Sie hat längst Kultstatus in Konstanz: d‘Garasch – auf Hochdeutsch: die Garage. Während der Fasnacht zählt der närrische Treffpunkt in der Schreibergasse seit vier Jahrzehnten zu den typischen Konstanzer Besenbeizen. Der Unterschied zu professionellen Gastronomiebetrieben: Hier wirten echte Narren nur aus Gaudi und bieten Platz für Mäschgerle, Musik- und Schnurrgruppen. Es geht laut, lustig und eng zu und der Fundus an Anekdoten wächst von Jahr zu Jahr. Absurde Situationen sind keine Ausnahmen.

Erst im Wohnzimmer, dann in der Garage

Die Geschichte der Familien-Besenwirtschaft hat vor vielen Jahrzehnten klein, harmlos und im Wohnzimmer der Familie Hellstern begonnen. „Wir haben immer die Konradigasse dekoriert“, erzählt Peter Hellstern. Vom Wohnzimmerfenster aus hatten Kordula und Peter Hellstern einen schönen Blick auf den Hemdglonkerumzug.

Selbstredend liefen auch Bekannte am Haus vorbei, was Hellsterns zu spontanen Einladungen animierte: „Kumm nauf! Kasch nuntergucke!“, erzählt Peter Hellstern und fügt an: „Dann war die Hölle los in der kleinen Wohnung.“

Die Gründer: Kordula und Peter Hellstern.
Die Gründer: Kordula und Peter Hellstern. | Bild: Aurelia Scherrer

Eine reine Familienangelegenheit?

„Dann hat d‘Oma die Garage gebaut“, berichtet Peter Hellstern. Diese befindet sich hinter dem Haus in der Schreibergasse. Kurzerhand hat die Familie an Fasnacht dort Tische und Stühle aufgestellt, um ihre Freunde und Bekannten zu bewirten.

Das Problem war nur: Die Töchter Susanne und Julia waren in Fanfarenzügen aktiv und die Mädels kamen selbstverständlich mit der ganzen Musik-Combo, um der Familie ein Ständchen zu bringen. „Es sind immer mehr geworden“, so Hellstern. Daher holte die Familie im zweiten Jahr des Bestehens der zum Narrentreff umgestalteten Abstellplatzes Gestattungen, Konzession und was noch alles dazugehört ein und öffnete d‘Garasch für alle Mäschgerle. Das war 1984.

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Vom Stammgast zum Schwiegersohn

„Meinen Schwiegervater hab ich vor meiner Frau kennengelernt“, lacht Michael Rössler. „Wir Stammtisch-Farren sind immer am Fasnachtssamstag in d‘Garasch zum Mosttrinken. Vier Jahre später ist Susanne hinter der Theke rumg‘juckt. Sie hot mer g‘falle. Und nach de Fasnacht hon i mit ihr a‘bandelt“, berichtet Rössler über das Kennenlernen seiner heutigen Frau. „Solang i it in d‘Garasch zeugt worre bin, isch alles guet“, mischt sich Sohnemann Felix (20) in das Gespräch ein.

So etwas sei in den vier Jahrzehnten nicht passiert, bekräftigt die Großfamilie Hellstern-Rössler, dafür jede Menge anderer heiterer Geschichten. Natürlich haben sich nicht nur Susanne und Michael in der Garasch kennengerlernt, auch deren älteste Tochter (sie war als Maus verkleidet) hat sich in einen Sonnenblumerich verliebt. Ganz herzig fand Susanne Rössler: „Richtig schön war eine Anzeige im Südkurier nach der Fasnacht. Da stand geschrieben: Erdbeere sucht Möhre aus der Garasch.“

Nur Unsinn im Sinn hat das Garasch-Team – hier ein Foto aus dem Jahr 2014 mit (v.l.) Susanne Rössler, Sabine Gahr, Kordula und ...
Nur Unsinn im Sinn hat das Garasch-Team – hier ein Foto aus dem Jahr 2014 mit (v.l.) Susanne Rössler, Sabine Gahr, Kordula und Peter Hellstern, Tatjana Rössler und insbesondere (im Untergrund, v.l.) Frank Hellstern und Michael Rössler – schon immer ausgezeichnet. | Bild: (Archivbild) Aurelia Scherrer

