Mit Trillerpfeifen, lauten Rufen und Megafon zogen am vergangenen Streiktag die Arbeitnehmer unüberhörbar durch die Konstanzer Straßen. Auf dem See blieb es währenddessen ungewohnt ruhig: Wegen des Warnstreiks am Dienstag, 11. März, fuhren die Fähren der Stadtwerke Konstanz den ganzen Tag lang nicht. Doch nicht nur die: Auch die private Personenfähre MS Seegold, die Wallhausen mit Überlingen verbindet, blieb an diesem Tag im Hafen.
Pendler sind auf die Fähre angewiesen
Für regelmäßige Fahrgäste wie Dietmar Beuttenmüller war das ein Problem. Der Litzelstetter pendelt seit rund 14 Jahren viermal pro Woche mit der MS Seegold zur Arbeit nach Überlingen und ist deshalb beruflich auf die Fähre angewiesen. Da er kein Auto besitzt, sei das Schiff für ihn der praktischste Weg. Am Streiktag musste der Pendler auf andere Lösungen ausweichen. „Das ist natürlich ärgerlich“, so Beuttenmüller. Auch an den vergangenen Streiktagen am 13. und 21. Februar sei die MS Seegold nicht gefahren.
Dass ein privates Unternehmen während des Streiks im öffentlichen Dienst den Betrieb einstellt, könne Beuttenmüller nicht nachvollziehen: „Es fühlt sich für mich nicht richtig an.“ Besonders kritisch sieht er das, weil die Fähre in den Wintermonaten von den Städten Konstanz und Überlingen mit mehreren tausend Euro subventioniert wird. Aber warum ist das Privatunternehmen an dem Streiktag nicht gefahren?
Das sagt der Fährbetreiber
Eine Nachfrage bei Fährbetreiber Michael Giess ergibt: An Streiktagen lohne sich der Betrieb schlicht nicht. Im vergangenen Jahr sei die Fähre während der Streiktage noch gefahren. Doch da habe das Unternehmen festgestellt, dass die Nachfrage an diesen Tagen sehr gering ist: „Letztes Jahr im April beim Streik sind gerade mal sieben Personen mit dem Schiff gefahren“, erzählt Giess. „Das macht wirtschaftlich keinen Sinn und auch der Umwelt zuliebe nicht.“
Das Problem sei, dass viele Leute ohne den Busverkehr an den Streiktagen den Fährhafen in Wallhausen nicht erreichen oder von dort nicht mehr wegkommen. „Wallhausen ist an den Tagen ja die Endstation“, erklärt Giess. Die Fahrgäste seien rechtzeitig über die Internetseite, Aushänge auf der Fähre und in sozialen Netzwerken informiert worden. „Mehr können wir nicht tun“, betont der Inhaber.
Generell sei die Nachfrage nach der Fähre seit der Corona-Pandemie rückläufig. Am Freitag, 14. März, nutzten bis 16.30 Uhr beispielsweise 27 Personen die MS Seegold. „Da stellt sich schon die Frage, ob das noch Sinn macht“, so Giess. Vor der Pandemie sei das Geschäft noch gut gelaufen, doch unter anderem durch das verstärkte Homeoffice gebe es inzwischen deutlich weniger Pendler. „Wir bekommen zwar einen Zuschuss, aber der reicht hinten und vorne nicht.“
Das steckt hinter den Subventionen
Den finanziellen Zuschuss erhält das Unternehmen für den Winterbetrieb der MS Seegold von den Städten Konstanz und Überlingen. Laut Elena Oliveira, Pressereferentin der Stadt Konstanz, bezahlen beide Städte im Zeitraum von November bis März monatlich gemeinsam 5600 Euro an die Giess&Giess GmbH – insgesamt also 28.000 Euro pro Jahr. Die Subventionen seien an die Bedingung geknüpft, dass die Fähre in dem Zeitraum fünfmal täglich zwischen Wallhausen und Überlingen pendelt.
Der Grund für die Förderung: Die Schiffsverbindung soll den Autoverkehr reduzieren. Durch die Fähre könne eine Autostrecke von 34 Kilometern vermieden werden. „Das ist bei der Verkehrsbeziehung Wallhausen – Überlingen nur mit dem bestehenden Fährangebot möglich“, erklärt Oliveira.

Die Pressesprecherin der Stadt Überlingen, Andrea Winkler, betont die Bedeutung der Fähre für Schüler und Berufspendler. „Zugleich ist sie auch für mobilitätseingeschränkte Personen geeignet und stellt ein umweltfreundliches Transportmittel dar“, so Winkler.
Planen die Städte Konsequenzen?
Ob die Nichtbeförderung an den Streiktagen trotz der Subventionen Konsequenzen haben wird, werde derzeit von den Städten geprüft. „Wir stehen aktuell im Austausch mit der Stadt Konstanz zur weiteren abgestimmten Vorgehensweise“, sagt Winkler. Eine Entscheidung dazu werde noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen, wie Elena Oliveira mitteilt.
Für die Zukunft sagt Giess deutlich: Sollte es erneut zu einem Streik im öffentlichen Nahverkehr kommen, werde seine Fähre voraussichtlich wieder nicht fahren. „Wir machen das nicht, weil wir keine Lust haben – es lohnt sich einfach nicht“, so der Inhaber von Personenschifffahrt Giess und Giess.