Der Samstag nach der Grenzöffnung. Am Vormittag erinnert die Innenstadt an einen Adventssamstag: Der Verkehr zwischen Kreuzlingen und Konstanz kommt teilweise zum Erliegen.

Auf der Schweizer Seite der Grenze stehen die Menschen mit ihren grünen Zetteln vor der Zollabfertigung Schlange. Der Deutsche Zoll übernimmt diese Aufgabe auch auf eidgenössischer Seite.

Die Fußgängerzone füllt sich, in den Straßencafés wird die Suche nach einem freien Tisch zum Lotteriespiel. Schwyzerdütsch ist die beherrschende Sprache.

Die Stimmung ist gut, ja gelassen. Es scheint so, als hätten die Menschen danach gedürstet, das mediterrane Flair in Konstanz endlich wieder genießen zu können.

Vor den Läden bilden sich Schlangen, man versucht nach Kräften, die Abstandsregeln und Hygienevorschriften einzuhalten. Die Verkäufer lächeln, die Kunden lächeln, die Sonne lächelt.

Der Verkehr nimmt im Laufe des Tages merklich ab. Von Chaos keine Spur.

Über den ganzen Tag hinweg sind Clowngruppen zwischen Münster und Stadtgarten unterwegs. Sie besuchen die Tamala Clownschule. Ihre Botschaft: „Lacht, Leute, lacht!“, erklärt Dozent Matthias Kohler, der die Gruppen beobachtet und hinterher bewertet. „Lachen ist so wertvoll.“
Nun ist durchaus anzunehmen, dass die vielen tausend Besucher der Stadt auch ohne Anleitung gut drauf wären – doch die Clowns sind zweifelsohne ein attraktiver Multiplikator.
„Diese Gruppen sind zum ersten Mal in der Stadt unterwegs“, sagt Matthias Kohler. „Wir haben extra diesen Tag ausgesucht. Bei diesem großen Publikum ist es nicht so einfach, die Clownfigur zu leben. Das muss man erst lernen.“

Eine Schülerin ist Janine Santmann aus Hombrechtikon am Zürichsee. „Deutsche und Schweizer gehören einfach zusammen“, erzählt sie mit leuchtenden Augen. „Es ist so wunderbar, wieder hier sein zu dürfen. Mit einer Sondergenehmigung dürfte ich zwar an Pfingsten die Clownschule besuchen. Aber das hier ist doch viel schöner. Es ist einfach nur herrlich, dass die Grenze wieder offen ist.“

Am Kaiserbrunnen stehen Hardy Riedle und seine Frau Andy Deja. Im Kinderwagen schläft die kleine Luna. „Wir sind zum ersten Man seit der Grenzöffnung unterwegs“, sagt Hardy Riedle. „Es ist schon unglaublich viel los – genau so wie vor der Schließung der Grenzen.“

Seine Frau Andy Deja beobachtet das bunte Treiben erfreut. Sie sagt aber auch: „Ich glaube, uns als Gesellschaft würde jedes Jahr so ein Shutdown für zwei Wochen gut tun.“ Die Menschen würden durchatmen können, die Hektik für eine gewisse Zeit verschwinden. „Ich glaube wirklich: Zwei Wochen alles herunterfahren wäre hilfreich – aber bitte ohne das Virus.“

Das Paar wohnt in Stadelhofen kurz vor der Grenze. „Wir haben an den Parkplätzen gemerkt, dass die Schweizer wieder da sind“, erzählt Hardy Riedle. „Vorher waren immer Plätze frei, seit Montag nicht mehr. Schon heftig, wie sich das von einem Tag zum anderen von 0 auf 100 geändert hat.“
Tamara Haase wohnt in Egg. Sie ist am See entlang in die Stadt gewandert. „Ich wollte sehen, was los ist“, berichtet sie.

„Und ich muss sagen: Es ist so toll, dass mit den Schweizern wieder Leben in die Innenstadt zurück gekommen ist. Und es freut mich für den Einzelhandel und die Gastronomie, dass sie wieder mehr Kunden haben. Wir haben es so schön in Konstanz.“
Am Sonntag sind die Gassen der Stadt ebenfalls gut besucht – doch das Leben hat sich mehr in die Strandbäder verlagert. „Endlich kommt der Sommer“, sagt Natascha Burghardt vom Strandbadbistro in Dingelsdorf. „Es wird Zeit. Freuen wir uns darauf.“

Auf dem Campingplatz Klausenhorn nebenan ist kaum mehr ein Platz zu haben – auch einige Schweizer verbringen hier ihre Freizeit. „Wir müssen vielen Gästen leider absagen“, erklärt Rezeptionistin Ingrid Schnell. „Wir sind zu 95 Prozent ausgebucht.“

Monika und Erich Hof sind mit ihrem Wohnmobil seit Mitte Mai auf dem Campingplatz – obwohl sie in Konstanz leben. „Das ist die beste Naherholung, die man sich vorstellen kann“, sagen sie – und lachen.