Als Karin Rahming vor wenigen Tagen einkaufen war, brachte sie neben vielen Lebensmitteln jede Menge Frust mit nach Hause. Die Konstanzerin ärgerte sich über ein Erlebnis mit Schweizer Kunden. Dem SÜDKURIER erzählt sie die Begebenheit so: Weil eine ganze Familie im Aldi im Lago ohne Mundschutz umherlief, fragte sie freundlich nach dem Grund.

Die Sache mit dem Gutschein

Die Antwort: „Ich bin gesund und brauche keine Maske, du bist vielleicht krank.“ Als Rahming die Kassiererin daraufhin informierte, meinte die nur, man hätte die Anweisung, Schweizer ohne Maske gewähren zu lassen. „Und dann auch noch die Sache mit dem Gutschein!“, sagt Karin Rahming am Telefon.

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Extra für die Kunden aus der Eidgenossenschaft, so heißt es in der Stadt, verteilte Aldi Fünf-Euro-Gutscheine. Konstanzer hätten keine bekommen. „Wissen Sie“, sagt Rahming, „wir tragen den Mund- und Nasenschutz ja nicht aus Jux und Dollerei. Wir wollen alle gesund bleiben und hatten in Konstanz bisher Glück. Mein Mann hatte schon drei Herzinfarkte, er ist Hochrisikogruppe.“

Werden Schweizer bevorzugt behandelt?

Dass Rahming deshalb besonders vorsichtig ist und sich über Menschen ohne Maske ärgert, ist verständlich. Doch stimmt es, dass Einkaufstouristen aus der Schweiz besonders häufig auf das Maskengebot pfeifen und bevorzugt behandelt werden?

Im Kreis Waldshut gingen beim Ordnungsamt in Lauchringen so viele Beschwerden deshalb ein, dass sich der Bürgermeister mit einem Brief einschaltete.

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Und ein Schweizer schreibt dem SÜDKURIER: „Was sich einige Schweizer bei Ihren Einkäufen erlauben ist wirklich oft unfassbar!“ Parkten ihre Autos an den unmöglichsten Stellen, redeten nur Schweitzer-Deutsch „und nun also auch noch das mit dem Masken!“

Stimmen die Gerüchte wirklich?

Doch ist das, was man sagt, auch das, was tatsächlich geschieht? Ein Besuch im Lago. Überall wird auf die Maskenpflicht hingewiesen. Auf Schildern, vor Geschäften und jede Stunde mit einer Durchsage.

Bild 1: Keine Maskenpflicht und zur Belohnung Gutscheine: Gibt es immer Extrawürste für Schweizer in Konstanz?
Bild: Eva Marie Stegmann

Läuft man einmal durch das ganze Shoppingcenter wird schnell klar: Hier trägt jeder seinen Mundschutz. Ach nein, da vorne, ein junger Mann. „Entschuldigen Sie, darf ich fragen, warum Sie keine Maske tragen?“ „Ups“, sagt er und dann: „Ich kaufe mir schnell eine.“ „Wo kommen Sie her?“ Er sagt: „Konstanz, warum?“

„Es sind Deutsche und Schweizer“

Besonders schlimm soll es im Aldi zugehen. Dort, wo man die Gutscheine verschenkte. Auch hier: Alle mit Mundschutz. Das Personal sagt, dass es ab und an Verstöße gebe. Die Personen würden dann aufgefordert, bitte eine Maske zu kaufen.

Bild 2: Keine Maskenpflicht und zur Belohnung Gutscheine: Gibt es immer Extrawürste für Schweizer in Konstanz?
Bild: Eva Marie Stegmann

„Es sind Deutsche und Schweizer“, stellt ein Mitarbeiter klar. Aber mehr Schweizer. Viele Schweizer wüssten nichts von der Pflicht, in der Schweiz gelte sie ja nicht. „Mit Freundlichkeit kommt man weiter!“

Management sagt, es gibt keine Probleme

Und dann ist da die Sache mit den Fünf-Euro-Gutscheinen nur für Kunden aus der Schweiz. Das Aldi-Management sagt, das Geschenk sei für alle Kunden gewesen. Und zum Lago auf Anfrage: „Nach Rücksprache mit der zuständigen Regionalgesellschaft Donaueschingen können wir mitteilen, dass die Maskenpflicht auch von unseren Kundinnen und Kunden aus der Schweiz in der von Ihnen genannten Filiale in Konstanz sehr gut eingehalten wird.“

Bild 3: Keine Maskenpflicht und zur Belohnung Gutscheine: Gibt es immer Extrawürste für Schweizer in Konstanz?
Bild: Eva Marie Stegmann

Ähnliches schreibt Pamela Baumhardt, Sprecherin von Edeka Baur. Auf Anfrage heißt es: „Bereits am Montag, den 15. Juni, durften wir dann feststellen, dass unsere Schweizer Kunden bestens informiert und vorbereitet waren. Nahezu alle kamen mit Maske, ansprechen mussten wir nur in Ausnahmefällen und dort waren die Reaktionen durchweg freundlich und positiv.“ Und: „Kurz gesagt: In unseren Märkten gibt es keine Probleme.“

Im E-Center wird die Autorin ermahnt

Ein Besuch vor Ort. Im E-Center Baur ist Hochbetrieb, Mittagszeit. Wie sieht es hier mit der Mundschutzdisziplin aus? An diesem Mittag ist kein einziger Besucher ohne Maske.

Und als die Autorin dieser Zeilen in der dortigen Drogerie ihre Maske kurz ablegt, um eine Sonnenbrille anzuprobieren, wird sie sofort freundlich angesprochen: „Bitte während der ganzen Zeit hier im Center die Bedeckung tragen.“

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Die Stichprobe ergibt also folgendes Bild: An dem, was man sich sagt, scheint wenig dran zu sein. Auch die Kunden aus der Schweiz halten die Pflicht zur Schutzmaske weitgehend ein.

Nachgefragt bei der Stadt Konstanz

Der Schweizer Rudolf Ursprung, der dem SÜDKURIER den Leserbrief geschrieben hatte, dazu: „Ich habe das aus dem Kreis Waldshut gehört, selbst gesehen habe ich nicht, dass die Schweizer in Konstanz gegen das Gebot verstoßen.“

Schweizer Rudolf.
Schweizer Rudolf. | Bild: Eva Marie Stegmann

Im Kreis Waldshut gab es zig Beschwerden beim Ordnungsamt wegen den Schweizer Regelbrechern. Doch nachgefragt bei der Stadt Konstanz lautet die Antwort von Sprecher Walter Rügert: „Nein, bei uns gingen keine Beschwerden ein.“

Schweizer wünscht sich Frieden

Rudolf sagt: „Was mich viel mehr ärgert ist, wenn manche nur Schweizer-Deutsch reden und falsch parken – und so ein negatives Bild von uns Schweizern entsteht.“ Die „Extrawurst„ von Aldi, also der Fünf-Euro-Gutschein, habe die Debatte zusätzlich angeheizt. „Andererseits ist es eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Entscheidung“, gibt er zu.

Er kauft auch nur in Deutschland ein, denn „bei Frischwaren, Obst und Gemüse sind die Preise im Migros bis zu fünfmal so hoch, im Extremfall mehr.“ Er schwärmt: „Es ist toll, dass wir hier einkaufen können und ich bin sehr gerne in Konstanz.“ Rudolfs Wunsch ist, „dass sich beide Seiten höflich benehmen, wir sind hier doch eine Region, die zusammengehört.“