„Es ist Sommer!“, lacht Ingrid Hübner und wedelt sich mit ihrem Fächer Luft zu, so „frisch“ wie eben möglich bei 34 Grad auf dem Markdorfer Marktplatz. „Wenn‘s regnen würde, wären wir sicher nicht hier“, pflichtet Freundin Simone Deeg bei. Die Temperaturen, nein, die gehörten zum Sommer und eben dieser Festival-Stimmung dazu, finden die Immenstaaderin und ihre Freundin aus Fischbach.

Der Fächer scheint bei den Frauen ein probates Mittel gegen die Hitze zu sein. „Bei Regen wären wir sicher nicht hier“, freuen sich ...
Der Fächer scheint bei den Frauen ein probates Mittel gegen die Hitze zu sein. „Bei Regen wären wir sicher nicht hier“, freuen sich Ingrid Hübner (links) und Simone Deeg über das Sommerwetter. | Bild: Helga Stützenberger

Aus Triberg an den Gehrenberg

Blickt man gegen 19 Uhr über den Marktplatz, scheint die Idee mit dem Fächer bei den Damen ein durchaus probates Mittel gegen die Hitze zu sein. Einerseits, um den anhaltend hohen Temperaturen Frau zu werden, andererseits vielleicht auch, um der aufgeregten Erwartung von Skin, der charismatischen Frontfrau von Skunk Anansie, mit luftiger Nonchalance zu begegnen.

Patrick Nock hat vor 30 Jahren Skunk Anansie als Vorband von Lenny Kravitz kennengelernt. Heute ist er mit Ehefrau Claudia in Markdorf ...
Patrick Nock hat vor 30 Jahren Skunk Anansie als Vorband von Lenny Kravitz kennengelernt. Heute ist er mit Ehefrau Claudia in Markdorf auf seinem fünften Konzert der britischen Kultband. | Bild: Helga Stützenberger

Viele Fans haben sich bereits um die Bühne versammelt, welche den Platz dank ihrer Höhe etwas beschattet. Noch ist davon reichlich vorhanden und noch lassen sich die Aufschriften der T-Shirts auch aus der Entfernung lesen. Auf Patrick Nocks Rücken etwa prangen sämtliche Tourdaten von Skunk Anansie. „Vor dreißig Jahren habe ich die zum ersten Mal als Vorband von Lenny Kravitz gesehen“, sagt der Triberger. Er sei schnell zu einem ihrer größten Fans geworden. Es sei das fünfte Konzert, das er nun besuche. Seine Frau allerdings sei Novizin was die Auftritte der britischen Kultband anbelangt.

Für Eva Purschke aus Stuttgart geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung: In Markdorf hat sie endlich eine Karte bekommen für ein ...
Für Eva Purschke aus Stuttgart geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung: In Markdorf hat sie endlich eine Karte bekommen für ein Konzert von Skunk Anansie. | Bild: Helga Stützenberger

Noch nie auf einem Konzert von Skunk Anansie war auch Eva Purschke – und wäre es doch so gern längst einmal gewesen. „Jetzt hat es endlich geklappt, dass ich eine Karte bekommen habe“, sagt die 65-Jährige, die sich ebenfalls als Riesen-Fan outet. Aus Stuttgart sei sie gekommen und verbringe nun ein paar Tage in Oberteuringen und am See.

Mädels-Abend 1: Weil das Konzert von Skunk Anansie in München ausverkauft war, sind Judith Faig (links) und Tine Korban von Augsburg ...
Mädels-Abend 1: Weil das Konzert von Skunk Anansie in München ausverkauft war, sind Judith Faig (links) und Tine Korban von Augsburg nach Markdorf gekommen. | Bild: Helga Stützenberger

Judith Faig und Tine Korban tun‘s ihr gleich. „München war ausverkauft“, benennen die beiden den Grund ihres Ausflugs von Augsburg nach Markdorf. „Jetzt genießen wir hier das Sommerwetter“, beim Baden und Tretbootfahren seien sie an diesem heißen Nachmittag bereits gewesen. Tags darauf möchten sie noch zum Wandern, sofern das Wetter mitspiele. Möglichkeiten gibt‘s rund um Markdorf ja zuhauf.

Mädels-Abend 2: Aus Ravensburg nach Markdorf gekommen sind die beiden Freundinnen Simone Treitl (links) und Gabriela Bleile.
Mädels-Abend 2: Aus Ravensburg nach Markdorf gekommen sind die beiden Freundinnen Simone Treitl (links) und Gabriela Bleile. | Bild: Helga Stützenberger

Überhaupt scheinen die Frauenquote und Mädels-Dynamik an diesem Abend hoch zu sein. „Wir treffen uns regelmäßig und unternehmen etwas zusammen“, verraten die beiden Ravensburgerinnen Gabriela Bleile und Simone Treitl. Und so sei das Skunk Anansie-Konzert dieses Mal eben der Grund für den ihrigen Mädels-Abend.

