Gut 200 Schülerinnen und Schüler sitzen im unteren Saal des Konzils. Sie alle dürfen am 9. Juni zum ersten Mal bei der Kommunalwahl wählen. Moderator Felix Pfäfflin fragt, ob sie schon wissen, wem sie ihre Stimme geben. Wer ja sagen will, soll trampeln. Daraufhin geht ein Rumpeln durch den Saal. Es ist eine Abstimmung mit den Füßen, und sie zeigt: Der Gesamtelternbeirat hat etwas sehr richtig gemacht, als er diese Veranstaltung angesetzt hat.

Ja, von den mehreren tausend jungen Konstanzerinnen und Konstanzern ab 16 Jahren, die in dreieinhalb Wochen zum ersten Mal mitbestimmen dürfen, wer in Stadt, Landkreis und Europa ihre Interessen vertritt, ist nur ein kleiner Teil gekommen. Und auf Pfäfflins Frage, wer auf Druck von Lehrerin oder Lehrer da ist, rumpelt es schon lauter. Aber die, die da sind, nutzen die Gelegenheit und engagieren sich.

Das beginnt schon mit den Fragen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde kommen sieben Kandidierende auf die Bühne: Manfred Hensler (73, FDP), Anke Schwede (59, Linke Liste), Agnieszka Vojta (Junges Forum), Susanne Heiss (59, Freie Wähler), Khaled Badawi (19, SPD), Nicolas Flöß (22, CDU) und Lisa Kreitmeier (25, Freie Grüne Liste/Grüne).

Sie diskutieren auf Einladung des Gesamtelternbeirats mit Erstwählern (von links): Manfred Hensler (FDP), Anke Schwede (Linke Liste), ...
Sie diskutieren auf Einladung des Gesamtelternbeirats mit Erstwählern (von links): Manfred Hensler (FDP), Anke Schwede (Linke Liste), Agnieszka Vojta (Junges Forum), Susanne Heiss (Freie Wähler), Khaled Badawi (SPD), Nicolas Flöß (CDU) und Lisa Kreitmeier (Freie Grüne Liste/Grüne). | Bild: Rau, Jörg-Peter

Nicht auf dem Podium dabei ist das Bündnis KN Kommt. Und Petra Rietzler, die nicht nur Vorsitzende des Gesamtelternbeirats (GEB), sondern auch SPD-Gemeinderatskandidatin ist, erklärt: Zu spät hätten sich die Newcomer gemeldet. Außerdem seien Facebook-Beiträge aus den Reihen des Bündnisses inakzeptabel; in einem wird Bundeskanzler Olaf Scholz direkt mit Adolf Hitler verglichen, was KN-Kommt-Spitzenkandidat Michael Blümm am Vorabend beim SÜDKURIER-Podium bekräftigt hatte.

Für Rietzlers Erklärung – „diesen Menschen wollen wir keine Bühne bieten“ – gibt es Beifall. Genauso wie für ihre Aussage, man habe die AfD nicht eingeladen, um die jungen Zuhörer vor einer Partei zu schützen, die in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft werde. Dabei tritt die AfD für den Konstanzer Gemeinderat gar nicht an.

Moderator Felix Pfäfflin, Petra Rietzler vom Gesamtelternbeirat sowie Youri Tzschetzsch von der Konstanzer Jugendvertretung.
Moderator Felix Pfäfflin, Petra Rietzler vom Gesamtelternbeirat sowie Youri Tzschetzsch von der Konstanzer Jugendvertretung. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Welche Positionen dort vertreten werden, zeigen die Antworten auf die Fragen, die die Schülerinnen und Schüler auf Zettel schreiben können und die Moderator Felix Pfäfflin an ausgewählte Kandidierende stellt und zugleich die Redeanteile fair verteilt. Hier wird deutlich, dass es vor allem die Unterschiede in den Persönlichkeiten sind, die die Auswahl ausmachen, und weniger die in den Programmen.

