhig sei, wie es sein sollte. Früher habe man dort bei Beerdigungen kaum den Pfarrer verstanden.
Doch der neue kombinierte Fuß- und Radweg im Tafelholz Richtung Klinik und Wald unter der alten B33 und der Umleitungsstrecke sei zu eng, meinen die Anwohner. Tatsächlich ist der Weg am Anfang und Ende recht schmal für Begegnungsverkehr von Fahrrädern. Dazwischen wird er zwar breiter, und es sind Fahrspuren in beide Richtungen aufgemalt.

Aber direkt vor und nach der Unterführung unter der Umleitungsstrecke gibt es scharfe Kurven. Da sehe man beim Ein- und Ausfahren nicht, ob einem jemand entgegenkommt. Stadelhofer meint: „In die Unterführung muss ein Spiegel rein.“

Hespeler und Hog beklagen zudem, dass man jetzt nicht nur mit dem Auto Umwege Richtung Klinik und Wald fahren müsse, sondern auch als Fußgänger und Radfahrer, weil eine andere Unterführung entfallen sei. „Wir sind abgeschnitten“, klagt Hespeler. Zu Fuß oder mit dem Rad müsse man jetzt mehrere hundert Meter mehr zurücklegen. „Wir haben große Umwege, um in das Naherholungsgebiet Wald zu kommen.“
Über Baulärm klagen die drei Anwohner aktuell nicht, aber sie befürchten, dass da noch einiges auf sie zukommt in den kommenden Jahren. Vor allem, wenn die großen Massen an Aushub für den Tunnelbau ausgebaggert und abgefahren werden.
„Das wird laut und dreckig“, prophezeit Stadelhofer. Und Hespeler befürchtet auch viel Lärm, wenn Spundwände in den Boden gerammt werden. Hog wohnt an der Ecke Hochstraße/Zum Tafelholz. Da erwarte sie zudem viel Lärm, wenn die alte B33-Brücke im Tafelholz abgefräst wird. Die Neubauleitung Singen habe schon angekündigt, dass das sehr laut werde.
Verantwortliche achten auf Baulärm
Die Neubauleitung gehört zum Regierungspräsidium (RP) Freiburg. Dessen Pressestelle erklärt auf Nachfrage, dass zur Entlastung der Anwohner die Abbrucharbeiten an den Brückenbauwerken nur an Arbeitstagen von 8 bis 17 Uhr stattfinden. „Die Randzeiten werden dort ausgespart.“
Zudem werde beim Bauwerk Tafelholz in Absprache mit den Kliniken eine Mittagspause von 12 bis 14 Uhr eingelegt. Allerdings würden diese Ausnahmen nur die Abbrucharbeiten betreffen, so die RP-Pressestelle. „Andere Tätigkeiten werden werktäglich von 7 bis 20 Uhr durchgeführt.“
In den Sommermonaten beginne man zum Gesundheitsschutz der Bauarbeiter zudem bereits um 6 Uhr morgens. „Es wird jedoch darauf geachtet, in diesen Randzeiten eher lärmgeringe Arbeiten durchzuführen“, verspricht die Pressestelle.
Da hat Lothar Spießer allerdings bereits eine andere Erfahrung gemacht, wie er berichtet. Er wohnt in der Mühlengasse. In der Nähe sei 2024 von Frühjahr bis Dezember der neue Durchlass für den Mühlbach unter dem Tunnel gebaut worden. Früher sei da einfach der Bach geflossen, dann wurde ein Flussbett betoniert, sagt Spießer. „Das war bis einschließlich Dezember schon ein Höllenkrach.“
Anwohner loben auch die Fortschritte
Den ganzen Tag, auch oft bis abends. Vor allem, als für den Durchlass Stahlträger in den Boden gerammt wurden. „Da haben zum Teil die Fenster vibriert.“ Als unverschämt habe er es empfunden, als einmal samstags bereits um 6 Uhr mit den Arbeiten begonnen wurde.
„Diese Monate waren schon hart“, so Spießer. Aktuell sei es ruhiger, doch auch er erwarte, dass da noch einiges auf die Anwohner zukommt. Und wie Günther Stadelhofer versteht Lothar Spießer nicht, warum der Tunnel Richtung Westen nicht 200 bis 300 Meter länger gebaut wird, obwohl dort noch Wohnhäuser sind.
Doch alle vier hier zitierten Anwohner sagen auch, sie wollten sich nicht nur beklagen. Man müsse sich damit abfinden. Es liege nicht an der Neubauleitung und den Baufirmen, dass sich die Baustelle direkt neben ihren Häusern befindet. Die Arbeiten gehen nach ihren Eindrücken nun tatsächlich voran.
Ihrer Meinung nach sei es in den 1980er- und dann in den Nuller-Jahren einfach eine Fehlentscheidung gewesen, dass die Politik den Ausbau der Südtrasse durchgesetzt hat – statt einer Nordtrasse, wie sie die Gemeinde und eine Bürgerinitiative gefordert hatten.