Der Trend aus dem vergangenen Jahr verstärkt sich sogar noch: 88,5 Prozent aller künftigen Fünftklässler wählten ein Gymnasium oder eine Gemeinschaftsschule, nur 11,5 Prozent entschieden sich für Real- oder Werkrealschule. Und auch in diesem Jahr ging die Verteilung nicht ohne Nachhelfen von drei Schulleitungen auf: Das Ellenrieder- und das Humboldt-Gymnasium sowie die Gemeinschaftsschule Gebhard mussten aus Platzgründen einige Kinder ablehnen.

Abweisungen führen zu Enttäuschung

Bei den Gymnasien hatte das Ellenrieder mit ursprünglich 144 Anmeldungen den größten Zulauf. 132 Familien wählten das Humboldt-Gymnasium, 67 meldeten sich an der Geschwister-Scholl-Schule an und 60 am Suso (davon 20 im Hochbegabtenzug). Aus Platzgründen musste das Ellenrieder 24 Kinder ablehnen, das Humboldt zwölf. Diese 36 Familien hatten in der zweiten Runde die Wahl zwischen dem GSS-Gymnasium, dem Suso und der Lotte-Eckener-Gemeinschaftsschule.

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Nach diesem Lenkungsverfahren, wie es amtlich heißt, besuchen jeweils 120 Kinder das Ellenrieder und das Humboldt. Auf das GSS-Gymnasium gehen im kommenden Schuljahr 91 Kinder in vier Klassen, ins Suso kommen 74 Kinder in drei Klassen.

Für die Familien der Viertklässler ist die Zeit zwischen März und Mai aufregend und teilweise aufreibend. Nina Bruch, deren Kind keine Absage bekommen hat, die aber von befreundeten Familien um die Enttäuschung der abgelehnten Kinder weiß, sagt: „Die Kinder haben nach den Schulführungen den Eindruck, dass die Schulen um sie werben und es ihre Wahl ist, wohin sie später gehen möchten. Ich finde es schwierig, dass man einigen sagen muss, dass sie an der Schule ihrer Wahl doch keinen Platz bekommen.“

Ablehnung von Schweizer Kindern

Auch für die Rektoren ist das Verfahren nicht angenehm. So sagt Humboldt-Schulleiter Jürgen Kaz: „Wir freuen uns natürlich, wenn wir gut angenommen werden, aber Familien abzulehnen, ist immer schwierig.“ In diesem Jahr sei die Problematik für seine Schule durch die Ablehnung von in der Schweiz lebenden Kindern und Zuzüglern fast ganz gelöst gewesen.

„Wir freuen uns natürlich, wenn wir gut angenommen werden, aber Familien abzulehnen, ist immer schwierig“, sagt Jürgen Kaz, Leiter des ...
„Wir freuen uns natürlich, wenn wir gut angenommen werden, aber Familien abzulehnen, ist immer schwierig“, sagt Jürgen Kaz, Leiter des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums. | Bild: Hanser, Oliver

Für Enttäuschung sorgte dagegen die Entscheidung des Ellenrieder-Gymnasiums, alle Kinder der Grundschule Allmannsdorf abzulehnen (außer Geschwisterkinder) und dafür große Gruppen der Sonnenhaldeschule aufzunehmen, obwohl einige Kinder der Sonnenhalde weiter weg von den Innenstadtgymnasien wohnen als Kinder aus Allmannsdorf.

