Was macht ein Stadtrat, wenn er nichts mehr tun kann? Diese Frage stellt sich angesichts der vorläufig ausgesetzten Sitzungen des Gemeinderats. Von mehreren Fraktionen ist jetzt Kritik zu hören. Nicht über die Arbeit einer Stadtverwaltung im Krisenmodus, wie diese betonen. Sondern wegen des Gefühls, nicht mehr ausreichend informiert zu werden.

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„Allergrößter Respekt“ für die Mitarbeiter der Stadt...

„Ich habe allergrößten Respekt vor den Mitarbeitern der Stadt“, sagt Matthias Schäfer, Fraktionsvorsitzender des Jungen Forum Konstanz (JFK). „Aber wir sind gegenüber den Bürgern nicht mehr sprechfähig, wenn diese uns auf aktuelle Entwicklungen ansprechen, weil uns die Hintergründe der Entscheidungen fehlen.“

Anne Mühlhäußer (Freie Grüne Liste) spricht im Namen ihrer Fraktion von „vollster Anerkennung“ für die Arbeit der Verwaltung. „Dass sich Prioritäten derzeit verschoben haben, ist nachvollziehbar“, teilt sie mit. Dennoch müsse das Recht auf Mitbestimmung durch die gewählten Volksvertreter auch in Krisenzeiten gewahrt bleiben.

...aber der Rat dürfe nicht außen vor sein

Die Gemeindeordnung lasse viele Möglichkeiten zu, den Gemeinderat auch anders als durch öffentliche Sitzungen mit einzubeziehen. „Oberbürgermeister Burchardt muss hier aus unserer Sicht aktiver werden, gemeinderätliche Entscheidungen herbeizuführen und nicht in Eilentscheidungen selbst zu entscheiden“, erklärt Mühlhäußer, „der Notfallmodus rechtfertigt aus unserer Sicht nicht jegliches Vorgehen.“

Matthias Schäfer drückt es bildhaft aus: „Uli Burchardt spricht von der Stadt gerne als Konzern. Der Gemeinderat als dessen Aufsichtsrat sollte nicht seiner Aufgaben entbunden werden.“

Wunsch nach häufigerem Austausch zwischen Fraktionen und Verwaltung

Simon Pschorr, Stadtrat der Linken Liste, hält es ebenfalls „für nachvollziehbar, dass es in erster Linie um eine funktionierende Stadtverwaltung geht und Kommunikation aktuell schwieriger geworden ist“. Aber ein regelmäßiger Austausch zwischen Verwaltung und Fraktionen sollte „in Zeiten von Online-Videokonferenzen möglich sein“, sagt Pschorr.

Als eine Möglichkeit der schnelleren und verbesserten Kommunikation nennen Schäfer und Pschorr das Instrument der Fraktionsbesprechung, vormals Ältestenrat genannt. Dort beraten sich die Fraktionen und die Verwaltung unter Vorsitz von OB Uli Burchardt aktuell im Monats-Rhythmus über wichtige anstehenden Themen. Beschlüsse werden dort nicht gefasst.

Verwaltung arbeitet vermehrt mit dem Instrument der Offenlegungen

„Wir haben angeregt, dass wir die Frequenz erhöhen, um schneller an Informationen zu gelangen,“ sagt JFK-Stadtrat Matthias Schäfer. Laut Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt Konstanz, habe die Verwaltung die Idee der häufigeren Besprechungen „von sich aus aufgegriffen, es gab aber auch einen Vorschlag des JFK„. Ein erstes Gespräch per Videoschaltung soll am 1. April stattgefunden haben.

Ohne öffentlich tagenden Gemeinderat nimmt die Rolle der Offenlegungen zu. Soweit möglich mache die Verwaltung aktuell davon Gebrauch, erklärt Rathaus-Sprecher Walter Rügert, „damit die Stadt auch in diesen schwierigen Zeiten handlungsfähig bleibt“. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg erlaubt diese Art der Beschlüsse für einfache Angelegenheiten.

Stadtverwaltung: Es wird ausreichend informiert

Irritiert zeigt sich die Stadtverwaltung gegenüber der Kritik der Stadträte. Der Gemeinderat ist laut Walter Rügert mit verschiedenen Schreiben und durch Telefonate mit den Fraktionsvertretern über die Arbeit der Verwaltung informiert worden.

„Vier Fraktionen haben sich schriftlich bedankt und fühlen sich offenbar informiert“, teilt der städtische Pressesprecher mit und setzt die Aufzählung fort: „Zwei weitere Fraktionen haben telefonisch ebenfalls Verständnis gezeigt.“ Die Öffentlichkeit werde darüber hinaus mit „allen relevanten Informationen“ über die verschiedenen Kanäle des Pressereferats informiert, etwa die Homepage, den Newsletter oder die sozialen Medien.

Walter Rügerts Fazit: „Die Verwaltung informiert aktuell und transparent.“ An alle Räte sei zuletzt noch ein mehrseitiges Infoschreiben versandt worden.

Wann findet wieder eine öffentliche Sitzung statt?

Die nächste Gemeinderatssitzung am 23. April soll laut Rügert in normaler Form stattfinden. Das bedeut: Publikum wäre erlaubt. Die Tagesordnung werde derzeit noch erstellt. Da bei der Sitzung die gebotenen Hygiene- und Abstandsregelungen gewahrt sein sollen, sei eine Verlegung aus dem Ratssaal in andere Räume wahrscheinlich.

Nach SÜDKURIER-Informationen sollen mehrere Stadträte innerhalb ihrer Fraktionen Bedenken angemeldet haben, eine Versammlung in großer Runde mit 40 Fraktionsvertretern plus Mitarbeiter der Verwaltung stattfinden zu lassen.