Im Bahnhof von Konstanz wird es eng: Will die Stadt künftig bessere Verbindungen in den Schwarzwald und die Schweiz, muss das vorhandene vierte Gleis an einen Bahnsteig angeschlossen werden. Doch die Chancen dafür stehen schlecht. Deshalb will die Bahn mit Doppelbelegungen an den drei existierenden Bahnsteigkanten arbeiten. Die Schweiz treibt inzwischen den Ausbau des Anschlusses Konstanz–Zürich voran.
Georg Geiger, Kreisrat der FDP, kritisiert den Stillstand. „Ich habe den Eindruck, in Konstanz wird nicht genügend Druck gemacht.“ Er fragt sich, wie die Stadt die Klimaziele erreichen und mehr Leute auf die Schiene bringen will, wenn der zentrale Bahnhof ein Nadelöhr bleibt.

Ende der Möglichkeiten ist absehbar
Stephan Fischer, Verkehrsplaner der Stadt Konstanz, sieht noch Luft bei der Nutzung der vorhandenen Gleise: „Die Weiterführung des Spangenzugs nach Basel, geplant ab 2027, ist im Bahnhof Konstanz an den bestehenden Bahnsteigen noch möglich.“
Mithilfe von Doppelbelegungen und der Nutzung der Abstellgleise könne das Betriebsprogramm gefahren werden. Auch die erste Stufe der Agglo-S-Bahn, also der Weiterführung des Seehas von und nach Münsterlingen, wäre mit den vorhandenen zugänglichen Gleisen noch möglich. Dann aber erschöpften sich die Möglichkeiten.
„Ein weiterer Bahnsteig wird notwendig, wenn im Rahmen der Agglo-S-Bahn die halbstündliche S14 aus Weinfelden in Richtung Radolfzell weiterfährt“, so Fischer weiter. Darüber hinaus wäre er Voraussetzung für ein zusätzliches ein- oder zweistündliches Fernverkehrsangebot gen Norden mit Direkt-Verbindung zum Fernverkehrsnetz in Stuttgart. Denn damit hapert es bekanntlich gewaltig bei der Anbindung der Touristenmetropole Konstanz. Allerdings ist dies laut Fischer auch von der künftigen Kapazität auf der Gäubahn abhängig.

Für ihn ist klar: „Der mittel- bis langfristige Bedarf einer zusätzlichen Bahnsteigkante ist erkennbar. Für einen Umbau des Konstanzer Bahnhofs einschließlich der Planungen ist jedoch nicht die Stadt Konstanz zuständig, sondern die DB Station und Service AG.“ Fischer vermutet, dass für den Konstanzer Bahnhof keine Planungen begonnen werden, solange das künftige Zugangebot nicht verbindlich beschlossen und die Finanzierung vertraglich gesichert ist.
Von der Deutschen Bahn, Abteilung Großprojekte Südwest, heißt es dazu: „Der Bau einer weiteren Bahnsteigkante wäre ein vergleichsweise großer Eingriff und würde eine komplette Umgestaltung des Gleisfeldes erfordern.“
Anregung der Stadt nicht umgesetzt
Verkehrsplaner Fischer bedauert, dass entgegen der Anregung der Stadt bei der jüngsten Sanierung des Bahnhofs die Unterführung nicht verbreitert wurde. Grundsätzlich seien die Stadt, der Landkreis und der Kanton Thurgau bestrebt, mehr Menschen vom Auto in den Zug zu bringen. So gesehen wären eine Verbreiterung der Unterführung und zusätzliche Bahnsteigzugänge, etwa über eine Rampe, oder eine neue Unterführung im Zusammenhang mit dem geplanten Fahrradparkhaus zu begrüßen.
Während die Stadt abwartet, was die Bahn macht, treibt die Schweiz den Ausbau der Verbindungen voran. Zum Fahrplanwechsel 2022/23 sind täglich sieben Zugpaare zu erwarten, die im Zweistundentakt von Konstanz nach Weinfelden verkehren und von dort den Anschluss nach Zürich bieten. Das könnte der Vorläufer des Halbstundentakts (bisher Stundentakt) von Konstanz nach Zürich mit dem IC sein. Dazu muss allerdings bei Winterthur der geplante Brüttener Tunnel fertig sein.
Kreisrat Geiger gibt zu bedenken, dass eine Doppelbelegung der Gleise nur möglich sei, wenn die Züge kurz sind und nicht durchfahren. Schon der jetzt geplante Spangenzug St. Gallen–Konstanz–Singen–Waldshut–Basel, der vermutlich ab 2028 fährt, erfülle diese Bedingung nicht. „Da braucht man ein freies Gleis.“ Auch ein halbstündlicher IC Konstanz–Zürich benötige die gesamte Bahnsteiglänge. „Damit ist der Bedarf eines zusätzlichen Bahnsteigs längst absehbar.“
„Bahn-Zukunft von Konstanz wird verbaut“
Geiger mahnt schon seit Jahren, dass Konstanz die Anbindung an das vierte Gleis benötige. Mit der jetzt vorgenommenen Schmalspursanierung werde die Bahn-Zukunft von Konstanz verbaut. Die Bevölkerung und der Tourismus wachsen.
Er geht davon aus, dass jetzt für einen weiteren Bahnsteig geplant werden müsse, und wünscht sich eine Stadt, die dafür auch politisch kämpft und massiven Druck auf die Deutsche Bahn ausübt. Allerdings ist das wohl auch eine Kostenfrage: „Bei Baumaßnahmen wäre die Stadt beteiligt.“