Einige Viertklässler der Grundschule Allmannsdorf kommen nicht an ihrem Wunschgymnasium unter. Eltern berichteten dem SÜDKURIER von ...
Einige Viertklässler der Grundschule Allmannsdorf kommen nicht an ihrem Wunschgymnasium unter. Eltern berichteten dem SÜDKURIER von Enttäuschung und Tränen, als der Ablehnungsbescheid im Briefkasten lag. | Bild: Hanser, Oliver

Da viele Familien die Kriterien der Ablehnung nicht transparent finden, erläutert Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg, die Fragen vieler Eltern:

Das sind die Kriterien der Ablehnung

  1. Auf dem Ablehnungsbescheid steht: „Das zentrale Kriterium für die Auswahl und Abweisung ist die Zumutbarkeit. Dabei kommt es mitentscheidend auf den Schulweg unter Berücksichtigung der Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln an.“ Heißt das, dass Kinder aus den Vororten sowie Allensbach und Reichenau weniger Chancen auf den Besuch der Innenstadtgymnasien haben?
    Dazu schreibt das RP: „Für die Kinder aus der Konstanzer Innenstadt würde sich die Wegstrecke und Fahrtzeit bei Abweisung an eine nicht innenstadtnahe Schule voraussichtlich deutlich erhöhen, sodass dann keine Zumutbarkeit mehr gegeben wäre. Umgekehrt kann ein längerer Schulweg für ein Kind aus dem Umland zumutbar sein, wenn es keine näher gelegene Schule gibt, die noch Kapazität hat.“
  2. Bei der Anmeldung konnten Freunde angeben werden, mit denen die Kinder auch künftig gemeinsam zur Schule gehen möchten. Aber: Wird dies zum Hindernis, weil ganze Freundesgruppen an der Wunschschule abgelehnt werden, mit dem Argument, man wolle Sozialkontakte erhalten?
    „Eine Schule kann sich davon leiten lassen, Kinder aus bisherigen Grundschulklassen in Gruppen aufzunehmen, damit sie mit ihren Klassenkameraden zusammenbleiben können“, bestätigt Heike Spannagel. Das gelte auch dann, wenn einige abgelehnte Kinder näher an der Wunschschule wohnen als Kinder, die aufgenommen wurden.
  3. Geschwisterkinder werden bevorzugt an der Wunschschule aufgenommen. Ist das keine Benachteiligung von Einzelkindern?
    Geschwisterkinder sind tatsächlich ein hartes Aufnahmekriterium. „Müssten Kinder einer Familie verschiedene Schulen besuchen, wäre die im Schulgesetz ausdrücklich geforderte erzieherische Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule deutlich erschwert“, erläutert Spannagel. „Diese Gründe treffen auf Einzelkinder nicht zu, daher liegt keine Ungleichbehandlung vor.“
  4. Werden Geschwisterkinder auch dann bevorzugt aufgenommen, wenn sie in der Schweiz leben?
    „Kinder, die ihren Wohnsitz nicht in Baden-Württemberg haben, werden grundsätzlich nachrangig und nur dann aufgenommen, wenn es freie Kapazitäten gibt. Das gilt auch dann, wenn bereits Geschwisterkinder an der gewünschten Schule vorhanden sind“, erklärt das RP.
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Ellenrieder-Schulleiterin Hanna Schönfeld sagt, sie habe dieses Jahr nicht mehr Anrufe von betroffenen Eltern bekommen als in früheren Jahren. „Viele haben in den Gesprächen verständnisvoll reagiert“, sagt sie. Nur eine Familie tue sich mit der Absage sehr schwer.

„Viele Eltern haben in den Gesprächen verständnisvoll auf die Ablehnung reagiert“, sagt Hanna Schönfeld, Leiterin des ...
„Viele Eltern haben in den Gesprächen verständnisvoll auf die Ablehnung reagiert“, sagt Hanna Schönfeld, Leiterin des Ellenrieder-Gymnasiums. | Bild: Schottmüller, Daniel

Dennoch legten bislang vier Familien Widerspruch gegen ihre Ablehnung ein. Die Frist ist noch nicht abgelaufen, es könnten weitere folgen. Über diese Einwände entscheidet das Regierungspräsidium. „In den vergangenen Jahren wurden nur vereinzelt Widersprüche eingelegt“, so Spannagel. „Diese waren regelmäßig nicht erfolgreich.“