Vergangene Woche berichtete der SÜDKURIER über eine junge Frau, die aus gesundheitlichen Gründen keinen Mundschutz tragen darf – und deshalb angefeindet und sogar bedroht wird, ob im Supermarkt oder beim Busfahren.

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Offenbar ist das kein Einzelfall. Auf den Artikel hin meldeten sich zahlreiche Leser, die keine Maske tragen und ähnliche Probleme haben. Eine davon ist Sandra Hunter. Sie ist Asthmatikerin, eine Mund-Nasen-Maske kommt für sie nicht in Frage, doch mit einem durchsichtigen Visier halten sich die Atemprobleme in Grenzen.

„Geht die Welt unter?“

Das trägt sie zum Einkaufen. „Ich werde sehr oft angegangen, wie bescheuert das denn aussehen würde“, sagt sie. Von völlig Fremden würde sie verspottet, ob denn die Welt wohl bald untergehe oder warum sie denn so ein blödes Visier trage. Vor etwa zwei Wochen dann sei sie in einem Kaufhaus des Ladens verwiesen worden.

Verkäuferin ging sie an

„Eine Mitarbeiterin machte mich fertig und behauptete, wegen Menschen wie mir müssten alle in den Lockdown“, sagt Sandra Hunter. Zwar habe der Chef um Entschuldigung gebeten, trotzdem hat das Erlebnis Spuren hinterlassen.

Ein neuer Versuch?

Nachgefragt bei Karstadt Konstanz, ob man mit Visier in das Kaufhaus dürfe, lautete die Antwort gestern, dass auch Personen mit Visier herzlich Willkommen seien. „Wow, dann kann ich es mal versuchen“, sagt Sandra Hunter.

Die Konstanzerin Melanie B. hat Asthma und Angststörungen. Sie ist von der Maskenpflicht befreit. Fast jedesmal, wenn sie in der Stadt ...
Die Konstanzerin Melanie B. hat Asthma und Angststörungen. Sie ist von der Maskenpflicht befreit. Fast jedesmal, wenn sie in der Stadt ist, eskaliert die Situation, wiel Menschen sie beschimpfen. | Bild: Eva Marie Stegmann

Ihr Wunsch ist, dass das Thema Befreiungen von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen stärker ins öffentliche Bewusstsein rückt. Sie erklärt: „Für Asthmatiker ist ja nicht nur das Keine-Luft-Bekommen ein Problem, sondern auch die Bakterien, die man mit Maske einatmet. Sie können eine Lungenentzündung auslösen.“

So viel wie noch nie über Asthma gesprochen

Damit vertraut ist auch Michael Schulz. Der Konstanzer leidet unter Asthma. Eigentlich hat er es gut im Griff. Doch die Maskenpflicht stellt ihn vor Herausforderungen. Als Einkäufer und als Verkäufer. Er arbeitet in einem Autohaus. „So viel wie momentan habe ich noch nie über mein Asthma gesprochen, es ist eigentlich täglich Thema“, erklärt Schulz.

Attest hängt im Büro

Als die Wiedereröffnung des Autohauses nach dem Lockdown anstand, habe er sich vom Arzt von der Pflicht, Mund und Nase bedecken zu müssen, befreien lassen. Das Attest hänge in seinem Büro. Kunden mache er gleich darauf aufmerksam, dann sei das Thema erst einmal erledigt.

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Anders sei es, wenn er selbst einkaufen gehe. „Vor kurzem war ich einkaufen, es war schrecklich“, berichtet er. Wie auf dem Präsentierteller habe er sich gefühlt.

Michael Schulz erzählt die Begebenheit so: Er betrat den Laden, sofort begrüßte ihn eine Mitarbeiterin ohne Hallo, dafür mit den Worten: „Sie brauchen hier eine Maske.“ Schulz überreichte ihr die Kopie seines Attests, da das Original im Büro hängt. Die Dame verlangte das Original, der Chef musste eingeschaltet werden – und ließ den 39-Jährigen in das Geschäft.

Für einen Schweizer gehalten

Kaum zehn Meter ging er, schon fragte der nächste Verkäufer: „Wo ist denn ihre Maske?“ Schulz: „Ich erklärte es ihm auch noch. Dann verging mir die Lust und ich wollte wieder hinaus.“ Doch der Spießrutenlauf war noch nicht vorüber.

Wortgefecht, dann die Entschuldigung

An der Kasse schrie ihn, sagt der Konstanzer, die Kassiererin an: „Hallo, Abstand bitte – und wir haben hier in Deutschland eine Maskenpflicht.“ Da habe es ihm gereicht. Es sei zum Wortgefecht gekommen, der Marktleiter sei herbeigeeilt. Mit einer Entschuldigung zwar, die Verkaufsbeziehung jedoch ist aus Sicht von Michael Schulz dahin. „Wenn ich so mit meinen Kunden sprechen würde, würde ich kein einziges Auto verkaufen“, sagt er.

Nicht ausgesucht, krank zu sein

„Ich habe mir nicht ausgesucht, dass ich krank bin“, sagt Michael Schulz. Aber sich dafür auch noch ständig rechtfertigen zu müssen, das gehe an die Substanz. „Generell kann man über alles reden, und wenn mich jemand höflich fragt, warum ich keinen Mund-Nasen-Schutz trage, erkläre ich es gerne.“ Aber ohne Begrüßung, aggressiv, das müsse einfach nicht sein.

Auch positive Beispiele

Schulz kennt jedoch auch positive Beispiele. „In einem Baumarkt wurde ich einmal freundlich auf die Maske angesprochen, danach gab die Mitarbeiterin die Information an das ganze Team weiter.“ Immerhin blieb ihm dort der Spießrutenlauf erspart.