Der Moskauer Niederlassung des Transport- und Logistikunternehmens Transco lag vor etwa einem halben Jahr ein Angebot für den Transport von Rüstungsgütern von Russland nach Afrika vor. Wie Firmeninhaber Christian Bücheler im Zusammenhang mit einer SÜDKURIER-Anfrage über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sagte, sei es dabei um U-Boot-Bauteile gegangen. Das Unternehmen habe den Auftrag abgelehnt.
Warnung vor Putin
Abzuwägen gab es für Christian Bücheler dabei nichts. „Es gibt eine klare Grenze zwischen wirtschaftlichen Interessen und menschlicher Grundhaltung“, erklärt er. Zur Sprache bringt er den Vorfall allerdings noch aus einem anderen Grund. Ihm sei seit spätestens April vergangenen Jahres bewusst, was Putins Russland im Schilde führt. Bereits damals warnte Wladimir Putin unter anderem in einer Rede an die Nation vor dem „Überschreiten roter Linien“, und versah dies mit dem Hinweis auf das atomare Waffenpotenzial Russlands.

Was Christian Bücheler angesichts der Zuspitzung des Konflikts überrascht, ist der Grad der politischen Naivität. So geht er davon aus, dass die Oligarchien ihr Vermögen längst in Sicherheit gebracht haben. Die Realitätsferne der Politik zeigt sich für ihn bereits seit 2014. Damals gab es im Osten der Ukraine eine erste kriegerische Auseinandersetzung mit konkreten Auswirkungen auf sein Unternehmen. Die Fahrzeuge, die im Auftrag von Transco in der Ukraine unterwegs waren, wurden auf unbestimmte Zeit akquiriert.
Für den Unternehmer war die absehbare kriegerische Eskalation in der Ukraine ein Grund, die Geschäfte in diesem Teil von Osteuropa bis auf Weiteres ruhen zu lassen. Formal gebe es zwar weiterhin eine Transco-Niederlassung, faktisch aber hat Transco schon länger nichts mehr in der Ukraine zu tun.
Etwas anders sieht es in Russland aus. In Moskau und dem etwa 1700 Kilometer von der Hauptstadt entfernten Jekaterinburg gibt es zwei Transco-Niederlassungen. Die Umsätze bezeichnet Christian Bücheler als überschaubar, so dass die aktuellen Sanktionsverschärfungen das Unternehmen auch hier wirtschaftlich kaum treffen. Sorgen macht er sich unterdessen um die Mitarbeiter. Er möchte die vier Kollegen gerne behalten, und lotet deshalb die Möglichkeiten einer Versetzung in eine der anderen osteuropäischen Niederlassungen aus – zum Beispiel nach Polen. „Aber das ist gar nicht so einfach, die Leute aus Russland rauszuholen“, sagt er.
Auswirkungen durch Abhängigkeit von Gaslieferungen
Verwunderung und Enttäuschung äußert Christian Bücheler über das seiner Ansicht nach zu geringe Interesse der Politik für die wirtschaftlichen Auswirkungen politischer Entscheidungen. Eines der Probleme, das seiner Einschätzung nach nicht nur sein Unternehmen betrifft, sind die steigenden Energiepreise. Diese, so ist der Unternehmer überzeugt, werden durch den Krieg in der Ukraine und die Abhängigkeit von den Gaslieferungen Russlands an Deutschland weiter deutlich steigen.
Christian Bücheler gibt ein Beispiel, wie die Anforderungen des Klimaschutzes, die Auswirkungen des Krieges und die betriebswirtschaftlichen Folgen für das Unternehmen zusammenhängen. Aus Überzeugung werde der Fuhrpark auf Fahrzeuge umgestellt, die mittels Tiefkühlgas betrieben werden und damit den CO2-Ausstoß um rund 25 Prozent senken. Von diesen Fahrzeugen hat Transco bereits 15 im Bestand, zehn weitere sind bestellt. Der Preis für ein Kilogramm des Gases ist allerdings binnen zehn Monaten von 1,10 auf 2,45 Euro gestiegen, womit sich die bisherigen Kosten für den Betrieb der 15 Fahrzeuge von 680.000 Euro pro Jahr mehr als verdoppeln werden. Und er rechnet mit weiteren Kostensteigerungen. „Doch darüber, wie wir das hinbekommen sollen, spricht keiner.“
Immerhin, Transco wird die Herausforderungen nach Ansicht des Unternehmers meistern. Er geht von Einbußen aus, das Jahr könne voraussichtlich aber dennoch ohne Verlust abgeschlossen werden. Christian Bücheler stört sich auch weniger daran, dass die Wirtschaft sich an die Gegebenheiten anzupassen hat. Vielmehr ärgert ihn, dass die Folgen nicht oder nur sehr allgemein thematisiert werden. Die Menschen müssten informiert und damit gleichzeitig sensibilisiert werden, dass der Preis letztlich zulasten des Wohlstands gehe.
Am Kompass seines Wertesystems ändert sich für Christian Bücheler damit aber nichts. Er trennt zwischen betriebswirtschaftlichen Nöten und der menschlichen Katastrophen wie derzeit in der Ukraine. „Am meisten berührt mich das Leid der Menschen“, sagt er, „und wir können da nicht einfach nur zuschauen.“ Einen wirtschaftlichen Preis zur Verhinderung des Kriegs hat sein Unternehmen schon vor einem halben Jahr bezahlt. Es ist die Verweigerung des Angebots zum Transport von Rüstungsgütern.