Das Schauspiel auf dem Bodensee wirkt wie ein liebevoller Tanz zwischen zwei Booten: Schnauze an Schnauze liegen die Autofähre Tabor und ihr neues Schwesterschiff vor der Hafeneinfahrt in Konstanz-Staad.

Fähre Staad Video: Lukas Ondreka

Bei Ankunft im Mittagsregen hat das ungleiche Pärchen eine mehrstündige Fahrt über den Bodensee hinter sich.

Die Tabor holt ihr Schwesterschiff

Die altgediente Tabor hat die neue Autofähre aus der Werft im österreichischen Fußach nach Konstanz schleppen müssen. Denn noch ist das 18,7 Millionen Euro teure Flaggschiff der Stadtwerke nur eine leere Hülle, ohne Motor und manövrierunfähig.

„Für uns ist das ein ganz besonderer Tag heute, weil wir das Schiff in den Heimathafen gebracht haben“, sagt der Geschäftsführer der Stadtwerke Norbert Reuter bei der Einfahrt.

Norbert Reuter, Geschäftsführer der Stadtwerke, freut sich über die Ankunft der neuen Fähre.
Norbert Reuter, Geschäftsführer der Stadtwerke, freut sich über die Ankunft der neuen Fähre. | Bild: Lukas Ondreka

Der Stadtwerke-Geschäftsführer hofft nun auf einen reibungslosen Ablauf beim finalen Ausbau der neuen Autofähre, die als erstes Schiff der Fährflotte mit Flüssiggas (LNG) betrieben wird. Auf dem Fährgelände in Konstanz-Staad werden nun Technik, Gastronomie und die speziellen Motoren verbaut.

Anfang 2021 soll das Vorzeigeschiff nach Wunsch der Stadtwerke seinen Betrieb auf der Strecke zwischen Konstanz und Meersburg aufnehmen. Bei der Einfahrt in den Hafen muss die Tabor derweil noch Hilfe leisten, sie schiebt die neue Fähre an ihren Platz.

Fähre Staad Video: Lukas Ondreka

Gegenwärtig gleichen sich die beiden Schiffe. Doch nach dem Ausbau wird die neue Autofähre anhand eines acht Meter hohen Kamins schon von Weitem leicht erkennbar sein. Der Kamin gehört zur Sicherheitsausstattung, das Flüssiggas muss in einem Notfall in großer Höhe abgelassen werden können.

In Europa einzigartig

Die jüngste Fähre in der Flotte ist das erste Schiff in Europa mit einem Gas-Direktantrieb. Die zwei MTU-Motoren, die nun in Konstanz verbaut werden, sind von Rolls-Royce in Friedrichshafen gefertigt worden. Das Bundesverkehrsministerium fördert den Antrieb.

Vorsichtig wird der Rohbau in den Staader Hafen manövriert.
Vorsichtig wird der Rohbau in den Staader Hafen manövriert. | Bild: Lukas Ondreka

Im Vergleich zur Tabor, die wie sämtliche weitere Schiffe der Fährflotte mit Dieselmotoren betrieben wird, ist das neue Schiff nach Angaben der Stadtwerke umweltfreundlicher und klimafreundlicher.

Zuletzt hatten Klimaschützer das Flaggschiff der Konstanzer Stadtwerke als unökologisch kritisiert. Die Stadtwerke Konstanz hingegen sehen im Flüssiggas den ökologisch und ökonomisch bestmöglichen Antrieb.

Die Autofähre Tabor (links) schiebt das neue Schwesterschiff auf seinen Platz im Fährhafen in Kosntanz-Staad.
Die Autofähre Tabor (links) schiebt das neue Schwesterschiff auf seinen Platz im Fährhafen in Kosntanz-Staad. | Bild: Lukas Ondreka

Die neue Autofähre ist das 14. Schiff, das die Stadtwerke Konstanz für die Linie zwischen Meersburg und Staad in Betrieb nehmen. Das Schiff ersetzt die 1970 in Dienst gestellte und deutlich kleinere Fontainebleu, die ausgemustert werden soll.

