Es ist eine gewaltige Zukunftsaufgabe – im doppelten Sinne. In den nächsten wenigen Jahren muss die Stadt Konstanz Gewaltiges leisten, um ihre Schullandschaft fit zu machen. Langsam wird deutlich, wo die größten Brocken liegen. Soeben hat der Bildungsausschuss für wesentliche Themen die Weichen gestellt. Hier die wichtigsten Veränderungen, die auf die Schüler der Stadt, ihre Familien und nicht zuletzt auf die Steuerzahler zukommen.

Stadt muss bis zu 100 Millionen Euro investieren

Wenn ab 2030 die Menschen an den Hafner ziehen, braucht es dort eine Grundschule und eine weiterführende Schule. Das zeigen alle Berechnungen zur Bevölkerungsentwicklung. Doch damit nicht genug: Auch an fast allen bestehenden Grundschulen sind in großen Stil Anbauten nötig, damit die Kinder dort künftig ganztags betreut werden können.

Das reicht von Mensen über Platz für die Nachmittagsbetreuung bis zu Sozialräumen für das zusätzliche Personal. Dafür werden rund 20 Millionen Euro veranschlagt. Weitere etwa 15 Millionen Euro soll allein die neue Grundschule kosten, so die Experten der von der Stadt beauftragten Planungsgruppe GUS. Zwischen 44 und 76 Millionen Euro kostet nach derzeitiger Schätzung eine zusätzliche weiterführende Schule.

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So kommt eine Summe von rund 100 Millionen Euro zusammen. Nicht enthalten sind hier alle auch für den Klimaschutz wichtigen Sanierungen an den bestehenden Gebäuden, die dringend benötigten zusätzlichen Sporthallen sowie weitere Investitionen. Auf der anderen Seite muss die Stadt die Kosten für den Neubau nicht allein aufbringen. Ein großer Teil wird vom Land bezahlt oder gefördert.

Im Hafner soll eine neuartige Schule entstehen

Neuer Stadtteil, neue Schule – aber welchen Typs? Im Bildungsausschuss des Gemeinderats wurde deutlich, dass bei dieser Frage nach wie vor Glaubenssätze eine Rolle spielen. So ist die Freie Grüne Liste mehrheitlich dafür, dass es nur eine Gemeinschaftsschule sein kann, auch bei der Linken Liste gibt es solche Gedanken. Die bürgerlichen Parteien setzen eher auf Realschule und Gymnasium, wie mehrere Wortmeldungen zeigten.

Nach einer gründlichen Debatte ist es unter der Moderation von Sozialbürgermeister Andreas Osner aber gelungen, eine Lösung zu finden, die eine Art Konstanzer Schulfrieden markiert. Elke Großkreutz, die die erste und bis heute enorm erfolgreiche Konstanzer Gemeinschaftsschule aufgebaut hat, und Johannes Baumann, der langjährige Leiter des landesweit beachteten Gymnasiums in Wilhelmsdorf (Kreis Ravensburg) haben sich im Ruhestand engagiert und das Modell einer neuartigen Verbundschule entwickelt.

Mehr als ein Wohngebiet: Am Hafner nördlich von Wollmatingen muss die Stadt auch Kindergärten, eine Grundschule und eine weiterführende ...
Mehr als ein Wohngebiet: Am Hafner nördlich von Wollmatingen muss die Stadt auch Kindergärten, eine Grundschule und eine weiterführende Schule errichten. | Bild: Aldo Gora | Quelle: KCAP/Ramboll Studio Dreiseitl

Sie vereint zu etwa gleichen Teilen eine Gemeinschaftsschule und ein Gymnasium unter einem Dach und unter einheitlicher Leitung. Damit wären an dem Standort alle Abschlüsse möglich, und Schüler könnten recht einfach zwischen den verschiedenen Laufbahnen wechseln. Eine ganz neue Schule würde dann ihren Betrieb aufnehmen und mit ihrer Schülerschaft Jahr für Jahr wachsen.

Ausbau der Geschwister-Scholl-Schule ist vorerst vom Tisch

Die Entscheidung für einen großen Schul-Neubau heißt auch, dass die zeitweise Erweiterung der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) nicht kommt. Schulleiter Thomas Adam warb vor der Abstimmung im Schulausschuss noch einmal darum, der GSS „gleiche Unterstützung der Stadt“ zukommen zu lassen wie dem Neubau-Projekt.

Die breite Mehrheit für die künftige Verbundschule dürfte ihn enttäuscht zurückgelassen haben – zumal die GSS nach der Schließung des Hauptschulzweigs ohnehin vor allem „Abbau“ erlebt habe. Seine Idee, an der GSS ein neunjähriges Gymnasium und damit ein attraktives Alleinstellungsmerkmal einzurichten, hat wenig Unterstützung in der Politik. Das Stuttgarter Kultusministerium werde das nie genehmigen, hieß es dazu.

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Rückkehr zum G9: Droht in diesem Fall „eine Vollkatastrophe“?

Falls sich die Eltern mit ihrem Protest durchsetzen und Baden-Württemberg – wie zuletzt auch Bayern – zum neunjährigen Gymnasium zurückkehrt, wäre das für die Stadt Konstanz nach den Worten von Bürgermeister Andreas Osner „eine Vollkatastrophe“.

Es wären allein dadurch so viele weitere Klassenzimmer erforderlich, dass die Stadt ein weiteres Gymnasium bräuchte. Denn an den bestehenden Standorten von Ellenrieder, Suso und Humboldt ist nach Einschätzung auch der beratenden Experten keine Erweiterung mehr möglich.

Konstanzer Kinder müssten jahrelang in Containern lernen

In den Jahren ab 2030 wird Konstanz einen zeitlich begrenzten Ansturm auf die Schulen erleben, sagen die Experten auf Grundlage statistischer Daten voraus. Nach diesen starken Jahrgängen könnte sich der Druck wieder etwas mindern. Deshalb wird es auf temporäre Klassenzimmer hinauslaufen. Frank Schädler, Leiter des Schulamts bei der Stadt Konstanz, sagt dazu: „Auch Container bieten wunderbare, flexible Raumlösungen.“

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Klagende Eltern könnten die Stadt teuer zu stehen kommen

Ab 2026 haben Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung während acht Stunden an fünf Tagen pro Woche und generell auch während der Ferien. Zunächst betrifft das nur die Erstklässler und dann bis 2030 alle Grundschüler. Darauf sind die Konstanzer Grundschulen in der Breite nicht ausgelegt. Laut dem Gutachten sind an zahlreichen Standorten An- oder Ergänzungsbauten nötig. Wo auf dem Schulhof kein Platz mehr ist, muss die Stadt in der Nachbarschaft Räume mieten oder bauen.

Bis zum Jahr 2026 ist es laut Bürgermeister Osner nicht möglich, den Rechtsanspruch vollständig umzusetzen. Finanz-, Fachkräfte- und Raummangel seien dafür verantwortlich. Für die Stadt, die sich bei der Ganztagsbetreuung lange Zeit auf das Engagement der Eltern in Vereinen verlassen hatte, wird das zum Problem: Ähnlich wie bei Kindergartenplätzen könnten Eltern den Anspruch einklagen oder sich selbst eine Betreuung organisieren und die Kosten von der Stadt zurückfordern.

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