Verkaufsstand reiht sich an Verkaufsstand entlang des Seerheins, entlang der Laube beim grenzüberschreitenden Flohmarkt. Und überall gibt es alte, gediegene, lässige, leuchtende und irritierende Dinge zu entdecken. Zum Teil können die bisherigen Besitzer zu ihnen auch eine Geschichte erzählen.
Erinnerungen an Udo Lindenberg
Beatrix Weber wird sich heute Abend von Erinnerungen trennen – und sie bewahren. Wie das geht? „Ich bin Udo-Lindenberg-Fan, seit ich 16 Jahre alt bin“, sagt die 63-Jährige. „Das schönste Konzert habe ich in meiner Jugend in der Oberschwabenhalle in Ravensburg erlebt. Ich war in der ersten Reihe und Udo hat dort allen die Hände geschüttelt“, erinnert sie sich. 20 Jahre später habe sie eines seiner Konzerte im Adlon erlebt. „Da schüttelte er schon keine Hände mehr.“

Die Bewunderung für sein Lebenswerk, seine Authentizität und seine Musik habe sie bis heute bewahrt, sie sei auch mit ihm gewachsen. „Jetzt trenne ich mich von der Hardware. Die Software aber bleibt in meinem Herzen.“
Er weiß gar nicht so genau, was er verkauft
Von einer Kuriosität will sich Marcus Frey trennen. „Dieses Teil ist eine Hassliebe“, sagt er und zeigt auf einen Gegenstand, der schwer zu beschreiben ist. Ein Staubwedel? Ein Kopfschmuck in einer Holzvitrine. Jedenfalls hat er ihn vor 15 Jahren auf einem Flohmarkt erworben. Einer seiner Gäste vermutete später, dass es sich um einen Kopfschmuck aus Papua-Neuguinea handelte.
Warum er ihn erworben hat? „Ich hatte zwei Flaschen Rosé getrunken und habe den Kauf am nächsten Tag bereut.“ 15 Jahre sind dennoch aus dem Zweckbündnis geworden. Jetzt aber will Marcus Frey „richtig Geld dafür“.

Auch bei der Kleidung wird es ausgefallen
An einem anderen Stand haben sich zwei Frauen gesucht und gefunden. Die Konstanzerin Sandra Fleißig erfindet sich gerade neu. Sie macht bei „Germany‘s Next Speaker Star“ mit, ist Singer-Songwriterin und will ins Rampenlicht, auf die Bühne, „sichtbar sein“. Da hat Hatica Jäger etwas für sie: einen paillettenbesetzten Blouson, glitzernd in Form eines Schmetterlings, der ihr hervorragend steht. Und auch er kommt nicht ohne Hintergrund über den Verkaufstisch. Er habe einer Seniorin gehört, berichtet Jäger, der Gründerin des Café Walker in Überlingen. Nun darf das Kleidungsstück erneut eine Besitzerin in den Fokus rücken.

Auch andere Frauen sind auf der Suche nach Kleidsamem. Agnes Cwalina ist aus Tuttlingen nach Konstanz angereist, mit dem Vorhaben, sich einen Sommermantel zu kaufen. Das hat gleich an einem der ersten Stände, an denen sie mit ihrem Mann stehen blieb, geklappt. „Er sollte etwas Besonderes sein und sehr leicht – und das ist er“, sagt sie. „Das Übliche gibt es schließlich überall.“

Trennung schweren Herzens
Claudia Rothmund wird sich an diesem Abend voraussichtlich von einer sehr langjährigen Begleiterin trennen: ihrer alten und treuen Puppe Melanie. „Ich habe sie als kleines Mädchen von meinen Eltern geschenkt bekommen. Mit dem Hinweis meiner Mutter, auf ihre schönen Haare aufzupassen. Ich fand sie ganz toll.“
Melanie wurde geliebt und dann auch verschönert: „Irgendwann fand ich, sie müsse zum Friseur. Deshalb sind ihre Haare hier nicht mehr ganz so hübsch“, räumt sie ein. Sie habe ein Bett und einen Kleiderschrank gehabt. „Es fällt mir schwer, sie herzugeben, aber nach all den Jahren ist das okay.“

Nicht jeder findet das Gesuchte
Joaquin Galar untersucht eine Trommel an einem Verkaufsstand an der Laube. Sie interessiert ihn, doch sie ist nicht, was er sucht. Der junge Mann ist Musiker und aus Argentinien nach Konstanz gekommen. Im Moment arbeitet er bei der Post. „Ich suche eine ganz spezielle Trommel, die ursprünglich aus Uruguay stammt.“ Bis er ein geeignetes Instrument findet, hat er einen Basketball erworben. Seine Freundin Anika Bermeo möchte noch Einrichtungsgegenstände für die Wohnung. „Wir brauchen erstmal etwas Stabilität. Dann können wir uns vielleicht als Musiker etablieren.“

Bei Tobias Deseyve gibt es einen Adler, dessen Augen glühen können. „Dieser Adler hier stand auf unserem Klavier in meinem Elternhaus. Und wir haben eine eher problematische Beziehung zueinander“, sagt er. Er habe stets unter seiner Aufsicht Klavier geübt „und wenn er angeschaltet war, wirkte er wirklich ein wenig furchterregend. Ich glaube, deshalb bin ich auch kein großer Klavierspieler geworden.“ Den Preis für den Adler kennt Deseyve bereits jetzt ganz genau. „Er wird für 22 Euro weggehen. Es ist Zeit, das nächste Klavier zu erfreuen.“

Schätze aus vergangenen Zeiten
Eine neue Dimension wird Linda Lenz aus Langrickenbach im Thurgau ihrer Liebe zur Musik künftig geben. An einem Stand an der Laube hat sie ein Grammofon gekauft. „Bisher habe ich mir Platten gern angesehen, hatte aber keinen Plattenspieler“, sagt sie. Einen Standard-Plattenspieler wollte sie nicht. Dennoch der Kauf des Grammofons war nicht geplant. Jetzt aber ist sie glücklich. „Das Grammofon ist schön und passt wunderbar zu unserer Wohnung.“