Sharon Hammerschick sitzt gerade beim Frühstück, als der SÜDKURIER sie am Samstagmorgen im Klimacamp von Fridays for Future besucht. Auf dem Pfalzgarten genannten Kiesplatz neben dem Konstanzer Münster haben die Klimaschutzaktivisten eine kleine Zeltstadt errichtet.

Der Eingang des Protestcamps.
Der Eingang des Protestcamps. | Bild: Marcel Jud

Der Grund: Sie wollen den Druck auf Politik und Verwaltung erhöhen, damit mehr Maßnahmen umgesetzt werden, um das von der Stadt gesteckte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, wie sie vor einer Woche gegenüber dem SÜDKURIER erklärten.

Am Sonntag, 1. August, hatten sie damit begonnen, ihr Protestcamp zu errichten. Seither ist es durchgängig belegt, 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche. Dafür wechselten sie sich auf dem Zeltplatz ab, erklärt Sharon Hammerschick.

Sharon Hammerschick von der Konstanzer Ortsgruppe von Fridays for Future.
Sharon Hammerschick von der Konstanzer Ortsgruppe von Fridays for Future. | Bild: Marcel Jud

Tagsüber gebe es verschiedene Schichten, die zu übernehmen seien. Nachts blieben dann mindestens zwei Leute im Camp und würden dort in einem der Zelte übernachten. „Es müssen mindestens zwei sein, weil es sonst keine politische Versammlung ist“, sagt Hammerschick, die vor Kurzem ihr Abitur bestanden hat.

Von Freitag auf Samstag hat sie bereits zum zweiten Mal mit einer Kollegin die Nachtschicht übernommen. Diesmal sei es angenehmer gewesen, weil es nicht geregnet habe. „Und heute bin ich auch erst um 7 Uhr von den Glocken des Münsters geweckt worden“, sagt Hammerschick und schmunzelt.

Hinter dem Protestcamp ragt der Turm des Konstanzer Münsters in die Höhe.
Hinter dem Protestcamp ragt der Turm des Konstanzer Münsters in die Höhe. | Bild: Marcel Jud

Auch wenn das Klimacamp bereits seit rund einer Woche steht und genutzt wird, wurde es erst am vergangenen Freitag offiziell eröffnet, mit einer Demonstration durch die Konzilstadt sowie Reden und Konzerten vor dem Münster.

Ab 17 Uhr zogen die Aktivisten von Fridays for Future zunächst mit Sprechchören und Bannern vom Herosé-Park aus über Fahrradbrücke, Laube und Bodanstraße Richtung Bahnhofplatz. Begleitet wurden sie dabei von Polizisten, die den Verkehr für den Protestzug stoppten.

Auf der Fahrradbrücke.
Auf der Fahrradbrücke. | Bild: Marcel Jud

Vom Konstanzer Bahnhof ging es auf der Konzilstraße weiter zur Hofhalde, über die sie dann zu ihrem Klimacamp gelangten.

In der Konzilstraße.
In der Konzilstraße. | Bild: Marcel Jud

Aktivisten hielten Reden, in denen sie mehr Bemühungen auf lokaler Ebene für den Klimaschutz forderten, dazwischen spielten Bands auf. Und immer wieder war der neue Slogan der Konstanzer Fridays-for-Future-Gruppe zu hören.

Vor nicht allzu langer Zeit skandierten Kinder und Jugendliche noch „Wir streiken, bis ihr handelt!“, wenn sie statt in die Schule auf die Straße gingen, um für das Klima zu protestieren. Jetzt klingt es ein bisschen anders: „Wir campen, bis ihr handelt!“

Die offizielle Eröffnung des Camps lockte viele Menschen an.
Die offizielle Eröffnung des Camps lockte viele Menschen an. | Bild: Marcel Jud

Viele Passanten blieben am Freitagabend beim Klimacamp stehen, einige diskutierten mit den Aktivisten. Gegen 19.30 Uhr löste sich die Versammlung schließlich auf. Die Musik war da bereits länger verstummt.

Manuel Oestringer, einer der Organisatoren, zeigte sich zufrieden. Alles sei nach Plan verlaufen, länger hätte die Veranstaltung nicht dauern dürfen, da im benachbarten Münster ein Orgelkonzert stattfinde, erklärte der 25-jährige Chemiestudent dem SÜDKURIER.

Manuel Oestringer von der Konstanzer Ortsgruppe von Fridays for Future am Freitagabend.
Manuel Oestringer von der Konstanzer Ortsgruppe von Fridays for Future am Freitagabend. | Bild: Marcel Jud

Oestringer ist auch am Samstagmorgen wieder vor Ort. Kurz nach 10 Uhr sind er und Sharon Hammerschick die einzigen auf dem Platz. Ihre Zeltnachbarin musste bereits früher wieder los.

