Das Campus-Festival war noch möglich, doch wenige Tage später sperrt die Stadt Konstanz das Bodensee-Stadion für größere Veranstaltungen. Auch zehn Tage nach der überraschenden Entwicklung sind Erstaunen und teils Empörung groß. Nun wird klar: Die Liste der Hausaufgaben, die im Bodensee-Stadion zu machen sind, ist ziemlich lang. Dies geht aus einer Aufstellung des Baurechts- und Denkmalamts hervor, die die Stadt Konstanz dem SÜDKURIER auf Nachfrage zur Verfügung gestellt hat.
Gravierende Sicherheitsmängel
Die Zusammenfassung zeigt aber auch, dass die Sicherheitsmängel beim Campus-Festival nicht bestanden. Weil die Veranstalter sie durch zwar sichere, aber eben nur vorübergehende Lösungen behoben hatten. Für kleinere Veranstaltungen, bei denen deutlich weniger Besucher kommen oder nicht so hohe Eintrittspreise verlangt werden können, ist das nach Aussage des langjährigen Konzertveranstalters Dieter Bös dagegen nicht möglich.

Die Mängelliste umfasst elf Hauptpunkte. Auf eine entsprechende Frage des SÜDKURIER erklärt die Stadtverwaltung, die Mängel seien „seit Oktober 2022 bekannt“. Dem stehen die Aussagen von langjährigen Kennern des Stadions wie auch ein SÜDKURIER-Bericht von 2012 entgegen, wonach denen einige der Probleme schon zehn Jahre zuvor bekannt waren und öffentlich diskutiert wurden. Laut Verwaltung wurden die Mängel „zum Teil bereits durch die Stadt behoben bzw. werden im Rahmen des Sicherheitskonzeptes von Großveranstaltungen durch den Veranstalter erbracht.“
Schon vor elf Jahren klar: So geht es im Stadion nicht weiter
Nun liegt die aktuelle Mängelliste vom Juni 2023 vor (Ziffern wie im Original). Wir dokumentieren sie hier vollständig, untergliedert in die drei großen Themen Fluchtwege und Alarmierung, Brandschutz und Baulichkeit:
Die Mängel beim Thema Fluchtwege und Alarmierung
(1) Im Stadion ist keine Fluchtkennzeichnung vorhanden: Dies werde bei Großveranstaltungen über den Veranstalter erbracht. (2) Ausgangsbreiten bei einer Stadionnutzung bis 12.500 Personen betragen weniger als 2,80 Meter: Dies sei „behoben“. (6) Eine Sprachalarmierungsanlage ist nicht vorhanden bzw. entspricht nicht dem Stand der Technik. Bei Großereignissen werde dies von den Veranstaltern erbracht, bei kleineren bis 1000 Besucher ist das nicht erforderlich.
Diese Mängel in Sachen Brandschutz bestehen laut Stadt
(3) Nachweis einer Löschwasserversorgung liegt nicht vor: „Wurde erbracht“. (4) Die Wege vom Hydranten zu manchen Punkten im Stadion sind viel zu weit. Hier habe man mit provisorisch verlegten Schläuchen gearbeitet. Grundsätzlich brauche es einen neuen Hydranten inklusive Leitungsverlegung. (5) Innerhalb von Arbeitsbereichen ist die Anzahl der Feuerlöscher zu prüfen – wird kurzfristig behoben. (7) Für die Stadionnutzung sind keine Flucht- und Rettungswegpläne vorhanden, (8) Es sind keine Feuerwehrpläne vorhanden und (9) Es ist keine Brandschutzordnung vorhanden: Alles drei werde bei Großveranstaltungen über Veranstalter im Rahmen des Sicherheitskonzeptes erbracht.

Mängel an der baulichen Infrastruktur
Hier bemängelt das Baurechts- und Denkmal unter (10): „Im Bereich der vorhanden Treppenanlagen müssen zusätzlich auf beiden Seiten feste und sichere Handläufe angebracht werden, ggf. plus Mittelhandläufe.“ Diese Geländer an den Stellen, wo es im Stadion rund keine hohen Sitz- sondern niedere Gehstufen gibt, sind nach Angaben der Stadt „der größte Kostenpunkt und könnte variieren je nach Variante der Machbarkeitsstudie bzw. je nachdem, wie das zukünftigen Nutzungskonzept aussieht, das der Gemeinderat beschließt.“ Schließlich es ein Mangel dass (11) ein fester Zaun um das Spielfeld herum existiert habe. Der wurde inzwischen von der Stadt abgebaut und zugleich von den Veranstalter des Campus-Festivals über eine größere Länge dann wieder aufgebaut.

Die CDU und die Junge Union wollen Investitionen
Mit solchen Provisorien soll jetzt Schluss sein – zumindest bis auf weiteres, findet die CDU. Als erste der großen Ratsfraktionen (sieben von 40 Sitzen) haben sich nun die Christdemokraten in Sachen Bodensee-Stadion positioniert. Zusammen mit dem Kreisverband der Jungen Union (JU) fordert die CDU: „Das Bodenseestadion muss wieder fit für Großveranstaltungen werden.“ Dafür brauche es kurzfristige Nachbesserung. Zudem müsste sich die Stadt Konstanz „auch langfristig zum Bodensee-Stadion bekennen und alle, die sich hier eine Fläche für Kultur, Freizeit und Sport wünschen, ins Boot holen.“

Allerdings lässt sich die CDU eine Tür offen, indem sie ein seit langem immer mal wieder diskutiertes, aber nie wirklich begonnenes Projekt anführt: Fraktionschef Roger Tscheulin erinnert in einer Erklärung an „die schon lange angestrebte Entwicklung des Gebiets ‚Horn‘“, die allerdings wohl „noch einige Jahre dauern“ dürfte. Unter anderem waren am Horn schon einmal der Bau eines Wellness-Hotel oder auch weitere Nutzungen im Gespräch. Trotzdem müssten jetzt zum Beispiel Strom- und Wasserversorgung ertüchtigt und die nötige Notfall-Infrastruktur bereitgestellt werden.
Insbesondere die Junge Union verknüpft den Erhalt des Bodenseestadions für Festivals und Konzerte auch mit der Debatte um das Kulturangebot für junge Menschen in Konstanz: Der Vorsitzende des JU-Stadtverbandes Konstanz, Nicolas Flöß, erklärt dazu, die Instandsetzung des Bodenseestadions sei „eine Investition in die Zukunft unserer Kulturlandschaft und ein klares Bekenntnis zur jungen Generation.“ So entstehe auch ein „Raum, in dem sich junge Talente entfalten können“.