Und jetzt auch noch Decathlon. Ein weltweit agierender Handelskonzern kommt nach Konstanz. Mit aggressiven Preisen und einer noch aggressiveren Expansionsstrategie setzt er den Sportartikel-Fachhandel seit Jahren unter Druck. Was manche Kundinnen und Kunden freuen mag, sorgt im Konstanzer Handel für Unruhe. Noch jemand, der ein Stück vom Kuchen abhaben will und zugleich erhebliche Kostenvorteile hat. Und man fragt sich: Mit der nächsten Kette, die in die Stadt kommt – wird Konstanz als Einkaufs- und Erlebnisstadt immer austauschbarer?
Zunächst einmal sind drei Dinge festzuhalten. Erstens: Konstanz ist ein nach wie vor gut funktionierender Standort. Geringe Leerstände künden davon, und viele Geschäfte haben eine weit über die Region hinaus ausstrahlende Anziehungskraft. Zweitens: Konstanz ist unverändert eine einmalige Einkaufsstadt. Dutzende inhabergeführte Geschäfte gibt es nach wie vor, jedes für sich einzigartig. Drittens: Konstanz wird gerne besucht. Mag sein, dass die Zeiten des ganz großen Ansturms erst mal vorbei sind. Aber viele Städte auch im wohlhabenden Baden-Württemberg würden über die Hälfte der Frequenz in ihren Fußgängerzonen jubeln.
Dennoch ist auch unübersehbar, dass sich etwas ändert, und viele Konstanzerinnern und Konstanzer haben nicht ohne Grund das Gefühl, dass in der Altstadt derzeit etwas verloren geht. Sinnbildlich dafür mögen die vielen Nagelstudios stehen. Auch andere Branchen wachsen, wo traditioneller Handel schwindet. Zudem haben sich Filialisten, die anders als kleine Händler Gewinne und Verluste ihrer Standorte untereinander verrechnen können, weiter breitgemacht. Und nicht jeder Neuzuwachs in der Gastronomie stößt auf ungeteilte Gegenliebe. Hier lassen sich die Gesetze des Marktes ablesen. Wer die Personalkosten drücken kann und kein teures Lager vorhalten muss, kann andere Akteure verdrängen. Da ist dann auch eine höhere Miete zu stemmen.
Der Handel ist ständig Bewegung
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Decathlon ausgerechnet bei Karstadt zum Untermieter wird. Vor 100 Jahren waren es die Warenhäuser, die eine (wie man heute sagen würde) disruptive Entwicklung im Einzelhandel ausgelöst haben. Dann waren es die Discounter, zu deren jüngsten Ausläufern auch Decathlon zu rechnen ist. Zuletzt hat der Online-Handel alle alten Gewissheiten in Frage gestellt. Und doch ist Konstanz bisher gut durch die Zeiten gekommen, auch und gerade im Vergleich zu anderen mittelgroßen Städten in Deutschland.
Ob das so bleibt, hängt am Ende auch von uns Kunden ab. Wir entscheiden über unser Einkaufsverhalten zu einem Gutteil mit, wie der Handel und mit ihm die Konstanzer Innenstadt zukünftig aussehen wird. Positive Überraschungen sind dabei keineswegs ausgeschlossen. Das Lago, zuerst argwöhnisch beäugt bis vehement bekämpft, hat sich in den 20 Jahren seines Bestehens für den Wirtschaftsstandort als großer Gewinn erweisen: Handel ist Wandel, und Wandel kann man gestalten.