Die Planungen erzeugen Kritik, die schon oft auch bei anderen Vorhaben in Konstanz zu hören war. Wo bleibt die Bürgerbeteiligung, wenn die Stadtverwaltung erst dann an die Öffentlichkeit geht, wenn alle Abwägungsprozesse über mögliche Standorte schon gelaufen sind?
Betreuung für 20 Kinder geplant
Der Unmut entzündet sich an einem verhältnismäßig kleinen Vorhaben: Auf dem Gelände der Spitalstiftung und des Landes soll eine weitere Niederlassung des Waldkindergartens für 20 Kinder ab drei Jahren entstehen, getragen durch den Verein Wurzelkinder.
Diese verbringen die meiste Zeit im Freien, sollen aber einen Bauwagen mit Grillplatz als feste Anlaufstelle bekommen. Um keinen neuen Verkehr in die umliegenden Straßen zu ziehen, soll der nahe Sportplatz im Hockgraben Sammelpunkt für die Kinder sein.
Die Stadt sieht im Naturkindergarten eine Möglichkeit, ohne großen baulichen Aufwand 20 neue, dringend benötigte Plätze der Kinderbetreuung zu schaffen. Sie hat zwölf Standorte untersucht und war zu dem Schluss gekommen, dass der am Ende des Fasanenwegs am besten geeignet sei.
Dies habe sie dann bei einer „besonderen Information“ in Allmannsdorf mitgeteilt und ausführlich dargelegt, wie der Naturkindergarten funktioniert und nach welchen Kriterien die Standorte beurteilt wurden, sagt Stadt-Sprecher Walter Rügert.
Ängste, Empfindlichkeiten und Abwehrreflexe
Fragen und Anregungen der Bürger seien aufgenommen worden. Eine weitere Informationsveranstaltung sei wegen der Corona-Krise verschoben worden. Alles weitere werde nun möglicherweise juristisch geklärt. Eine Klage sei aber bisher nicht eingegangen.
„Wir sind ergrimmt über die Art der Information“, erklärt Alexander Gebauer von der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf. Er ist überzeugt: Das hätte besser laufen können. „Wer Bürger frühzeitig einbezieht, kann viele Ängste, Empfindlichkeiten und auch übertriebene Abwehrreflexe vermeiden.“
Er hätte sich gewünscht, dass das Wissen und die Erfahrungen der Menschen vor Ort bei der Wahl des Standorts einbezogen werden. Dass die Bürger nur noch zum vorgestellten Ergebnis Stellung nehmen durften, betrachte er als Abklatsch einer echten Beteiligung. Zu allem Überfluss sei es bei der Informationsveranstaltung im Freien so dunkel geworden, dass von den gezeigten Plänen nicht viel zu sehen war.
Wochen nach diesem Termin sagt der Landwirt Ralf Sandmann, der direkt neben dem geplanten Waldkindergarten sein Feld hat, er habe bisher noch gar nichts von dem Vorhaben gewusst.
Er sei nur verwundert gewesen, warum plötzlich mitten in seinem Feld ein Pflock mit roter Markierung stand. Ob dieser etwas mit dem Bauvorhaben zu tun hat, ist zwar unklar. Aber auch Sandmann fühlt sich nicht ausreichend informiert.
Bürger hoffen auf Mitsprache
Dass es in Konstanz Leitlinien für Bürgerbeteiligung gibt, weckt nicht zum ersten Mal Hoffnungen auf ein Maß an Mitsprache, die vielfach gar nicht vorgesehen ist. Denn eine intensive Einbindung der Bürger, die über Anregungen während der Planungsprozesse hinausgeht, gibt es nur bei Projekten, die besondere Relevanz haben.
Dies hatten Vertreter aus Bürgerschaft, Verwaltung und Politik in einer Kompromisslösung festgelegt. Walter Rügert spricht von einem wesentlichen öffentlichen Interesse, das vorliegen müsse.
Dann informiere die Stadtverwaltung frühzeitig, indem sie eine Projektbeschreibung auf die alle halbe Jahre neu erscheinende Vorhabenliste setzt. Der Gemeinderat sichtet diese, kann sie verändern und dann die Veröffentlichung beschließen. Und er kann sie für eine umfangreiche Bürgerbeteiligung vorschlagen.
Wenn er das nicht macht, haben auch Bürger selbst diese Chance: Sie müssen dafür 800 Unterschriften von über 16-Jährigen mit Erstwohnsitz Konstanz sammeln – oder 200, wenn es nur einen Stadt-/Ortsteil betrifft.
„Nur wenige Anwohner betroffen“
Der Waldkindergarten stand nicht auf der Vorhabenliste. Vom Projekt seien „nur wenige Anwohner im Fasanenweg mittelbar betroffen“, heißt es von der Stadtverwaltung.
Als gelungene Beispiele für Bürgerbeteiligung nennt sie die Planungen für die Bebauung des Hafners und der Christiani-Wiese. Mit dem zweiten Projekt machte Konstanz im Februar beim Bundes-Wettbewerbs für vorbildliche Bürgerbeteiligung Furore. Die Stadt bekam den Sonderpreis für innovatives Herangehen.