Der Tag der Städtebauförderung sollte der Information dienen – bundesweit und rund um alles zu Haussanierungen, Solarenergie, Klimaschutz und Wohnqualität in den Quartieren. In Konstanz stand dabei am vergangenen Samstag das Sanierungsgebiet Stadelhofen im Mittelpunkt.

Doch in dem Konstanzer Stadtteil schwappen die Wogen aktuell hoch, denn nicht alles, was hier zur Verbesserung der Wohnqualität geplant ist, wird von den Anwohnern als Verbesserung gesehen. Acht bis zehn Jahre seien, so Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn in seiner Eröffnungsrede an der Schwedenschanze, für Analyse und Planung bei solchen Projekten vorgesehen.

Klara Trummer von der Bauverwaltung erläuterte, was im Sanierungsgebiet Stadelhofen bisher getan wurde. Zunächst wurden mit den Anwohnern Ideen gesammelt, in einer zweiten Stufe wurden dann die Vorschläge – ebenfalls, so Trummer, unter Mitarbeit der Anwohnern – priorisiert.
Und hier hätte die Idee der „Chill-Oasen“ sehr gut abgeschnitten, so dass man dieses Projekt zeitnah in Angriff nehmen wollte. Dabei ist es Klara Trummer wichtig, dass dies nicht etwa dezentrale Partyzonen als Alternativen zum Herosé-Park, dem Areal auf Klein Venedig oder dem Schänzle werden sollen, sondern von Anwohnern gestaltete Flächen für das nachbarschaftliche Miteinander. In einigen Städten wie beispielsweise in Wien sei dies mit Erfolg umgesetzt worden.
Anwohner bewerten Chill-Oasen nicht positiv
Doch an dieser Stelle kommt die Diskussion vor den Infoständen so richtig in Fahrt. Zwei Anwohnerinnen bezweifeln, woher die positiven Stimmen bei der Priorisierung kamen. „Also ich kenne in meiner Nachbarschaft niemanden, der das positiv bewertet“, erklärt eine Anwohnerin, „hier gibt es viele schöne Gärten hinter den Häusern oder Balkone, so dass viele ihre eigene Chill-Oase schon jetzt haben.“ Es wirkt, als sei die Chill-Oase der Tropfen, der das Fass in Stadelhofen zum Überlaufen gebracht hat.
Da ist zum einen der Parkplatzsuchverkehr, da Stadelhofen für viele aus der Schweiz anreisende Besucher des Lago-Centers oder der Konstanzer Innenstadt die erste Möglichkeit darstelle, einen Parkplatz zu finden. Dann wurde der Gastronomie in Corona-Zeiten mehr Raum zur Bewirtung auf der Straße eingeräumt, was für die Anwohner eine Reduzierung der Parkplätze, dafür aber einen Anstieg des abendlichen Lärmpegels bedeutete.

Und nun eben noch Chill-Oasen sowie mehr Raum für Fahrräder – wofür natürlich weitere Parkplätze wegfallen sollen, bei gleichzeitig geplanter deutlicher Anhebung der Kosten für eine Anwohner-Parkerlaubnis.
Während Klara Trummer erklärt, dass für die Chill-Oasen und die Fahrradstellplätze Ausgleich auf dem Döbele ausgewiesen werde, hält eine Anwohnerin dagegen, dass für die Gastronomieflächen kein Ausgleich angeboten wurde und nun 16 Parkplätze weniger zur Verfügung stünden.
Stadtrat Daniel Groß (CDU) versucht zu relativieren: „Die Erlaubnis für die Gastronomie ist bis Oktober befristet.“ Und bei der Vergabe der Freiflächen für die Lokale sei, so war selbst von Vertretern der Gastronomie zu erfahren, von der Verwaltung eher großzügig verfahren worden, so dass die Anwohner schon feststellen konnten, dass diese Plätze gar nicht so intensiv genutzt würden. Ob allerdings bei den von der Gastronomie genutzten Flächen wieder reduziert wird, bezweifeln viele Anwohner.
Bemängelt wird vor allem, dass der Dialog von der Verwaltung nach der ersten Planungsschritten abgerissen sei, die Botschaften aus der Politik eher provozierten als zu einer Lösung beitrügen. Wenn etwa von Oberbürgermeister Uli Burchardt zu hören sei, dass man als Bewohner der Innenstadt eben mit einer höheren Lärmbelästigung leben müsse, so bewerten das die direkt Betroffenen, die teilweise seit Jahrzehnten in Stadelhofen leben und hier schon ruhigere Zeiten erlebten, zuletzt aber stetige Verschlechterung in Sachen Lärm und Parken hinnehmen mussten, als unsensibel bis arrogant.
Anwohnerin: „Die Fronten sind aktuell verhärtet“
„Was angefangen hat mit der Bürgerbeteiligung sollte fortgesetzt werden. Es gäbe ja Möglichkeiten, den Bodanplatz einzuplanen, aber aktuell findet kein Dialog statt“, erklärt eine Anwohnerin. Ihre Nachbarin lässt Kompromissbereitschaft erkennen: „Es gibt hier viele Interessen, die man abwägen muss. Wir Anwohner rechnen ja gar nicht damit, dass wir uns zu 100 Prozent durchsetzen können. Aber die Fronten sind aktuell verhärtet.“
Ein Eindruck, den auch eine Vertreterin der Gastronomie, die nicht namentlich genannt werden will, da sie ja die Anwohner als potentielle Gäste gewinnen möchte, teilt, denn ihr wurde recht schnell mit dem Rechtsanwalt gedroht, obwohl ihr Lokal relativ früh schließt.