Der Schweizer Martin Jan steht neben seinem gut gefüllten Einkaufswagen in Konstanz. Im Supermarkt riecht es nach frischen Blumen und günstigen Angeboten. In der vormittäglichen Hektik bleibt dieser beim Thema des verminderten Steuerfreibetrags gelassen: „Es kommt ganz darauf an, was man hier in Deutschland kauft.“
Dabei profitiere er gerade von den vielen regionalen Produkten, die es nur hier gebe. Geht es um die kommende Zollbeschränkung, ist Martin Jan direkt betroffen. Dennoch reagiert er pragmatisch: „Zur Not würde ich auch mit mehreren Personen nach Deutschland fahren.“

Dass der Steuerfreibetrag für Kunden aus der Schweiz in Deutschland gesenkt werden soll, ist seit Mittwoch, 16. Oktober, bekannt. Sowohl Händler als auch Kunden stören sich an dieser Entscheidung. Manche sprechen hierbei sogar schon von einer politischen Ungerechtigkeit.
Dem Kreuzlinger Carsten Graf geht es da nicht anders: „Das Leben ist sowieso schon teurer geworden und jetzt kommt das noch hinzu.“ Auf die Frage, wie er die kommenden Zollbeschränkungen findet, antwortet er knapp: „Schlecht!“ Die Möglichkeit, in Deutschland einzukaufen, sei für viele Schweizer eine finanzielle Erleichterung, gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen.
Die Beschränkungen werden laut Carsten Graf sowieso nichts ändern. Seine Lösung: „Von Kreuzlingen aus werde ich dann einfach öfters zum Einkaufen fahren.“ Das Handeln seiner Regierung könne er zwar verstehen, Leidtragende gebe es bei so einer Entscheidung aber immer. Bei denen hat der Schweizer Clemens Raupp vor allem seine ausländischen Mitbürger im Blick, die von der steigenden Zolleinfuhrsteuer besonders schwer getroffen werden.
So reagieren die Konstanzer auf die Neuerung
Die Meinung der hierzulande lebenden Bevölkerung ist hingegen gespalten. Peter Thiene beispielsweise kann die vielen Vergünstigungen für die Schweizer Kundschaft nicht nachvollziehen. Er meint, dass diese in Konstanz sowieso schon recht günstig wegkämen, vor allem, wenn es um die Mehrwertsteuer geht.
Für Uwe und Maria Reichel ist es hingegen selbstverständlich, dass Schweizer Bürger hier kosteneffizient einkaufen können. „Da muss man doch solidarisch sein“, meint das Paar. Wären in der Schweiz die Preise günstiger, sind sie sich sicher, dass sie dort auch mit offenen Armen begrüßt werden würden. Außerdem fügen sie hinzu, dass die Schweizer nicht vom zollfreien Handel in der EU profitierten und deswegen sowieso Mehrbelastungen ertragen müssten.
Auch Marius Emonts ist den Schweizer Einkäufern wohl gesonnen. Zum einen würden sie ihn beim Einkaufen nicht stören, zum anderen sei es gut, wenn die Geschäfte hierzulande laufen, findet er. Probleme sieht er an ganz anderer Stelle: „Es sollte lieber kontrolliert werden, wofür sie ihr Geld ausgeben.“ Seiner Meinung nach sehe man die Schweizer Kundschaft vorwiegend bei den großen Ketten einkaufen. Diesbezüglich wünscht er sich, dass Einkaufstouristen auch kleinen Gewerbetreibenden auf deutscher Seite eine Chance geben würden.

Das sagt die Händlervereinigung Treffpunkt dazu
Wie reagiert der Konstanzer Handel auf die Neuigkeit? Natürlich müssen sie sich erst noch genau informieren und die Details klären, aber Daniel Hölzle von der Konstanzer Händlervereinigung Treffpunkt zeigt sich jetzt schon wenig begeistert. Die neue Handelsbeschränkung in der Grenzregion sei ein „Ding des Protektionismus“.
Die Vereinigung der Händler und er stünden für einen möglichst offenen Austausch an der deutsch-schweizerischen Grenze. „Dort nun eine vermeintliche Schranke künstlich zu schaffen, ist nicht förderlich“, so Hölzle.
Seine Befürchtung ist, dass der schöne Tag in Konstanz für Schweizer Kunden später an der sowieso schon langen Zollschlange endet. Mit der zusätzlichen Verminderung des Steuerfreibetrages müssten viel mehr Waren geprüft, versteuert und angemeldet werden. Daraus folge ein wesentlich höherer bürokratischer Aufwand als jetzt. Durch solch lähmende Ereignisse leide auch die Attraktivität der Stadt.
Dass die Schweizer nur nach Deutschland kommen, weil sie Geld sparen wollen, glaubt Daniel Hölzle zumindest für Konstanz nicht. Versöhnlich sagt er zum Abschluss des Gesprächs mit dem SÜDKURIER: „Der Wollmatinger ist dem Kreuzlinger genauso nah und so sollte man es leben.“