Münsterhexe macht auf Vögelebeck

Unvergessen ist allen auch diese Vögelebeck-Variante: Die Geschichte begab sich zu jener Zeit, als den Gästen noch die Toilette im Flur zur Verfügung stand. Warum auch immer, Fakt ist: Im Fenster steckte eine Münsterhexe fest. „Das Fenster war schmaler als ihr Fiddle“, grinst Michael Rössler. „Wir haben schieben und ziehen müssen, um sie rauszubekommen.“

Im Jahr 2011 hat Michael Rössler die Federführung der Garasch von seinem Schwiegervater übernommen und einen Verein gegründet – und der Verein ist die Familie. Jeder hilft mit und packt an. „Alles Handgemacht mit Herz“, stellt Julia Gsell fest.

Die zweite Generation (v.l.) Susanne und Peter Rössler und Julia Gsell.
Die zweite Generation (v.l.) Susanne und Peter Rössler und Julia Gsell. | Bild: Aurelia Scherrer
Die dritte Generation mit Tatjana und Felix Rössler.
Die dritte Generation mit Tatjana und Felix Rössler. | Bild: Aurelia Scherrer

Ihre Mutter Kordula Hellstern zum Beispiel macht Wurst-, Käse- und Fischbrötle, wobei Enkel Felix sofort lobend anerkennt: „Omas Käsbrötle sind die besten. Ich mache sie zwar genauso, aber sie schmecken trotzdem lange nicht so gut wie ihre.“ Außerdem bereiten die Familienmitglieder für die tollen Tage 70 Liter Himbeer- und 20 Liter Eierlikör zu.

Ungeschriebenes Gesetz in der Garasch: Harte Alkoholika werden nicht ausgeschenkt, denn „die Halbstarken“, wie Michael Rössler sie nennt, wollten sie nicht unbedingt anlocken. Nicht nur mit dem Getränkeangebot, auch mit der Musikauswahl würde entsprechendes Publikum angesprochen – nämlich echte Fasnachter, wie Michael Rössler sagt.

Das hat sich bewährt: „Es war immer friedlich“, ist Kordula Hellstern froh. Wichtig ist der Fasnachtsfamilie, dass die Preise niedrig sind. Mit der Garasch wollen sie nämlich „einen Beitrag zu Konstanzer Straßenfasnacht leisten“, so Michael Rössler. „Wir machen wir es nur aus Spaß an der Freude“, sagen alle unisono. „Und außerdem ist es Familientradition“, betont Michael Rössler.

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Türsteher und Toröffner in Personalunion

Dass alle an den tollen Tagen hart arbeiten, macht keinem etwas aus. „Wir haben dabei viel Spaß an der Theke“, meint Julia Gsell mit einem vielsagenden Lächeln. Felix Rössler hingegen will sich von der Saftschubse endlich zum Türsteher hocharbeiten, aber da kommt er an seinem Papa Michael nicht vorbei. „Das mach ich“, stellt er fest, wobei er keine Widerworte duldet. Warum er unbedingt an der Tür stehen will? „Da kasch en Käs an die Leut naschwätze“, grinst er und fügt an: „Außerdem sind manchmal erzieherische Maßnahmen notwendig.“

Und er kann schnell reagieren. Am letzten Rosenmontag war die Garasch so voll, dass ein Fanfarenzug, der eigentlich drinnen aufspielen wollte, nicht mehr hineinkam. „Es war warm, da hab ich dann halt einfach das Garagentor aufgemacht“, berichtet Rössler. Aber nur für das Ständchen. Dann hat er sofort die Luken wieder dicht gemacht; die Geduld und das Entgegenkommen der Nachbarn will das Fasnachts-Familien-Unternehmen nämlich nicht überstrapazieren.