An Konzerte und Festivals an diesem besonderen Ort haben viele Menschen schöne Erinnerungen – doch nun ist erst einmal Schluss damit. Das Bodenseestadion als charmanter Schauplatz für Großveranstaltungen steht bis auf weiteres nicht zur Verfügung. Nie mehr Rock am See, Gute Zeit oder Campus-Festival? Wie ein Donnerschlag traf die Veranstalter von mehreren fest terminierten Ereignissen diese Entscheidung aus dem Konstanzer Rathaus. Und: Sie erfuhren erst vor wenigen Tagen davon.

„Unter keinen Umständen“ könne man noch einmal eine Veranstaltung wie das jüngst über die Bühne gegangene Campus-Festival erneut dulden, heißt es nach Informationen des SÜDKURIER in einem amtlichen Schriftstück. Zu Begründung werden Sicherheitsbedenken genannt. Und die sind offenbar so groß, dass auch temporäre Lösungen wie jüngst dem federführenden Baurechts- und Denkmalamt nicht mehr genügen.
Konzertreihe entfällt
Das bedeutet, dass die beiden Konzerte der Reihe „Tage am See“ am 2. und 9. September komplett entfallen. Das bestätigte Xhavit Hyseni vom Veranstalter Kokon Entertainment. In diesem Rahmen hatten 2022 Die Toten Hosen und Die Ärzte an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen zusammen rund 50.000 Besucher angezogen. Für dieses Jahr war er mit großen deutschen und internationalen Künstlern in Verhandlungen, so Hyseni. Doch schon früh war klar, dass die Stadt auf jeden Fall enorme Auflagen machen würde, deshalb sei er vorsichtig gewesen. Nun gibt ihm das Komplett-Verbot Recht, und doch bleibe eine „große Enttäuschung“.

Für Kay Brüggemann, einen der Veranstalter des Gute-Zeit-Festivals am 16. September, steht eine Absage nicht zur Diskussion. Eben erst hat er Sven Väth, einen der berühmtesten, deutschen Discjockeys der Welt, als wichtigsten Künstler angekündigt; im guten Glauben, einen starken Namen für Konstanz und das Festival im Bodenseestadion gewonnen zu haben. Auch in die anderen Auftritte hat er nach eigenen Angaben „massiv investiert“.

Brüggemann baut nun darauf, dass die Stadt ihm für das Gute-Zeit-Festival ein Ausweichgelände zur Verfügung stellt – immerhin erfuhr er erst kurzfristig davon, dass der lange geplante Veranstaltungsort nun doch nicht zur Verfügung steht. 8000 bis 10.000 Besucher erwartet Brüggemann, und er verspricht: „Wir werden auf jeden Fall ein stimmungsvolles und schönes Festival haben.“ Eine mögliche Absage sei „überhaupt kein Gedanke gewesen“. Er hoffe nun auf kooperative Gespräche mit der Stadt.

Die Stadtverwaltung bestätigt gegenüber dem SÜDKURIER die Entscheidung, das Stadion bis auf weiteres nicht mehr für größere Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Diese sei erst im Mai ergangen. Sehr kritisch sieht die Verwaltung unter anderem die Aspekte Fluchtwege, Strom- und Wasserversorgung sowie das Fehlen einer Beschallungsanlage für Notfälle. Für das Campus-Festival hätten die Veranstalter vieles davon eigens aufgebaut, so Xhavit Hyseni. Und auch das sei nur möglich gewesen, weil das Festival eben zwei Tage dauerte und die Eintrittspreise am Ende an der Schmerzgrenze waren.

Bei der Stadtverwaltung zeigen sich die Verantwortlichen zerknirscht. Nach SÜDKURIER-Informationen rief Oberbürgermeister Uli Burchardt in einem ungewöhnlichen Schritt noch am Freitag vor Pfingsten seine Dezernatsleiter zusammen, um nach einem Ausweg zu suchen – denn dass die kurzfristige Sperrung unglücklich gelaufen ist, bestreitet auch bei der Verwaltung niemand. Nun soll der Gemeinderat so schnell wie möglich eine Entscheidung treffen, ob das Stadion wenigstens bis nächsten Sommer so ertüchtigt wird, dass es nochmals ein paar Jahre für Großkonzerte taugt.
Die Verwaltung will „ein breites kulturelles Angebot“
Dazu hat der SÜDKURIER mit Blick auf die Millionen-Zuschüsse für Theater und Philharmonie die Verwaltung unter anderem gefragt: „Hält die Stadtverwaltung es für wichtig, auch den auf Rock- und Popmusik orientierten Teil des Konstanzer Kulturlebens zu fördern?“ Eine Sprecherin antwortet darauf: „Natürlich ist es der Stadtverwaltung wichtig, ein möglichst breites kulturelles Angebot zu ermöglichen, bei dem für alle Konstanzerinnen und Konstanzer etwas geboten ist.“
Der Gemeinderat wird noch vor der Sommerpause zeigen müssen, ob er das ebenso sieht und Geld für eine Instandsetzung des Stadions freigibt. Zwischen einer halben und einer Million Euro wäre dafür nötig, schätzen Kenner des Veranstaltungsorts. Allein die Auflagen für das Campus-Festival hätten einen Mehraufwand von mehreren hunderttausend Euro bedeutet, so Kokon-Mitgeschäftsführer Dieter Bös, vom Bodenschutz für die Tartanbahn über einen temporären Blitzschutz bis zu einem Innenraumzaun, weil der bestehende zuvor von der Stadt abmontiert worden war.
Soll es Musik-Großveranstaltungen in Konstanz geben?
Er hoffe nun „sehr darauf, dass die Stadt als Betreiberin des Stadions sich zu einer Lösung durchringen kann, die sowohl kulturellen als auch sportlichen Belangen“ Rechnung trage, so Bös. Für 2024 plant Xhavit Hyseni jedenfalls fest mit dem Campus-Festival.
Die Stadtverwaltung erklärt zu den Perspektiven: „Über die Zukunft des Bodenseestadions soll noch in diesem Jahr im Gemeinderat beraten werden, da die Ertüchtigung mit erheblichen Kosten verbunden sein wird und es daher einer Grundsatzentscheidung bedarf.“ Auch wenn er weiß, dass es seinen Kollegen vom Gute-Zeit-Festival und ihren Besuchern aktuell nicht viel hilft, zeigt Hyseni sich langfristig optimistisch: „Wir haben jetzt ein Jahr Zeit, ein gutes Konzept für einen wichtigen Teil des Konstanzer Kulturlebens zu entwickeln.“