Huch, was summt denn da? Ist es für Stechmücken nicht eigentlich Ende Oktober viel zu spät? Offenbar nicht, denn die fiesen Plagegeister sind immer noch unterwegs und stechen zu.
Dass dies zumindest bei einigen Arten ein neues Phänomen ist, bestätigt der Biologe Gregor Schmitz, der an der Universität Konstanz für den Botanischen Garten zuständig ist. Seine Entdeckung machte er aber im eigenen Garten zu Hause in Wollmatingen. „Ich wurde dort noch im Spätherbst von Insekten angegriffen“, erzählt er dem SÜDKURIER.

Und was macht ein Biologe in einem solchen Fall? Na klar: „Ich habe mir die Tiere geschnappt und durchbestimmt“, sagt Schmitz. So konnte er Arten wie die Ringelmücke ausschließen. Erkannt hat er dabei aber auch Asiatische Tigermücken, unter anderem anhand der fünf weißen Ringe an ihren Füßen der Hinterbeine.

Die Asiatische Tigermücke tauchte in diesem Sommer erstmals in Konstanz auf, worüber Experten gar nicht glücklich sind. Denn ihr Stich kann starke Reaktionen verursachen und sie kann Krankheitserreger wie die des Dengue-, Chikungunya- oder des Zikavirus übertragen. In diesem Jahr wurden deshalb elf Eiablagefallen entlang der Seestraße angebracht. Eines der Stäbchen dieser Fallen wurde laut Stadtverwaltung im August positiv getestet.
Um die Ausbreitung der aggressiven Art in Konstanz zu verhindern, empfahlen Experten eine biologische Bekämpfung im Umkreis von 100 Metern um die betroffene Falle. Dies setzte die Stadt Konstanz um. Sinnvoll sei dieses Vorgehen allerdings nicht gewesen, sagt Rainer Bretthauer. Die wichtigsten Infos zur Tigermücke in Karlsruhe finden Sie hier.
„Die Ausrottungsaktion war witzlos“
Er war einst Akademischer Direktor für Biologie und Strahlenschutz an der Universität Konstanz. „Diese Ausrottungsaktion sollte die Volksseele beruhigen, war aber witzlos“, urteilt der 86-Jährige und begründet: „Tigermückenlarven kommen an Fließgewässern wie dem Seerhein gar nicht vor!“
Gregor Schmitz forschte aber noch weiter in seinem Garten und siehe da, er fand in der Regentonne Mückenlarven. „Diese habe ich schlüpfen lassen und die erwachsenen Tiere dann ebenfalls bestimmt. Das waren andere Arten, keine Tigermücken“, sagt der Biologe. Unter anderem entwickelte sich bei ihm die Japanische Buschmücke. Diese erkannte er an nur drei weißen Ringen an den Füßen der Hinterbeine.
Wasser spielt eine entscheidende Rolle
Generell hat das Vorkommen der stechenden Insekten mit Gewässer zu tun. Hierbei werden zwei Arten unterschieden: Die eine Sorte sind Überschwemmungsmücken. Sie legen ihre Eier in Ufernähe ab, diese bleiben den ganzen Winter über dort liegen. Erst, wenn das Wasser sie überspült, schlüpfen die Larven. Dafür muss der Bodensee einen Pegel von 3,90 aufweisen; derzeit liegt er bei nur 3,27 Metern. „Bodenseeschnaken schwirren also momentan nicht herum“, sagt Rainer Bretthauer.
Aber nicht nur der Wasserstand, auch die Luft spielt eine wichtige Rolle. „Feuchte Jahre sind gute Mückenjahre“, sagt Gregor Schmitz. In diesem Sommer war es lange heiß und trocken, das mögen die Larven der Stechtiere nicht. „Es könnte sogar sein, dass Hitze und Trockenheit auch die Population fürs kommende Jahr mit zerstört oder reduziert haben“, so der Biologe.

Ei-Schiffchen dümpeln in Tümpeln
Die zweite Art von Mücken benötigt keinen riesigen See, sondern die Weibchen legen Ei-Schiffchen in Tümpeln, Pfützen oder Regentonnen ab, direkt auf der Wasseroberfläche. Die Asiatische Tigermücke macht es noch etwas anders: Sie klebt die Eier oberhalb des Wasserpegels an die Wand eines Behälters. So können die Eier mehrere Monate lang im Trockenen den Winter überdauern, bis die Larven im Frühling schlüpfen, wenn sie mit Wasser überschwemmt werden.
Übrigens überleben im Winter auch ausgewachsene Mücken in Hauseingängen. „Die hängen dann irgendwo in den Ecken herum, stechen aber nicht“, erläutert der Biologe. Denn sie nehmen im Winter keine Nahrung auf. Erst, wenn es im Frühling wärmer wird, legen sie ihre Eier ab.
Tipp: Wasserflächen trockenlegen
Wenn im Spätherbst also noch Stechmücken umherschwirren, liegt das daran, dass es vermehrt regnet, sich überall Pfützen bilden und Larven schlüpfen können. Auch die warmen Temperaturen begünstigen diese Entwicklung, denn die erwachsenen Tiere, die derzeit unterwegs sind, mögen es laut Rainer Bretthauer weder feucht noch kalt. Und ihre Larven schlüpfen in wärmerem Wasser schneller.
Die nächste Generation kann sich schon nach zwei bis drei Wochen entwickeln. Daher ein Tipp: Wer alle kleinen Wasserflächen – den Mücken reicht schon eine dauerhafte Lache in einer Plastikplane – regelmäßig trockenlegt, hat die Plage zumindest in seinem Garten unter Kontrolle.