Die Fontainebleu liegt auf einem Nachbarplatz: Das alte Fährschiff wird ausgemustert.
Die Fontainebleu liegt auf einem Nachbarplatz: Das alte Fährschiff wird ausgemustert. | Bild: Lukas Ondreka

Das neue Schiff kann fast doppelt so viele Autos transportieren wie die Fontainebleau, insgesamt rund 60 Fahrzeuge und 700 Passagiere. Dadurch steigen nach Angaben der Stadtwerke die Kapazitäten, und im besten Fall sinken die Wartezeiten weiter.

Applaus bei der Ankunft in Staad

Bei geringem Verkehrsaufkommen könne zudem die Zahl der Fahrten reduziert werden, wodurch Kraftstoff eingespart werden könne. Der Treibstoffverbrauch werde außerdem durch einen neuartig konstruierten Rumpf weiter verbessert, wodurch er etwa ein Drittel unter dem der „Lodi“, dem derzeit jüngsten Schiff in der Flotte, liegen soll.

Im neuen Hafen angekommen, wird das Schiff unter Applaus festgemacht.

Fähre Staad Video: Lukas Ondreka

Bis zum Rohbau, der in Konstanz-Staad angeleint wird, hat die Fähre einen weiten Weg hinter sich: Die Teile für das neue Schiff wurden in Hamburg gefertigt, da es am Bodensee keine Werft mehr gibt, die ein so großes Schiff bauen kann.

Seit drei Jahren wird gebaut

Danach wurden die an der Elbe gefertigten Teile im österreichischen Fußach zu einem Schiffskörper zusammengesetzt. Drei Jahre liegen zwischen Start des Baus und der Einfahrt im Heimathafen der Fähre.

Beim Betreten gleicht das neue Schiff einem Skelett aus Stahl, Sitzflächen, Türen und die fertigen Geländer fehlen. Wichtige Bereiche wie der Steuerraum sind zum Schutz vor dem Wetter mit Folie verpackt.

Der Rohbau ist fertig: Nun folgt der Ausbau mit Verbau von Technik, Gastronomie und Motoren.
Der Rohbau ist fertig: Nun folgt der Ausbau mit Verbau von Technik, Gastronomie und Motoren. | Bild: Lukas Ondreka

Für Passagiere könnte die Überfahrt bei heißen Tagen etwas komfortabler ausfallen. Wenn der Innenausbau abgeschlossen ist, wird das neue Schiff als erste Autofähre der Flotte im Oberdeck auch eine Klimaanlage aufweisen.

Möglich wird das durch den neuartigen Gasmotor, für den der Treibstoff eiskalt wie in riesigen Thermoskannen an Bord gelagert wird. Dadurch steht als Restprodukt kalte Luft zur Verfügung, hier im Bistro und Aufenthaltsraum.

Hier wird bald Gastronomie und Wartebereich verbaut, im Unterschied zu den anderen Fähren wartet das neue Schiff mit einer Klimaanlage auf.
Hier wird bald Gastronomie und Wartebereich verbaut, im Unterschied zu den anderen Fähren wartet das neue Schiff mit einer Klimaanlage auf. | Bild: Lukas Ondreka

Nach Angaben der Stadtwerke wird der Innenausbau der neuen Autofähre bis November abgeschlossen sein. Dann beginnen die Probefahrten, bei denen die Motoren und Sicherheitssysteme im Betrieb getestet werden.

Im Herbst werden die Mannschaften für den Betrieb der neuen Fähre geschult. Läuft alles nach Plan, sollten im Anfang 2021 die ersten Autos und Passagiere an Bord über den See transportiert werden.

Festgeleint liegt das neue Flaggschiff der Stadtwerke-Flotte im Fährhafen in Konstanz-Staad.
Festgeleint liegt das neue Flaggschiff der Stadtwerke-Flotte im Fährhafen in Konstanz-Staad. | Bild: Lukas Ondreka