Die Befürchtung einer Kundgebung im Zusammenhang mit dem vom Corona-Skeptiker Gerry Mayr angekündigten „Lichterlauf" sorgte am Sonntag für ein Großaufgebot der Polizei im Bereich des Konstanzer Trichters. Wie ernst die Polizei die Einhaltung des von der Stadt Konstanz erlassenen Kundgebungsverbots nahm, zeigte eine Episode des dreitägigen „Lichterlaufs", die sich bereits am Samstag zutrug.
Wie Gerry Mayr in einem Telefonat mit dem SÜDKURIER sagte, war er gegen 9 Uhr in Sipplingen mit drei Lauffreunden gestartet, wobei man sich verordnungskonform in zwei Zweiergruppen mit einem Abstand von etwa acht Metern aufgeteilt hatte. Bereits nach etwa einem Kilometer sei das Quartett von der Polizei gestoppt worden. „Man wollte uns das Laufen untersagen“, so die Wahrnehmung von Gerry Mayr, „aber nach einem konstruktiven Gespräch hat man uns gehen lassen.“
Der 55-Jährige rechnet dennoch mit einer Wertung als Ordnungswidrigkeit und schließt ferner nicht aus, dass ein Sportler aus der Gruppe aufgrund einer „grenzwertigen Äußerung“ wegen Beamtenbeleidigung angezeigt wird. Unabhängig davon verdeutliche der Zwischenfall, dass man ihm „mit aller Gewalt die Organisation einer Kundgebung unterstellen“ wolle. Er geht davon aus, dass über ihn längst „eine Akte nach Stasi-Vorbild“ existiert, außerdem sieht er sich in Alltagsgesprächen zunehmend üblen Beschimpfungen ausgesetzt.
Keine Ambition auf Position eines Querdenker-Chefs
Tatsächlich aber strebe er nicht nach der Position eines Chefs der Querdenker am Bodensee. Er vermutet, dass die Stadtverwaltung und Medien „mich in diese Schublade stecken wollen, aber das wird ihnen nicht gelingen“. Seine Aktionen dienten lediglich dem Zweck, die Menschen zum Nachdenken zu bringen. Gerry Mayr wähnt sich dabei in geistiger Verwandtschaft mit dem Tübinger Bürgermeister Boris Palmer, der sich „wegen eines kritischen Satzes zu den Corona-Verordnungen aus der Diskussion geschossen“ habe.
Viel Polizei am Konstanzer Trichter
Aus Sicht der Polizei ging es am Sonntag darum, die Einhaltung des Kundgebungsverbots zu garantieren. So stand ab der Mittagszeit auf dem Parkplatz bei Klein-Venedig etwa ein Dutzend Polizei-Fahrzeuge, etliche hatten Position auf der Marktstätte bezogen und entlang des Seeufers verdeutlichte die Polizei mit weiteren Fahrzeugen im Abstand von rund 100 bis 150 Metern, dass man an diesem Tag keine Demonstration gegen die Vorkehrungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zulassen werde.

Nach Angaben von Marcel Ferraro von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz gab es für den Sonntag insgesamt fünf Anmeldungen für Kundgebungen, die von der Stadt allesamt abgelehnt worden seien. Bei den Initiatoren habe es sich um Gegner der Corona-Verordnungen gehandelt.
Für die Polizei war vor allem wegen der Reaktionen auf das Verbot Präsenz geboten. So hatte Gerry Mayr, der als Corona-Skeptiker im Oktober mit einer geplanten Menschenkette rund um den Bodensee bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte, in den sozialen Medien für das Wochenende zu einem „Lichterlauf" von Dettingen über Wallhausen nach Konstanz aufgerufen. Die Formulierungen ließen zumindest vermuten, dass es möglicherweise im Laufe des Sonntagsnachmittags zu einer Versammlung oder Ansammlung in Konstanz kommen könnte.
Schon Mitte vergangener Woche hatte Dieter Popp als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim Konstanzer Polizeipräsidium angekündigt, dass „wir alles ins Kalkül ziehen und entsprechend vorbereitet sein werden“. Das bedeutete unter anderem, dass Kräfte des Bereitschaftsdienstes angefordert wurden. Nach Konstanz angereist waren beispielsweise Polizisten aus Köln.
Renitente Friedensläufer
Laut Polizei trugen Gerry Mayr und seine drei Mitläufer T-Shirts, durch deren Aufschrift die Teilnahme am „Friedenslauf-Bodensee“ zum Ausdruck kam. Wegen des Verhaltens eines Teilnehmers werde wegen Beamtenbeleidigung ermittelt, alle Teilnehmer des Lichterlaufs wurden wegen Verstoßes gegen die Corona-Verordnung angezeigt. Dem Aufruf zu den Demonstrationen am Sonntag folgten nach Polizeiangaben rund 50 Personen. Bei einer Kontrolle leistete eine 29-jährige Frau Widerstand, wodurch eine Polizeibeamtin leicht verletzt wurde.