Lorenz Heublein, Leiter Stabstelle Klimaschutz, präsentierte den Konstanzer Gemeinderäten den vierten Klimaschutzbericht der Stadt: ein 23-seitiges Werk in drei Kapiteln und sieben Unterpunkten. Nichts Ungewöhnliches. Das passiert turnusgemäß seit dem Ausrufen den Klimaschutzberichtes im Jahr 2019.

Lorenz Heublein.
Lorenz Heublein. | Bild: Ahlebrandt, Sylvia

Dieses Mal jedoch war vieles anders. Die Reaktionen der Volksvertreter im Plenum waren emotional, hier und da sogar vernichtend. Doch der Reihe nach.

Lorenz Heublein berichtete von 500 neu gepflanzten Bäumen, vom großen Erfolg der Aktion Stadtradeln, vom Beitritt der Bodensee-Schiffbetriebe zum Klimabündnis BW. Er erzählte vom Aufruf an die städtischen Mitarbeiter, Ideen zum Klimaschutz in die Verwaltung einzubringen, vom Aktionstag Stadtwandel auf dem Stephansplatz, vom getätigten, geplanten und derzeit geprüften Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden oder vom sukzessiven Austausch im ganzen Stadtgebiet der alten Leuchtmittel gegen klimafreundliche LED – die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Beim Aktionstag auf dem Stephanplatz kamen im Juni an zwei Tagen lediglich rund 1000 Interessierte. Gemeinderäte hinterfragen den Sinn ...
Beim Aktionstag auf dem Stephanplatz kamen im Juni an zwei Tagen lediglich rund 1000 Interessierte. Gemeinderäte hinterfragen den Sinn solcher Veranstaltungen. | Bild: Schuler, Andreas

Bis zum Jahr 2035 soll Konstanz gemäß Gemeinderatsbeschluss weitgehend klimaneutral werden. Dabei folgt der Rat der Empfehlung des ifeu-Instituts (Institut für Energie- und Umweltforschung) aus Heidelberg, das „Klima-Plus-Szenario“ zu verfolgen.

„Wir sind schwer enttäuscht“

Was dann aber folgte, war eine verbale Lawine, die sich mit zerstörerischer Kraft ihren Weg durch den oberen Saal des Konzils bahnte und auf Seiten der Verwaltung für lange Gesichter sorgte. „Wir sind schwer enttäuscht“, sagte Anne Mühlhauser von der Freien Grünen Liste (FGL). „Die Welt geht unter und wir überlegen, denken und prüfen noch. Mamma Mia.“

Anne Mühlhäuser.
Anne Mühlhäuser. | Bild: SK

Hier hieße es, wir würden uns Gedanken machen, dort würde Dinge noch erarbeitet werden, „das kann fatal werden. Die Welt geht unter wie wir in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz gesehen haben. Brauchen wir wirklich erst Unglücke wie in Fukushima oder das Hochwasser, um zu handeln?“ Sie hatte erwartet, dass mittlerweile viel mehr Projekte zum Laufen gebracht worden seien.

Das könnte Sie auch interessieren

Heiner Fuchs von der CDU befürchtet „eine Bauchlandung, wenn wir die richtigen Menschen nicht erreichen. Wir benötigen Häuslebauer, Stadtautofahrer, Investoren. Aber erreichen wir die mit Ständen? Ich glaube nicht“.

Heiner Fuchs.
Heiner Fuchs. | Bild: CDU

Wenn das Ziel 30 Prozent regenerative Energie in Konstanz sei, „dann wären das pro Jahr 8,5 Hektar Fläche und das 15 Jahre lang. Das erste Jahr läuft ja schon. Wir müssen in einem anderen Tempo vorankommen und uns auf die Kernfelder konzentrieren“.

„Und da schreiben wir dann Klimaschutz drüber?“

Ewald Weisschedel von den Freien Wählern bezeichnet die Finanzierung und die Förderung des Ausbaus von Photovoltaik-Anlagen „als schwierig und undurchsichtig für Privatmenschen“. Im aktuellen Tempo, befürchtet er, „dauert es bis 2100, bis wir mit der Photovoltaik so weit sind“.

Ewald Weisschedel.
Ewald Weisschedel. | Bild: SK

Jürgen Ruff von der SPD fordert eine Bewertung der Wirksamkeit. Er bezeichnete die Verlagerung von Parkplätzen weg vom Stephansplatz an andere Orte, eine Radwegweisung, die nichts mit dem Einsparen von CO2 zu tun habe, oder das Stadtradeln, bei dem nur Menschen mitmachen, die sowieso Rad fahren, als „Symbolpolitik. Und da schreiben wir dann Klimaschutz drüber?“

Jürgen Ruff.
Jürgen Ruff. | Bild: SK

Matthias Schäfer vom Jungen Forum brach bei aller Kritik eine Lanze für Lorenz Heublein. „An ihm liegt es nicht. Wir bräuchten mehrere Heubleins.“ Seine Fraktion teile trotzdem das Bauchweh. Für ihn fehle die Messbarkeit und damit einhergehend die Beantwortung der Frage: Sind wir auf dem richtigen Weg?

Matthias Schäfer.
Matthias Schäfer. | Bild: SK

„Wir hier im Raum sind uns ja eh alle einig“, sagte Matthias Schäfer. Er fordere ein Konzept für die Ernährung, das Angebot eines lokalen Bio-Labels und nennt ein in seinen Augen negatives Beispiel: „Im Restaurant der Haltnau, das ja der Stadt Konstanz gehört, gibt es ein australisches Steak.“

Das könnte Sie auch interessieren

Heinrich Everke und Simon Pschorr von den Linken sind sich einig: „Wenn es den Menschen an den Geldsack geht, ist der Widerstand groß“, sagte Simon Pschorr.

Simon Pschorr.
Simon Pschorr. | Bild: Daniel Schroeder

Heinrich Everke drückte es so aus: „Wenn wir den Menschen in den Geldbeutel greifen, schwindet die Akzeptanz. Doch wir müssen beim Thema Benzin und Heizen etwas tun. Aber gleichzeitig sparsam sein, bei Aktionen, die dem Klima wenig helfen.“

Heinrich Everke.
Heinrich Everke. | Bild: SK