Der mögliche Einstieg der Thüga bei den Stadtwerken Konstanz liegt vorerst auf Eis und wird zunehmend unrealistisch: Oberbürgermeister Uli Burchardt hat am Donnerstag, 20. Juli, eine richtungweisende Entscheidung dazu im Gemeinderat überraschend von der Tagesordnung genommen.
OB: Wir haben keine Grundlage für eine mehrheitsfähige Idee
Ins Geraune von Kommunalpolitikern und zahlreichen Zuhörern hinein begründete er den Schritt damit, dass eine Entscheidung dazu im Moment offenbar nicht möglich sei. Es sei klar geworden, „dass wir noch keine gemeinsame Basis für eine mehrheitsfähige Idee finden.“ Bei einer Entscheidung dieser Tragweite ist ein solcher Schritt ungewöhnlich.
Wäre es zur Abstimmung gekommen, hätten Burchardt und die Stadtwerke eine eindeutige Niederlage erlitten mit ihrem Plan, vom Gemeinderat grünes Licht für eine Absichtserklärung mit weitreichendem Inhalt zu bekommen. Die Volksvertreter hätten darüber abstimmen sollen, ob die Stadtwerke einen Letter of Intent mit der Thüga AG unterzeichnen, mit dem Ziel, dass die beiden Partner eine Tochterfirma gründen.
Kann und muss das Energienetz in Konstanzer Hand bleiben?
Die Ausgründung einer Energie-Tochter mit Thüga-Beteiligung hätte faktisch einen Teilverkauf des bisher rein städtischen Energienetzes bedeutet. Im Aufsichtsrat hätte die Thüga eine Sperrminorität gehabt. Das Thema war seit Wochen in der Stadt intensiv diskutiert worden. Auch der SÜDKURIER hatte sich mit einem Debattenabend am 20. Juni an der Diskussion beteiligt.
OB Burchardt und Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Reuter, die beide massiv für den Thüga-Einstieg geworben hatten, konnten zuletzt nicht mehr auf eine mehrheitliche Unterstützung hoffen. Nachdem sich die Freie Grüne Liste und die Linke Liste schon früh gegen den Thüga-Einstieg positioniert hatten, wendete das angekündigte Nein der SPD wenige Tage vor der Sitzung endgültig das Blatt.
Zuletzt machte auch die OB-Partei CDU eine Kehrwende
Zuletzt versagte offenbar auch die CDU die Gefolgschaft. Dies geht aus einer Erklärung von Fraktionschef Roger Tscheulin hervor, die zu Sitzungsbeginn verschickt wurde. Ein Teilverkauf der städtischen Energienetze werde auch von der CDU kritisch gesehen, heißt es in dem inhaltlich auch für enge Beobachter überraschenden Wortlaut.
Mit der Ablehnung auch im bürgerlichen Lager ist unklar, ob der Einstieg eines Investors – auch wenn dieser wie die Thüga kommunale Wurzeln hat – bei den Stadtwerken Konstanz überhaupt noch denkbar ist. OB Burchardt sagte, noch am 9. Mai habe es im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss eine breite Mehrheit für Vertragsverhandlungen gegeben. Dies war nicht-öffentlich gewesen. In der folgenden Ausschuss-Sitzung war die Zustimmung schon nicht mehr so einhellig.
In der Folge sei es offenbar auch ihm persönlich nicht gelungen diesen Konsens weiterzuentwickeln. Er werde nun prüfen, bis wohin man zusammengebleiben sei, und dort neu ansetzen. Dabei nannte er den September als neuen Termin.
In der Politik waren die Reaktionen durchwachsen. Die CDU, obwohl nun auch gegen einen Thüga-Einstieg, begrüßte den Schritt des OB, jetzt keinen Beschluss herbeizuführen. Holger Reile von der Linken Liste dagegen kritisierte die OB-Entscheidung als „strategische Ausrede“. Eine eigentliche Diskussion könne es nicht geben, stellte der OB zu Beginn klar, weil das Thema ja nicht mehr auf der Tagesordnung stehe.