Anwohner verstehen es nicht: Warum ist eine neue Polizeiverordnung nötig, die zudem nur einen Monat lang gilt, um für die Ruhe am Herosé zu sorgen? Wären die bisherigen Bestimmungen, die zur üblichen Einhaltung der Nachtruhe ab 22 Uhr auffordern, nicht ausreichend? Und warum gilt die neue Verordnung erst ab 23 Uhr?

Ein Leser beispielsweise äußert in einer E-Mail die Vermutung, dass „des Herrn Oberbürgermeisters temporäre Polizeiverordnung hinter sowieso schon geltendem Recht zurückbleibt“. Denn ist es nicht ohnehin verboten, ab 22 Uhr Musik spielen zu lassen?

Wir klären einige offene Fragen zu den neuen Bestimmungen.

Geht die neue Regel über die bestehenden Regeln hinaus?

Ja, aber es geht um ein Detail. Die Umweltschutz- und Polizeiverordnung verbietet das Abspielen von tragbaren Musikgeräten in einer Weise, „dass Personen erheblich beeinträchtigt werden“. Dies gelte ab 22 Uhr, wie Anja Risse, Leiterin des Bürgeramts, erläutert. Die jetzige Polizeiverordnung geht darüber hinaus: Ab 23 Uhr ist das Abspielen von Musik überhaupt untersagt, gleichgültig, in welcher Lautstärke.

Das Schild macht deutlich, was hier verboten ist und, was zu tun ist: Müll ist zu entsorgen, Hundekot einzusammeln und es ist für Ruhe ...
Das Schild macht deutlich, was hier verboten ist und, was zu tun ist: Müll ist zu entsorgen, Hundekot einzusammeln und es ist für Ruhe zu sorgen. | Bild: Wagner, Claudia

Warum gilt das Verbot erst ab 23 und nicht ab 22 Uhr?

Hier wollte die Verwaltung einen Übergang schaffen. „Die Verpflichtung, die Musik leiser zu machen, gilt nach wie vor ab 22 Uhr“, sagt Risse. Die Feiernden hätten dann noch eine Stunde Zeit. Danach müssen sie aufs Musikhören im Freien verzichten. Mit der Stunde Kulanz wollte man ihnen entgegenkommen.

Warum wurde eine neue Verordnung nötig?

Die Schwierigkeit liegt bei der Umsetzung. Anja Risse berichtet von den Erfahrungen des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD): „Wenn der KOD vor Ort ist, drehen die Partyleute die Musik leiser. Wenn die Mitarbeiter weitergehen, wird sie sofort wieder lauter geschaltet“. Diesen Mechanismus wolle man künftig vermeiden.

Was geschieht beim Verstoß?

Ab 23 Uhr sind angeschaltete Musikgeräte komplett untersagt. Kontrollieren Polizei oder KOD die Feiernden, so können sie nun laut neuer Verordnung verwarnen. Wer einmal verwarnt wurde, dessen Gerät kann beim zweiten Verstoß beschlagnahmt werden.

Eine vorbildliche Initiative: Anne Klenge, Eva Roth und Simon Waldburger, alle Studenten der Fachschaft Bauingenieurwesen der HTWG, ...
Eine vorbildliche Initiative: Anne Klenge, Eva Roth und Simon Waldburger, alle Studenten der Fachschaft Bauingenieurwesen der HTWG, sammeln Müll ein. Sie spielen gern Spikeball am Herose und haben sich oft über den Müll geärgert. | Bild: Wagner, Claudia

Welche weiteren Vorteile sieht die Stadt in der Verordnung?

„Es geht auch um die Frage des Nachweises“, erläutert Bürgeramts-Leiterin Anja Risse. Oft argumentierten die Feiernden, dass die Musik aus ihrer Sicht gar nicht laut sei. „Der KOD kann wenig tun. Es ist sehr schwierig, den Nachweis zu bringen, dass Musik zu laut ist, da dies subjektiv empfunden wird“, sagt Risse. Es gehe auch darum, dass die Verhängung einer Geldbuße gerichtlich Bestand haben müsse. Mit dem Verbot ab 23 Uhr sei die Sachlage klar.

Wie soll die Umsetzung künftig besser überwacht werden?

Die Stadtverwaltung setzt weiterhin auf die Überwachung durch den KOD. Dieser sei regelmäßig unterwegs, an den Wochenenden in voller Besetzung und bis 2 Uhr nachts. Im Moment konzentriere sich der KOD auf den Herosé-Park, die Schänzlebrücke und die Seestraße.

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Zusätzlich war am vergangenen Wochenende die Polizei sehr präsent, wie dies am kommenden Wochenende möglich sei, hänge von deren verfügbaren Kräften ab. „Wir sind nicht die einzige Gemeinde mit Problemen im öffentlichen Raum“, sagt Anja Risse, „deshalb kann die Polizei nicht immer verstärkt vor Ort sein.“

Und was kostet Uneinsichtige ein Bußgeldbescheid?

Das ist noch unklar. Die Umweltschutz- und Polizeiverordnung ermöglicht einen Bußgeldrahmen von fünf Euro bis zu 5000 Euro. Eine Abteilung innerhalb des Bürgeramts werde die genaue Summe festlegen. Zunächst wolle man die ersten Fälle abwarten, sagt Risse, Anzeigen habe es bereits gegeben. Der jeweilige Beschuldigte habe die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.

Feiernde sollen auf Klein Venedig ausweichen. Wie und wann?

Laut Auskunft von Anja Risse soll das Gelände schon in den nächsten Wochen aufgewertet werden. Geplant ist, Sitzgelegenheiten zu schaffen, eine Beleuchtung, ein Volleyballfeld und zwei Tischtennisplatten einzurichten. Die Wiese werde gemäht. Das alles soll noch im August verwirklicht werden. Ziel ist es, dass junge Menschen eher dort feiern als am Herosé, da es dort kaum Anwohner gibt.