Ein Klebestreifen mit Pfeilen zeigt es unmissverständlich an: „Hier Scannen“. Die neue Osiander-/Thalia-Filiale im Lago-Einkaufszentrum hat vier Kassen, an denen Kunden den Artikel selbst zum Bezahlen verbuchen – ganz ohne Kassierer. Für mache Händler und Kunden gehört die neue Technik zum Geschäftsalltag, für andere ist sie ein rotes Tuch. Überraschenderweise auch für eine bekannte regionale Kette – Edeka Baur.
Geschäftsführerin Sabine Seibl sagt, ihre Märkte hätten keine Selbstbedienungskassen, und es sei auch nicht geplant, diese anzuschaffen. Das verwundert, weil Baur eher zu den Vorreitern bei Neuerungen gehört. Seibl aber sieht das anders: Diese Kassen seien für einen Supermarkt, der auch Alkohol verkauft, gar kein Vorteil. Denn jedes Mal, wenn jemand Alkoholisches einscanne, stoppe der Vorgang, und ein Mitarbeiter müsse sich von der Volljährigkeit des Kunden überzeugen.
Wenn es um die Schnelligkeit bei einem größeren Einkauf mit vielen Artikeln geht, dann reiche es auch nicht aus, eine klassische Kasse durch eine Selbstscan-Kasse zu ersetzen, es brauche dann schon zwei. Denn Kunden seien beim Verbuchen langsamer als eine Verkäuferin, bei der die Arbeit an der Kasse nun einmal zum Alltag gehöre.

Kasse als letzte Visitenkarte
Viele Kunden müssten zunächst auch angeleitet werden. Unter dem Strich seien Selbstbedienungskassen so intensiv in der Betreuung, dass sowieso ein Mitarbeiter bereitstehen müsse. Für Menschen, die es eilig und nur wenige Artikel haben, gebe es in den Edeka-Baur-Märkten die Schnellkassen mit Bedienung.
Und Sabine Seibl gibt noch etwas anderes zu bedenken: Der Kassiervorgang sei „die letzte Visitenkarte“, die ein Unternehmen mitgeben könne. Die Edeka-Baur-Märkte würden eher in eine ganz andere Richtung denken. So seien schon „Plauder-Kassen“ in der Diskussion, an denen die Menschen Ansprache finden. „Wir haben sie nicht, aber wir haben es im Hinterkopf.“
Die Buchhandlung Osiander dagegen fährt wie viele andere eine Doppelstrategie. Wer will, kann an die klassischen bedienten Kassen gehen, aber es stehen auch die Selbstbedienungskassen bereit. Laut Geschäftsführer Christian Riethmüller sind es sieben in den beiden Konstanzer Buchläden im Lago und in der Kanzleistraße. Der Betrieb nennt sie „Schnellkassen“. Etwa zehn bis 15 Prozent der Käufer nutzen das Angebot.
Ob er Steigerungen erwarte? „Ja, deutliche sogar, da sich die Menschen immer mehr daran gewöhnen.“ Andere Märkte machten dies auch: „Das wird in den nächsten Jahren immer mehr werden.“ Die Selbstbucher-Kassen würden gern in Zeiten des großen Andrangs genutzt, also etwa in den Ferien, an Samstagen und an Brückentagen, so Riethmüller weiter. Zu diesen Zeiten wollten Kollegen auch gerne frei machen. „Somit helfen diese Schnellkassen, dass die Mitarbeitenden bessere Arbeitszeiten haben.“
Vorteile der Selbstscan-Kassen?
Sie seien zudem geeignet, um der Personalnot im Einzelhandel zu begegnen. „Bei Osiander setzen wir in 61 Läden zirka 100 Schnellkassen ein, deshalb hat niemand seinen Arbeitsplatz verloren.“ Die Kunden hätten den Vorteil, dass es an den Selbstbedienungskassen deutlich schneller gehe. Es gebe aber auch die herkömmlichen. „Bei uns hat somit jeder die Wahl.“ Wer den vollen Service wolle, bekomme ihn. „Das wird definitiv so bleiben.“
Im Konstanzer Toom-Baumarkt gibt es nach Angaben der Unternehmenssprecherin Daria Ezazi vier Selbstbedienungskassen. An allen kann mit Karte, an einer auch mit Bargeld bezahlt werden. Ohne ins Detail zu gehen, sagt sie, diese würden sehr gut angenommen. Man wolle aber keine Zahlen veröffentlichen.
Die Selbstscan-Kassen erleichterten den Umgang mit sperrigen Artikeln und schafften bei Kollegen Freiräume für andere Aufgaben. Diese könnten sich etwa vermehrt an der Information den Fragen der Kunden widmen. Die Technik sei vielfach im Handel erprobt.
Bei den Kunden kommt die Selbstbedienung an der Kasse ganz unterschiedlich an. „Für kleine Einkäufe ist es super“, sagt Stefanie Bottke, die am Bodensee Urlaub macht. Die freiberufliche Autorin Christiane Hübner hat sich zeigen lassen, wie die Selbstbedienungskasse funktioniert. „Es ist wirklich einfach.“ Und es sei praktisch: Es gehe schnell, man müsse nicht Schlange stehen, und das Zahlen per Karte favorisiere sie sowieso.
Einkauf wird „noch unpersönlicher“
Auch die 18 Jahre alte Vanessa Gartmann ist von der Selbstbedienungskasse überzeugt: „Meistens geht es schneller.“ Sie fügt an: „Wenn man es ein- oder zweimal gemacht hat, dann ist es gar nicht schwer.“ Wenn man es eilig habe, sei es gut, diese Möglichkeit nutzen zu können.

Ihre 43 Jahre alte Mutter Sandra Gartmann meldet dagegen Bedenken an. „Ich habe es schon probiert. Aber ich gehe lieber an eine normale Kasse.“ Sie hat Sorge, dass Mitarbeiter eingespart werden. „Das ist nicht in meinem Sinn.“ Ihr gefalle es auch nicht, dass der Einkauf „noch unpersönlicher wird“. Sie wechsele doch gern ein paar Worte an der Kasse.
Also sind junge Menschen eher überzeugt von den neuen Kassen als die älteren Kunden? Der 19 Jahre alte Alessandro Petricciuolo widerspricht. Ihm fehle noch das rechte Vertrauen – trotz seiner Jugend. Er schätze es, mit einem Menschen an der Kasse umzugehen, der seinen Job gern macht. Dieser rufe ihm auch hinterher, wenn er mal einen Artikel vergessen habe, anders als ein automatisiertes System.

Auch Enver Trolli ist skeptisch: Er gehe lieber an eine von Personen bediente Kasse. Er hat Sorge, dass er bei der Selbstbedienungskasse aus Versehen einen Artikel vergessen und er dann des Diebstahls bezichtigt werden könnte.