Das könnte Sie auch interessieren

„Gefühlt vor 30 Jahren habe ich die Band bei Rock am See in Konstanz schon einmal gesehen“, sagt Gabriela Bleile und erweist sich auch gleich als rege Konzertgängerin: Fury in the Slaughterhouse vergangene Woche in Meersburg und vielleicht noch ein weiteres Konzert in Markdorf.

Ob die beiden auch die neuen Songs von Skunk Anansie kennen? „Ja, klar“, sind sich die beiden einig. Und im Vergleich zu den alten? „Vielleicht ein bisschen softer“, ist ihre Einschätzung. Wie sich das allerdings live anfühlt, darauf sind sie gespannt.

Hände, Handys, Sonnenhüte: Ein glühend heißer Tag gipfelt in einem ebenso heißen wie fulminanten Auftritt von Skunk Anansie.
Hände, Handys, Sonnenhüte: Ein glühend heißer Tag gipfelt in einem ebenso heißen wie fulminanten Auftritt von Skunk Anansie. | Bild: Helga Stützenberger

Die Lautstärke ist gewaltig

Und dann taucht sie auf. Live und in Farbe und in ihrer alles einnehmenden Präsenz. Und mit ihr tauchen unzählige Gesichtsausdrücke und Emotionen auf. Die Lautstärke ist gewaltig, der Bass sorgt für ordentliches Wummern und kräftige Windstöße in der hitzigen Stimmung. Was in den Songs der ersten Minuten buchstäblich atemberaubend wirkt, in seinem vor Power strotzenden Ausdruck, wird bald von bekannten Songs wie „Hedonism“ in eine weichere, eine nach Sinnenlust strebende Richtung gelenkt.

Eine Frau – unzählige Gesichter. Skin, Frontfrau von Skunk Anansie, erweist sich in ihrem Ausdruck, aber auch in ihrer Musik ebenso ...
Eine Frau – unzählige Gesichter. Skin, Frontfrau von Skunk Anansie, erweist sich in ihrem Ausdruck, aber auch in ihrer Musik ebenso wandelbar wie charismatisch. | Bild: Helga Stützenberger

Wie soft und sinnlich Skin wirklich sein kann, lässt sie ihr Publikum dann auch hautnah spüren. Mehrfach verlässt sie die Bühne, begibt sich mitten in die Menschenmenge, wird eine von ihnen, eine von allen. „All people are all fucking equal“ ist dabei ihre Botschaft: „Alle Menschen sind verdammt nochmal gleich.“

Das könnte Sie auch interessieren

Skin bringt politische Themen auf die Bühne

Überhaupt sind ihre Songs geprägt von feministischen, aber auch politischen Themen. „Everything‘s political, yes, it‘s fucking satirical“, singt sie – das f-Wort strapazierend, wie sie es schon vor 30 Jahren tat. Nichts hat an der Aktualität ihrer Texte verloren und gilt noch heute. „Any change is a good change“: „Jeder Wandel ist ein guter Wandel.“

Weltstar zum Anfassen: Gleich zweimal begibt sich Skin in die Menschenmenge, wird eine von ihnen und lässt sich von ihren weiblichen ...
Weltstar zum Anfassen: Gleich zweimal begibt sich Skin in die Menschenmenge, wird eine von ihnen und lässt sich von ihren weiblichen Fans umarmen. | Bild: Helga Stützenberger

Und apropos Veränderung: Die Sonne hat sich längst verabschiedet, die Hitze ist geblieben. Am Himmel zucken die ersten Blitze – oder ist‘s die Schimäre der letzten Lichter des Stroboskops? Die Eindrücke verschwimmen, oben wird zu unten und unten zu oben. Die Menschen stehen kopf ob dieser „fucking“ verrückten, dieser fulminanten Bühnenshow zum Anfassen.

Am Ende verschwimmen die Konturen zwischen Nebel, Dampf und nächtlicher Hitze.
Am Ende verschwimmen die Konturen zwischen Nebel, Dampf und nächtlicher Hitze. | Bild: Helga Stützenberger

Auch Skin ist wieder verschwunden wie eine Erscheinung aus dem Nebel, der Tour-Laster lädt auf dem Marktplatz das Equipment ein. Zurück bleiben Bilder eines Gesichtes, das Ausdruck eines ganzen Lebens vereint.

Abschied vor jubelndem Publikum: Skunk Anansie winken am Ende des Abends in die Menge.
Abschied vor jubelndem Publikum: Skunk Anansie winken am Ende des Abends in die Menge. | Bild: Reiner Jäckle

Es war gewiss nicht das publikumsstärkste der fünf Konzerte, die Skunk Anansie in Deutschland geben, aber mit ziemlicher Sicherheit das heißeste. In vielerlei Wortsinn.