Immer wieder bleiben Passanten stehen und immer wieder wird Wolfgang Treß, stellvertretender Leiter des Amtes für Stadtplanung und Umwelt (ASU), gefragt: „Was passiert hier?“ Es passiert, was eigentlich schon im Frühsommer hätte geschehen sollen: Blumenschirme, Treß spricht jedoch von grünen Schirmen, werden aufgestellt.
Statdrätin Gabi Weiner (Junges Forum) weiß schon gar nicht mehr, seit wie vielen Jahren sie angemahnt hat, dass Plätze wie Marktstätte und Augustinerplatz grüner werden sollen. Jetzt beobachtet sie das Geschehen interessiert und meint: „Ich bin gespannt, wie das letztlich wird.“ Auch die Stadträtinnen Petra Rietzler (SPD) und Anne Mühlhäußer (Grüne&FGL) schauen vorbei, um zu sehen, was sich da tut.
Klar war: Auf dem Augustinerplatz sollen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden. Wolfgang Treß hätte sich auch gefreut, wenn es schneller gegangen wäre; den Frühsommer hatte er eigentlich angepeilt. Aber Ausschreibung, zusätzlicher Prüfaufwand, Vergabe und lange Lieferzeiten hätten zur Verzögerung geführt. „Lieferzeit von zwölf Wochen sind schon schnell; die Tendenz geht aber eher Richtung vier bis fünf Monate“, so Treß.

„Jetzt werden drei Urban Corolle aufgestellt“, stellt Wolfgang Treß fest. Gibt es einen deutschen Begriff dafür? „Eigentlich Blumenschirm“, so Treß, der jedoch lieber von grünen Schirmen spricht, weil Blumen mit der künftigen Gestaltung wenig gemeinsam hätten. Die Schirme bestehen aus filigranem Gestänge und sind nicht mit textilen Materialien bespannt. Der Clou: Die Funktion von Sonnen- und Regenschutz sollen einmal Pflanzen übernehmen.

Drei Schirme werden auf dem Augustinerplatz aufgestellt. Ein großer mit fünf Metern Höhe und einem Durchmesser von acht Metern sowie zwei kleine mit drei Metern Höhe und einem Durchmesser von fünf Metern. Sie fußen in großen Pflanzkübeln; das Gewicht des größten schätzt Treß befüllt auf 4,5 Tonnen, jenes der kleineren Varianten auf 1,8 Tonnen. Um die Kübel herum werden Sitzbänke aus Holz angebracht.
Es wird noch einige Zeit dauern
Zurück zu den Schirmen. An den filigranen Gestängen sollen sich Schlingpflanzen empor ranken. Diese bilden dann ähnlich wie Bäume ein Blätterdach, schildert Treß. „Das wird eine gewisse Zeit dauern. In der Regel braucht es vier Jahre, bis ein Schlinggewächs oben ist und ein schönes Blätterdach ausgebildet hat. Wir gehen von drei Jahren aus, weil wir schon große Pflanzen haben“, sagt er. Zwei Meter groß seien die Pflanzen immerhin schon.
Für den großen Schirm hat Wolfgang Treß wilden Wein ausgesucht. An einem der kleinen Schirme soll sich eine Waldrebe hochranken. Und zum dritten: Die Fingerblättrige Klettergurke; „leider nicht zum Ernten“, merkt Wolfgang Treß an. Den Begriff Klettergurke findet er ohnehin nicht so schön. Lieber Schokoladenwein, wie die Akebia auch noch genannt werde. „Die Akebia hat einen leicht zimtigen Blütenduft; die Frucht ist sogar essbar“, erläutert Treß.
Zarte Schlinger statt rabiate Würger
Bei allen drei Pflanzenarten handle es sich um „zarte Schlinger“. Das war Treß wichtig: „Es sind schließlich Würgepflanzen.“ Gerne hätte er auch echte Weinreben genommen, doch diese seien zu kräftig, zu rabiat. „Sie würden wahrscheinlich das filigrane Gerüst kaputtmachen“, fürchtet er.
„Es wird ein angenehmer Schatten“, freut sich ASU-Mitarbeiterin Anja Gabor schon. Vor allem aber gebe es Unterschiede bei den Pflanzen. Bei der Waldrebe komme erst die Blüte, dann das Blatt, erläutert Wolfgang Treß, während die Blüte der Akebia sich eher hinter den Blättern verstecke. „Und die Waldrebe hat tolle Herbstfarben.“
Ein bisschen smart würden die Pflanzkübel auf dem Augustinerplatz auch. An dem größten Bottich werde ein Sensor eingebaut, der als Wasserstandsmesser fungiere. Dieser melde, wann es wieder Zeit zum Gießen sei, erläutert Wolfgang Treß.
Gleichwohl fällt der Blick auf die kargen Bestandsbäumchen, die in Betontrögen, die Gabi Weiner gerade wieder einmal von Unkraut befreit, ihr Dasein fristen. „Zwei Bestandsbäume werden wir ersetzen“, stellt Wolfgang Treß fest. Auch er ist nicht zufrieden mit dem Status quo: „Wir machen eine Grundlagenermittlung und schauen, wie wir das optimieren können.“