Nicht jeder ist verpflichtet, einen Mundschutz beim Busfahren oder im Supermarkt zu tragen. Es gibt Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen davon befreit sind. Wie die Konstanzerin Melanie B.. Die 30-Jährige leidet seit 14 Jahren an Angststörungen und seit zwei Jahren an Asthma. (Aufgrund ihrer Angststörung und zu ihrem Schutz soll ihr voller Name nicht online genannt werden)
Beklemmung und Atemnot
Ein Mund- und Nasenschutz, und sei er noch so dünn, sorgt bei ihr für Beklemmung und Atemnot, sagt sie. Ihr ärztliches Attest belegt, dass sie von der Maskenpflicht befreit ist. Leben muss sie seither mit Anfeindungen, wenn sie in den Supermarkt geht oder Bus fährt. Oder sogar Drohungen.
„Hau ab oder es passiert was!“
Kommentare wie „Sie halten sich wohl für etwas Besseres?“ und „Zu dumm, um eine Maske zu tragen?“ gehören noch zu den freundlicher formulierten Sätzen, wie sie erzählt. Da war diese Busfahrt am Wochenende.
Melanie B. erzählt das Erlebnis so: Ein Mitfahrer rief ihr schon von weitem zu: „Blondchen, wo ist deine Maske? Blondchen, bist du etwa Schweizerin? Dummerchen!“ Sie erinnert sich: „Ich stand starr da, habe noch überlegt, was mache ich jetzt?“
Sie wollte deeskalieren
Sie entschied, den Mann aufzuklären. Trotz ihrer Angststörung. „Ich sagte ihm, dass ich von der Maskenpflicht befreit bin“. Doch der Mann wurde wütend, bestand darauf, dass es keine Ausnahme gebe – und drohte: „Hau ab oder es passiert was!“ Keiner der Mitfahrer im Bus half, alle schauten weg, auch der Busfahrer ist nicht eingeschritten, sagt die Konstanzerin.
„Ich bin an der nächsten Haltestelle ausgestiegen, ich war so sauer, ich habe geweint.“ Und sie berichtet weiter: Zwei Tage später im Kaufland wurde ein anderer Kunde so wütend darüber, dass sie keine Maske trug, dass er Melanie B.s Einkaufswagen anstieß und schrie: „Ich rufe die Polizei.“
Busfahrer sollen keine Hilfssheriffs sein
Vor einigen Wochen habe ein Busfahrer sie via Lautsprecher aufgefordert, den Bus zu verlassen – weil sie keine Maske trage. Als sie ihm von der Befreiung berichtete, lies er es nicht gelten – und sie aussteigen. Bei den Stadtwerken habe man sich dafür entschuldigt. Mittlerweile, sagt Christopher Pape, Pressesprecher bei den Stadtwerken, seien alle Busfahrer geschult. Ohnehin sei es nicht die Aufgabe der Busfahrer, die Regel durchzusetzen und „Hilfssheriff zu spielen“, sondern Bus zu fahren.
Idee: Schilder in Bussen und Geschäften?
Dass die Stadtwerke auf ihrer Webseite darauf hinweisen, dass es Menschen gibt, die von der Mundschutzpflicht befreit sind, findet Melanie B. gut. „Viele wissen es nicht, vielleicht könnte man in Bussen und Geschäften Schilder aufhängen?“ Dazu Pape: „Es gibt genügend Quellen.“ Was ihm allerdings auch auffällt: Immer wieder Konflikte zwischen Leuten, die Maske tragen, und Menschen ohne Mundschutz.
Der Ton ist rauer geworden
Der Ton ist rauer geworden im Umgang: Dieser Gedanke drängt sich auf. Nicht nur, wenn man Melanie B.s Erzählungen hört. Sondern auch, wenn man die aggressiven Kommentare in sozialen Netzwerken zum Thema Mundschutz liest.
Auch viele nette Kommentare
Als Melanie B. ihrer Frustration im Internet Luft machte und fragte, was sie nun tun solle, schrieb einer, sie solle sich nicht anstellen. Ein anderer, dass er ihr auch nicht geholfen hätte. Es gab aber auch viele freundliche Kommentare. Und: Es meldeten sich mehrere Konstanzer, die ebenfalls Atemprobleme haben.
Eine meinte, sie habe zwar ein Attest, trage aber trotzdem die Maske, obwohl sie danach Schmerzen in der Lunge habe. Der Grund: Die Anfeindungen der Mitmenschen, wenn sie ohne Mund-und Nasenbedeckung unterwegs sei. Melanie B. dazu: „Mich kann jeder gerne fragen, warum ich keine Maske trage – aber bitte höflich“. Was sie sich wünscht? „Dass die Menschen nicht wegschauen, wenn andere bedroht werden!“