Derzeit seien sie insgesamt rund 25 Leute, die sich die Schichten auf dem Zeltplatz untereinander teilten. „Die meisten sind Schüler, Studenten und Auszubildende“, erklärt Oestringer, während er und Sharon Hammerschick über das Leben im Camp erzählen.

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Sie zeigen die Küche, in der von Hand gespült und auf einem Gaskocher gekocht wird. Und natürlich wird der Müll strickt getrennt. „Wir können ihn dann bei einer Person des Vertrauens abgeben“, sagt Hammerschick.

Die Camp-Küche.
Die Camp-Küche. | Bild: Marcel Jud

In einer Ecke des Platzes haben sich die Aktivisten auch ein Arbeitszelt eingerichtet. Der Strom für Laptops und Handys kommt von zwei Solaranlagen, die vor dem Camp aufgestellt sind.

Zwei Solarpanels versorgen das Protestcamp mit Strom.
Zwei Solarpanels versorgen das Protestcamp mit Strom. | Bild: Marcel Jud

Toiletten und Duschen hingegen sind nirgends zu sehen. „Wir haben Zugang zur Toilette des Münsters“, erklärt Hammerschick. Dort könne man sich auch waschen. Zum Duschen gingen sie und die anderen aber jeweils nach Hause.

Kurz nach 11 Uhr kommt doch noch etwas mehr Leben auf den Zeltplatz. Andrea Kraneburg-Didra und Roland Didra aus Allensbach sind extra gekommen, um sich das Klimacamp anzuschauen. „Wir finden es sowas von toll, was ihr hier macht“, sagt Andrea Kraneburg-Didra den beiden jungen Aktivisten.

Besuch von Unterstützern (von links): Manuel Oestringer im Gespräch mit Roland Didra und Andrea Kraneburg-Didra aus Allensbach
Besuch von Unterstützern (von links): Manuel Oestringer im Gespräch mit Roland Didra und Andrea Kraneburg-Didra aus Allensbach | Bild: Marcel Jud

Sie und ihr Mann würden die Aktion und ihre Ziele vollumfänglich unterstützen. Und zwar nicht nur mit warmen Worten: Das Ehepaar hat eine kleine Geldspende dabei und kündigt an, dass es auch noch Schlafsäcke vorbeibringen werde. Und auch sonst, solle man ihnen sagen, was benötigt werde: Vielleicht Geschirr oder Tücher?

Solche Spenden sind sehr willkommen, wie Sharon Hammerschick erklärt: „Wir versuchen alles, was wir brauchen, so gut es geht, gebraucht zu kriegen. Deshalb sind Sachspenden am wichtigsten.“ Und auch über Geldspenden würden sie sich freuen, etwa für die geplanten Aktionen, die Fridays for Future im Camp regelmäßig durchführen wollen.

Im Klimacamp herrschen strikte Regeln.
Im Klimacamp herrschen strikte Regeln. | Bild: Marcel Jud

Für Hammerschick, die sich bereits länger für Fridays for Future engagiert, stand von Anfang an fest, dass sie ihre Zeit nach dem Abitur für das Camp nutzen will, bevor sie eine rund dreimonatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin beginne.

„Und nach der Ausbildung werde ich wieder ins Camp kommen.“ Andere würden an Hammerschicks Stelle die freie Zeit zwischen Abi und Ausbildung etwa für eine Reise nutzen. Aber für die junge Frau steht auch jetzt der Protest fürs Klima im Vordergrund.

Sharon Hammerschick und Manuel Oestringer hängen im Klimacamp ein Banner auf.
Sharon Hammerschick und Manuel Oestringer hängen im Klimacamp ein Banner auf. | Bild: Marcel Jud

Was Fridays for Future mit dem Camp erreichen will, hatte Manuel Oestringer dem SÜDKURIER bereits am Abend zuvor erklärt: „Wir wollen solange bleiben, bis genug passiert. Wenn wir das Ziel einhalten wollen, den CO2-Ausstoß bis 2025 zu halbieren, dann müssen jetzt große Schritte gemacht werden.“

Was die Aktivisten konkret von der Konstanzer Politik und Verwaltung fordern. Und wie sich der Oberbürgermeister zum Klimacamp positioniert:

Vor einer Woche hatten die Aktivisten gegenüber dem SÜDKURIER gesagt, dass das Camp bis 2035 angemeldet sei. Auf Nachfrage erklärt die Konstanzer Stadtverwaltung, dass eine erste Bewilligung mit Auflagen, vor allem zum Infektionsschutz, für die Zeit vom 1. bis 7. August erteilt worden sei.

„Das Bürgeramt wird – zumindest vorerst – die Bestätigung um ein bis zwei Wochen verlängern, solange die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch das Camp nicht gefährdet oder gestört wird“, so Pressesprecher Walter Rügert.