Unermüdlich bohrt sich der Meißel in den Untergrund. Das Loch sieht wenig spektakulär aus, es misst nur 13 Zentimeter im Durchmesser. Doch die Maschine, die auf dem Grundstück in Staad immer tiefer in den Untergrund vordringt, sowie ihr Fuhrpark haben gigantische Ausmaße.

Für die Bohrung in die Erde ist viel Platz für die große Maschine nötig. Oft würden auch Hecken gerodet oder Mauern teilweise entfernt, ...
Für die Bohrung in die Erde ist viel Platz für die große Maschine nötig. Oft würden auch Hecken gerodet oder Mauern teilweise entfernt, sagt Geräteführer Lorenz Heyden. | Bild: Kirsten Astor

Schließlich müssen verschiedene Meißel zum Einsatz kommen, um in diesem Fall 150 Meter tief in die Erde zu graben. Dort unten herrscht die konstante Temperatur von rund 15 Grad Celsius, die mit Hilfe weiterer Technik zum Heizen genutzt werden kann.

Auf lange Sicht schont das Nutzen von Erdwärme im Vergleich zu fossilen Brennstoffen nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel: Laut den Fachfirmen amortisiert sich die Investition nach sechs bis zehn Jahren.

Der Meißel frisst sich in den Untergrund Video: Kirsten Astor

Der große Bohrer steht im Garten von Simone Brunner und ihrem Partner Tobias Nittel. Sie haben sich vor rund zwei Jahren entschlossen, bei ihrem Privathaus auf erneuerbare Energien zu setzen. „Durch den Ukraine-Krieg wurde Gas knapp und Öl teuer, da wurden viele Menschen nervös“, sagt Simone Brunner vom gleichnamigen Labor.

Sie aber hat in ihrem Haus schon seit zehn Jahren eine Wärmepumpe. Diese hatte der Vorbesitzer samt zwölf Meter tiefer Quelle installieren lassen. „Das funktionierte aber nie richtig, sodass das Haus zusätzlich einen Öltank hatte“, erzählt sie dem SÜDKURIER. „Als wir es renovieren ließen, haben wir den Öltank außer Gefecht gesetzt. Wir wollten auf erneuerbare Energien setzen.“

Simone Brunner steht vor ihrem Haus in Staad und freut sich, dass sie und ihr Partner durch die Geothermie-Bohrung bald Erdwärme nutzen ...
Simone Brunner steht vor ihrem Haus in Staad und freut sich, dass sie und ihr Partner durch die Geothermie-Bohrung bald Erdwärme nutzen können. | Bild: Kirsten Astor

So ließen die beiden auch Photovoltaik auf dem Dach installieren. „Wir möchten in Sachen Energie eine gewisse Unabhängigkeit erreichen“, sagt Simone Brunner. Zwischendurch heizten sie allerdings elektrisch, denn auf den Termin zur Erdwärme-Bohrung musste das Paar über ein Jahr warten. „Die Firmen können sich vor Aufträgen nicht retten“, sagt Brunner.

„Die Schweiz sieht aus wie ein löcheriger Käse“

Das bestätigt Lorenz Heyden, Geräteführer der Firma Burkhardt Bohrungen aus Neuweiler im Nordschwarzwald, während er in Staad den Bohrer zum wiederholten Mal in die Erde fahren lässt. In Deutschland sei das Interesse an Erdwärme groß, aber Vorreiter bei den Bohrungen sei die Schweiz: „Die sieht aus wie ein löcheriger Käse“, sagt Heyden und lacht. „Deutschland ist nur Vorreiter, was strenge Auflagen betrifft.“

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Dass auch viele Konstanzer die Wärme aus dem Boden nutzen möchten, bestätigt Christoph Knepel, Geschäftsführer der Firma Baugrund Süd aus Bad Wurzach in Oberschwaben: „Wir haben bereits diverse Sonden in Konstanz errichtet und die Nachfrage wächst“, sagt er. Erdwärme sei die effizienteste Wärmequelle für eine Wärmepumpe, außerdem könnten die Sonden bis zu 100 Jahre lang genutzt werden.

Bis zu 150 Meter an einem Tag

Von Wärme ist an diesem Vormittag zumindest oberhalb der Erdoberfläche nichts zu spüren. Lorenz Heyden sitzt unter einem Regenschirm, aus der Maschine spritzt dreckiges Wasser. „Wenn der Untergrund stabil ist, kann ich an einem Tag 100 bis 150 Meter in die Tiefe bohren“, erläutert er. „Aber hier haben wir 40 Meter Kies, außerdem Ton und Sandsteinfels. Je nach Schicht kommen unterschiedliche Meißel oder auch ein Bohrhammer zum Einsatz.“

Nach der Bohrung wird das Bohrgestänge aus der Erde geholt Video: Kirsten Astor

Nach der Bohrung wird das Bohrgestänge entfernt, Wärmesonden in die Erde gegeben, die Löcher mit einer zementartigen Masse verschlossen und das Ganze an die Wärmepumpe angeschlossen. Außerdem werden Proben aus der Erde an ein Labor geschickt, damit dokumentiert wird, wo welche Gesteinsschichten zu finden sind.

Kann Erdwärme eigentlich auf jedem Grundstück angezapft werden? „Voraussetzung ist, dass alle Genehmigungen erteilt sind und dass wir genügend Platz haben“, erklärt Lorenz Heyden. „Wenn jemand nur einen Meter Wiese rund um sein Haus hat, wird es schwer. Aber wir haben das Bohrgerät auch schon mit einem Autokran reingehievt. Es ist vieles möglich, kostet halt mehr“, sagt er.

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Die Firma ist bereits den dritten Tag bei Simone Brunner und Tobias Nittel im Einsatz. Das erste Loch ist fast geschafft, später wird einige Meter weiter ein zweites gebohrt, um der Erde genügend Energie zum Heizen entnehmen zu können.

Tobias Nittel scherzt: „Uns sagte jemand, wir müssten aufpassen, dass nicht der Bodensee angezapft wird.“ Lorenz Heyden entgegnet lachend: „Ich bohre selten um die Ecke – und die Maulwürfe lassen wir auch in Ruhe.“