Oft liegen die Positionen nah beisammen, so wollen jetzt irgendwie alle die Idee für ein Azubi-Wohnheim erfunden haben, die Christian Koßmehl von den Freien Wählern schon vor Jahren eingebracht hatte. Im Streben nach der weitgehend klimaneutralen Stadt geht es eher um den Weg als das Ziel.

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Kurz tritt auch noch Hannah Pütter auf, die zusammen mit Erik Romera Tiedemann und Jakob Staemmler die Organisation Junge Europäer – JEF Konstanz vertritt. Sie erinnert daran, dass am 9. Juni auch das Europaparlament gewählt wird und dass auch da die 16-Jährigen erstmals mit abstimmen dürfen.

Erik Romera Tiedemann, Hannah Pütter und Jakob Staemmler gehören zu den Jungen Europäern und werben dafür, am 9. Juni auch bei der ...
Erik Romera Tiedemann, Hannah Pütter und Jakob Staemmler gehören zu den Jungen Europäern und werben dafür, am 9. Juni auch bei der Europawahl mitzumachen. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Nach einer guten Stunde geht es dann zum Speed-Dating. Die antretenden Gruppierungen haben dafür weitere ihrer Kandidaten mobilisiert, damit nicht nur die Stände auf dem Info-Markt gut besetzt sind, sondern auch die Tische, an denen Bewerberinnen und Bewerber auf interessierte Wählerinnen und Wähler warten können. Die nutzen die vermeintliche Pause nicht, um sich zu verdrücken, sondern ergreifen die Gelegenheit und fragen nach. An den meisten Tischen ist reger Betrieb.

Speed-Dating mit Gemeinderatskandidaten: An Tischen können junge Wählerinnen und Wähler die Menschen kennenlernen, die für den ...
Speed-Dating mit Gemeinderatskandidaten: An Tischen können junge Wählerinnen und Wähler die Menschen kennenlernen, die für den Gemeinderat antreten. Sie machen davon rege Gebrauch. | Bild: Rau, Jörg-Peter

In der Abschlussrunde dürfen die sieben Diskussionsteilnehmer noch etwas Werbung machen. Die meisten nutzen es für einen allgemeinen Aufruf, am 9. Juni wählen zu gehen und für eine demokratische Partei zu stimmen.

Einen Höhepunkt setzt der 19-jährige SPD-Kandidat Khaled Badawi. Er erzählt, wie er 2015 als Flüchtling aus Syrien kam, einem Land, in dem man weder in Frieden leben noch frei seine Meinung äußern kann, und dass er sich deshalb in der Jugendvertretung der Stadt und vielleicht bald auch im Gemeinderat für die Demokratie einsetzt.

Und Lisa Kreitmeier (Freie Grüne Liste/Grüne) platziert noch geschickt ein Thema: Ihre Gruppierung wolle sich für nicht-heterosexuelle Menschen besonders einsetzten und habe deshalb mit ihr und Niklas Becker auch ein queeres Spitzenkandidaten-Duo. Auch dafür gibt es Applaus.

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Was halten die Besucher von der Veranstaltung?

Nach kompakten eineinhalb Stunden geht es in die Schlussrunde. Julia Verrall (17), Schülerin am Humboldt-Gymnasium, wird später sagen, dass die Veranstaltung ihr die Politik näher gebracht habe und dass sie jetzt besser entscheiden könne, denn wählen gehe sie auf jeden Fall.

Ihre Mitschülerin Danielle Owsijewitsch fand den Abend ebenfalls gut, hätte sich aber gewünscht, dass die Unterschiede stärker herausgearbeitet worden wären. Moderator Felix Pfäfflin stellt noch einmal die Frage, wer schon weiß, wen er oder die wählt. Dieses Mal ist das Rumpeln deutlich lauter.

Rund 200 Schülerinnen und Schüler sind zur Wahl-Info-Veranstaltung ins Konzil gekommen.
Rund 200 Schülerinnen und Schüler sind zur Wahl-Info-Veranstaltung ins Konzil gekommen. | Bild: Rau, Jörg-Peter
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