Kai Diedrich ist Student an der Uni Konstanz. Wie viele seiner Kommilitonen hat er einen Nebenjob angenommen, um sein Studium zu finanzieren. Doch der 27-Jährige entschied sich nicht für den klassischen Job als Kellner in einem Restaurant. Stattdessen bewarb er sich bei der Stadt um eine Stelle als Stadtführer. Einen Job, der ihn langfristig fasziniert. Heute zeigt er Touristen seine Wahlheimat Konstanz.

Vor der Arbeit wartet noch mehr Arbeit

Im April 2024 gab er seine ersten Führungen. Doch die Recherche begann bereits ein halbes Jahr früher, im Herbst 2023: „Das hieß es erst mal, jede Menge lesen, pauken und dann Ideen zusammentragen.“ Da habe er bergeweise Literatur aufgesogen, um sich ein solides Grundwissen aufzubauen.

Sowohl die Bücher, die die Stadt zur Verfügung stellte, als auch jene in der Unibibliothek, dienten ihm dabei als Quelle. Doch auch seine Kollegen gaben ihm viel Inspiration und gute Ratschläge mit auf den Weg. Er konnte mehrfach bei ihnen mitlaufen und hospitieren. Als es dann soweit war, haben sie seine ersten Touren bewertet.

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Eine solche Führung setze immer eine ausführliche Planung voraus. „Ich muss total flexibel sein, weil jede Tour anders ist“, so Diedrich. Manchmal gebe es Rückfragen oder Wünsche, dann müsse er seine Runde entsprechend anpassen. Dabei gelte es, stets die Uhr im Auge zu behalten, damit die neunzig Minuten eingehalten werden. Startpunkt ist dabei der Hafen von Konstanz.

Was fasziniert ihn an der Geschichte besonders?

Doch für seine liebste historische Information hat er fast immer Zeit: Er bleibt vor einem unscheinbaren Stein in der Zollernstraße stehen. Bis ins zwölfte Jahrhundert ging der See etwa bis zu diesem Stein. Die Uferlinie folgte relativ gerade der heutigen Hohenhausgasse und bog dann in Richtung Münster ab. „Damit haben wir uns die gesamte bisherige Führung eigentlich im See befunden“, erklärt der 27-Jährige lachend.

Dieser Fakt begeistert auch den Stadtführer: Kai Diedrich steht dort in der Zollernstraße, wo bis ins 12. Jahrhundert die Uferlinie ...
Dieser Fakt begeistert auch den Stadtführer: Kai Diedrich steht dort in der Zollernstraße, wo bis ins 12. Jahrhundert die Uferlinie verlief. Damit liegen Teile der Konstanzer Altstadt dort, wo einst Wasser war. | Bild: Lara Wiegandt

Er liebe es, solche Geschichten an ganz alltäglichen Sachen wie diesem Stein festzumachen und den Zuhörern damit einen Einblick in die damalige Lebenswirklichkeit zu bieten. Er ist überzeugt: „Hinter fast allem kann eine Geschichte stecken.“

Das geschichtliche Interesse spiegelt sich bei dem Studenten auch in der Wahl seines Studienfachs wider. Er studiert Geschichte und Biologie auf Lehramt und schreibt derzeit an seiner Masterarbeit. Dadurch ist er relativ flexibel, was die Termine der Führungen angeht.

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Im vergangenen Jahr waren es über hundert, und 2025 werden es voraussichtlich noch mehr Stadtführungen sein. Nach seinem Masterabschluss plane er, nicht direkt in die Schule zu gehen. Vorerst will er sich lieber ganz auf die Arbeit als Stadtführer konzentrieren. „Eigentlich fühlen sich diese Führungen gar nicht nach Arbeit an“, meint Diedrich und ergänzt: „Ich glaube, das ist eine Arbeit, die man bis ins hohe Alter machen kann.“