Das Konstanzer Bodenseeforum hat politisch einen schweren Stand. Für viele Millionen aus einer Centrotherm-Fabrikhalle umgebaut, lief das Veranstaltungsgeschäft in den ersten Jahren nach 2016 zunächst schleppend an. Die Kritik der politischen Gegner fiel angesichts der jährlich notwendigen Zuschüsse zuweilen scharf aus.

Dann folgte die Pandemie und mit ihr das Herunterfahren sämtlicher öffentlicher Veranstaltungen in ganz Deutschland. Während der Pandemie erfüllte das Haus eine wichtige Rolle, indem das Tagungszentrum kurzfristig Gremiensitzungen mit Abstandsgebot ermöglichte und zweitens zum zeitweiligen Impfstandort der Konstanzer wurde.

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Jetzt berichtet Ruth Bader, Geschäftsführerin des Bodenseeforums, dass sich die Auslastung des Hauses im Jahr 2022 so gesteigert hat, dass eine noch stärkere Frequenz kaum mehr möglich scheint.

  • Die Auslastung: 71 Veranstaltungen fanden im Jahr 2022 im Bodenseeforum statt bei 177 Veranstaltungstagen. Das entspreche einer Auslastung von 80 Prozent, sagt Ruth Bader, was für ein Tagungshaus ein sehr guter Wert sei. Bei 57 Prozent der Veranstalter habe es sich um Konstanzer Firmen oder Einrichtungen gehandelt, die Verwurzelung des Hauses in der Stadt sei also groß. Die Kurve der Veranstaltungen zeigt nach oben: 2016 startete das Haus mit 17 Veranstaltungen, 2017 waren es 134, 2018 dann 98. Im Corona-Jahr 2020 erreichte das Haus kurioserweise einen Höchststand von 204 Events.
  • Die Art der Veranstaltungen: Die meisten, nämlich 49 Prozent fallen in die Kategorie Tagungen. Darauf folgen neun Kulturveranstaltungen sowie 12 aus dem Bereich Gesellschaft. Vier Messen fanden im Jahr 2022 im Bodenseeforum statt (12 Prozent). Nur noch vier Gremiensitzungen wurden dort 2022 abgehalten. Es gab zwei Bildungsveranstaltungen, drei mal wurde das Impfen noch im Haus organisiert und eine Feier wurde im Bodenseeforum veranstaltet.
Ruth Bader, hier beim Frühjahrsaperó der Wirtschaftskammern in Konstanz, ist seit vier Jahren Hausherrin und Geschäftsführerin des ...
Ruth Bader, hier beim Frühjahrsaperó der Wirtschaftskammern in Konstanz, ist seit vier Jahren Hausherrin und Geschäftsführerin des Bodenseeforum Konstanz. | Bild: Rau, Jörg-Peter
  • Wie hoch ist der Zuschuss, den das Haus erhält? Für das Jahr 2021 braucht das Bodenseeforum einen Zuschuss in Höhe von 2,2 Millionen Euro, im Jahr 2020 waren es 2,1 Millionen Euro. Für 2020, das Pandemiejahr, gab es außerdem Kurzarbeitergeld und November- und Dezemberhilfe. Geschäftsführerin Ruth Bader schreibt dazu: „Im Haus wurde veranstaltet, was möglich war. Da es sich aber um sehr kleine Veranstaltungen oder soziale Anlässe handelte, brachen die Erträge deutlich ein.“ Für 2022 geht das Haus von einem Zuschuss in Höhe von etwa zwei Millionen Euro aus.
  • Warum ist das Bodenseeforum erfolgreich und braucht dennoch einen Zuschuss? Geschäftsführerin Ruth Bader weist diesbezüglich auf die Praxis in anderen Städten hin. So gut wie kein kommunales Tagungszentrum komme ohne städtischen Zuschuss aus. „Es gibt aber eine Erwartungshaltung in der Stadt, dass das Haus nur erfolgreich ist, wenn es keinen Zuschuss benötigt.“
    Das ist aus ihrer Sicht eine zu kurzsichtige Denkweise. Denn der Nutzen des Bodenseeforums zeige sich nicht nur im Umsatz, sondern in weiteren Effekten: Es bringe Gäste in die Stadt, die in Konstanz essen gehen und übernachten und generiere damit die sogenannte Umwegrentabilität. „Das sind Gelder, die in jedem Fall in der Stadt bleiben“, betont Bader.
Bild 2: Im Bodenseeforum finden immer mehr Veranstaltungen statt. Aufwind für das umstrittene Tagungshaus?
Bild: Schönlein, Ute
  • Wie sieht es bei Häusern in anderen Städten aus? Brauchen sie auch einen Zuschuss? Ja. Auch die Stadthalle Singen, die seit ihrer Gründung im Jahr 2007 etabliert ist, erhält jährlich einen Zuschuss. „Dies war allerdings nie überraschend, sondern schon vorab in der Planungsphase mit rund 1,6 Millionen Euro veranschlagt“, schreibt Geschäftsführer Roland Frank. In den Jahren 2016 bis 2019 habe er zwischen zwei und 2,3 Millionen Euro betragen.
    Im Jahr 2020 und 2021 habe der Zuschuss wegen vieler Sondereffekte niedriger gelegen. Die beiden Häuser, das Bodenseeforum und die Stadthalle Singen, sind aber nur sehr bedingt vergleichbar, da sie jeweils andere Schwerpunkte setzen. So hat die Stadthalle Singen einen Kulturauftrag, sämtliche größere Kulturveranstaltungen der Stadt werden dort ausgerichtet. Das ist beim Bodenseeforum nicht der Fall, da beispielsweise das Theater Konstanz über eigene Räumlichkeiten verfügt und die Philharmonie das Konzil als Auftrittsraum nutzt.
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  • Für welche Veranstaltungen ist das Bodenseeforum weniger geeignet? Das Haus tut sich schwer mit Ereignissen, bei denen das gastronomische Angebot im Zentrum steht. Ein gesetztes mehrgängiges Essen sei für bis zu 350 Personen möglich, ein Buffet mit Bankettbestuhlung für bis zu 400 Personen. Eine solche Veranstaltung sei aber teuer, schreibt Ruth Bader, da der Kunde das Catering und das zusätzliche Servicepersonal zusätzlich zur Saalmiete zahlen müsse. Laut Bader müsse man die Frage aufwerfen, ob es Aufgabe des Bodenseeforums sei, Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern preiswert anzubieten. Stärken des Hauses lägen eher bei Tagungen, Messen, Informationsveranstaltungen.
  • Wird der Zuschussbedarf auch in Zukunft bleiben? Ruth Bader stimmt dieser Einschätzung zu. „Unser wunder Punkt ist der Bereich der Küche“, sagt die Geschäftsführerin im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Aus gastronomisch geprägten Veranstaltungen könne das Haus kaum Gewinn schlagen. Um dies zu ändern, bräuchte es größere bauliche Investitionen, etwa den Einbau einer Küche. Diese Voraussage hatte aber bereits der Berater im Vorfeld formuliert. Zudem sei das Team, das das Bodenseeforum im Moment betreut, zu klein, um noch mehr Veranstaltungen anzubieten. Denn dann müsste man beispielsweise auf nächtliche Umbauten umsteigen. Aktuell könne das Tagungshaus mit einer hohen Auslastung eine große Vielfalt bieten, von der Tagung bis zur Kulturveranstaltung. „Diese Mischung macht uns aus.“
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