Die Branche kämpft mit vielen Unwägbarkeiten: Steigende Zinsen verteuern die Finanzierung, die Inflation und die Energiekrise sorgen für enger geschnallte Gürtel bei möglichen Häuslebauern und die Baukosten, auch für große Investoren, sind durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskriegs in der Ukraine horrend gestiegen.
Führt all das dazu, dass die Immobilienblase platzt oder nicht? Darüber sind sich deutschlandweit nicht einmal Experten einig. Natürlich stehen diese Gründe – und mehr – auch miteinander in Verbindung, teilweise verstärken oder beeinflussen sie sich zumindest gegenseitig. Die Makler verzeichnen einen deutlichen Nachfragerückgang und die Baufinanzierung ist im zweiten Halbjahr 2022 in ganz Deutschland deutlich abgefallen.
Wie wirkt sich das auf den regionalen Markt aus?
Bei der Beantwortung dieser Frage vertreten drei Experten durchaus unterschiedliche Standpunkte. Doch bei einem sind sich sowohl Matthias Schaubel, der Geschäftsführer von Haus und Grund Konstanz, Alexander Bertram, der Direktor der Bezirkssparkasse Reichenau, und Winfried Kropp vom Deutschen Mieterbund Bodensee einig: Von einer Blase, die platzen kann, kann man in Deutschland eigentlich nicht so richtig sprechen.
„Immobilienblase ist ein Begriff aus dem Finanzsektor“, sagt Matthias Schaubel. Er sei vor allem durch die Finanzkrise 2008, die von den USA ausging, geprägt. Auf den deutschen Markt lasse sich der Begriff nicht genau anwenden.
Bertram: „Uns fliegt das nicht derart um die Ohren“
Warum, das erklärt Alexander Bertram von der Bezirkssparkasse Reichenau. „Die langfristige Finanzierungskultur ist verantwortlich dafür, dass Deutschland krisensicherer ist“, sagt er. „Da kann sich so eine Krise nicht so dramatisch auswirken, wie in anderen Ländern – sodass eine große ‚Blase‘ platzt.“ Die Zinslast schlage nicht so gewaltig durch wie andernorts.

So hätten viele Häuslebauer beispielsweise eine Zinsbindungsfrist von mindestens zehn bis 15 Jahre. In der Regel sei die Immobilie während dieser Zeit im Wert gestiegen, ein Teil der Finanzierungslast sei zurückgetilgt und die Einkommenssituation habe sich ebenfalls normalerweise verbessert – gegenüber dem Zeitpunkt, als man die Immobile gekauft habe.
„Dadurch fliegt uns das nicht derart um die Ohren, da wir eben auf Langzeit-Tilgungen in Deutschland setzen“, so Bertram. Und er ergänzt schlicht: „Der Immobilienmarkt ist einfach krisenfester.“ Auf eine Prognose zur langfristigen Preisentwicklung und wie sich die Lage insbesondere in Konstanz entwickle, will er sich jedoch nicht festlegen.
Schaubel: „Baukosten werden sich wieder einpendeln“
Klar ist allerdings: Für eine Familie im klassischen Sinne ist es aktuell in Konstanz und Umgebung schwer, eine Immobilie zu finanzieren. Das gilt vor allem dann, wenn zu wenig finanzieller Hintergrund in Form von Eigenkapital vorhanden ist oder ein sehr gutes Einkommen erwirtschaftet wird. Das gilt in unserer Region noch mehr, als sonst wo: Der Druck auf den Wohnungsmarkt in der Bodenseeregion ist hoch. Denn die Kaufpreise kannten lange Zeit eigentlich nur eine Richtung: nach oben.
Das liege laut Matthias Schaubel unter anderem daran, dass in Konstanz und Umgebung immer eine erhöhte Nachfrage an Wohnraum herrsche – und gleichzeitig zu wenig Angebot. Allein das treibe die Preise nach oben, und das unabhängig ob in der Miete oder dem Kauf des Eigenheims. Dies liege an der attraktiven Lage, der Universität, dem See, der hohen Lebensqualität, der Nähe zur Schweiz und sonstigen Vorzügen, die unsere Region genieße.

Doch Schaubel blickt relativ optimistisch in die Zukunft. Er glaubt, dass sich zumindest die Kaufpreise zukünftig wieder entspannen könnten. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Kaufpreise weiter deutlich steigen werden“, prognostiziert er. Doch wie viele Experten verweist er auf eine mangelnde Glaskugel für entsprechende Vorhersagen. „Die Zukunft vorherzusagen, ist immer schwierig.“
Doch Menschen, die bauen, kaufen und mieten, werde es immer geben, ebenso wie schwankende Zinsen oder andere äußere Einflüsse. Er glaubt jedoch vor allem: „Die Baukosten werden sich wieder einpendeln und die Inflation wird nicht so hoch bleiben.“ Jedenfalls werde viel dafür getan, dass die Situation sich so entwickle.
Mieterbund warnt: Die Mieten könnten weiterhin steigen
Einen kritischeren Blick in die Zukunft werfen derweil Winfried Kropp und Herbert Weber vom Deutschen Mieterbund Bodensee – zumindest, wenn es um Mieten geht. Auch sie sprechen zuallererst die Besonderheiten des Konstanzer Markts als sehr attraktive Mittelstadt an.
Zusätzlich zu den von Matthias Schaubel genannten Gründen sagt Herbert Weber außerdem: „Hier den Grund und Boden zu vermehren, ist nicht leicht.“ Mit Blick auf die geographische Lage sagt er: „Wir können nicht viel größer werden, wir sind gewissermaßen eingeklemmt.“

Doch warum werden sich die Mieten laut des Mieterbunds nicht so schnell beruhigen? Durch Corona habe sich in den vergangenen beiden Jahren die Einwohnerdynamik geändert, so Kropp. Weniger Studenten seien gekommen, insgesamt gab es weniger Bewegung auf dem Markt.
Das machen die beiden Männer vom Mieterbund als einen der großen Gründe für die geringe Erhöhung des Mietspiegels in den vergangenen beiden Jahren aus. Dieser ist maßgeblich verantwortlich für die Mietpreise in der Konzilstadt. Er war zum Ende 2022 im Vergleich zu 2020 nur um 0,4 Prozent gestiegen – ein sehr geringer Anstieg.
Das werde vermutlich dafür sorgen, dass sich die ortübliche Vergleichsmiete bei der nächsten Mietspiegelerhebung deutlich erhöhen werde. Darüber hinaus prognostizieren die Verantwortlichen des Mieterbunds einen weiter wachsenden Wohnungsbedarf in Konstanz, vor allem was Mietwohnungen angehe.
Viele Einflussfaktoren, wie die auf Eis gelegten Bauprojekte und der weitere Zuzug, werden dies weiter verstärken. Kropp ist sich sicher: Die Angebotslücke werde weiter zunehmen. „Die Mietpreise werden steigen“, sind sich Kropp und Weber deshalb sicher. „Wie stark weiß man nicht.“

Deshalb sei es wichtig geeignete Maßnahmen dagegen zu treffen. Zwar habe der Bund mit der Wohngeldreform und weiteren Anpassungen reagiert, jedoch seien in Konstanz auch lokale Maßnahmen wichtig, so der Mieterbund.