Die Stadt setzt viel Hoffnung auf den Hafner. Egal, ob für Familien oder Fachkräfte: Der neue Stadtteil von Konstanz, nördlich von Wollmatingen, soll für den angespannten Wohnungsmarkt am See die große Rettung sein. Auf der Fläche sollen Wohnen und Arbeiten, Mobilität und Freizeit fortschrittlich miteinander verknüpft werden – so zumindest der Plan. Ob der Hafner tatsächlich für eine Entspannung am Wohnmarkt sorgen kann, ist aber nicht so einfach zu beantworten.
3200 Wohnungen für 6000 Bewohner
Etwa so groß wie das Konstanzer Paradies wird die Siedlungsfläche werden: 60 Hektar. Und in rund 3200 neuen Wohnungen sollen bis zu 6000 Konstanzer einziehen können. Der Hafner ist das größte Projekt des städtischen Handlungsprogramm Wohnen. Doch das wird nicht auf einen Schlag passieren. Der Hafner wird in drei Etappen wachsen. Der erste Abschnitt soll voraussichtlich 2025 erschlossen werden, die gesamte Fläche bis 2038.
Der Hafner als neue Heimat von Konstanzer Bürgern liegt also noch in weiter Ferne. Das vermutet auch Leonhard Schenk: „Es wird auf jeden Fall noch eine Weile dauern, bis sich da ein lebendiges Wohngebiet entwickelt hat.“ Schenk ist Architekt und Stadtplaner, als Professor lehrt er Städtebau an der HTWG Konstanz.
Warum kommt der Hafner so spät?
Warum aber wird der Hafner erst jetzt geplant, obwohl die vielen Wohnungen doch jetzt schon gebraucht werden? Als Nachlässigkeit des Konstanzer Stadtrats will es der Städtebau-Experte jedenfalls nicht auslegen. „In den frühen 2000ern ging man davon aus, dass die Städte eher moderat wachsen und viele sogar mehr Einwohner verlieren als gewinnen würden“, erklärt Schenk. Entsprechend habe man lange gedacht, dass es neue Viertel nicht brauche. Doch es kam anders: Die Zuwanderung in den Städten nahm unerwartet zu. „Diese plötzliche Riesenwende hat alle überrascht.“

Nicht nur Konstanz will deshalb den Wohnungsmangel durch einen neuen Stadtteil lindern. Große Städte in ganz Deutschland planen große Quartiere, die zukunftsfähig, innovativ und vielfältig sein sollen: In München entsteht das neue Viertel Freiham, Freiburg plant Dietenbach, Berlin das Schumacher-Areal. „Da spielt Konstanz mit dem Hafner ganz klar vorne mit, auf hohem Niveau“, sagt Schenk.
Doch der Wohnungsbau braucht Zeit. Von der Erkenntnis, dass man mehr Platz braucht, bis zur Umsetzung solcher Riesenprojekte, können schnell 25 Jahre ins Land ziehen.
Wie beeinflusst der Hafner die Mieten in Konstanz?
Vorweg lässt sich sagen: Die Mietpreise in Konstanz werden durch den Hafner-Bau nicht sinken. Das erklärt Winfried Kropp vom Deutschen Mieterbund Bodensee. Und auch die Neubauwohnungen werden teurer sein als Bestandswohnungen. „Wenn aber zu wenig gebaut wird, steigen die Bestandsmieten aufgrund der hohen Nachfrage“, sagt Kropp. Bei ausreichend Neubau gebe es gute Chancen, die Preisentwicklung bei den Bestandswohnungen zu dämpften. Der Hafner kann also immerhin dazu beitragen, dass die Mieterhöhungen seltener und in kleineren Schritten ausfallen.

Diese Entspannung auf dem Mietmarkt wird wegen der drei Bauabschnitte aber nicht auf einen Schlag spürbar sein. Es kommt darauf an, dass es gelingt, das Riesenprojekt auch so umzusetzen, dass die Wohnungen auch tatsächlich auf dem Markt kommen – und das möglichst bald.
Welchen Einfluss hat die Stadt Konstanz?
Aber was tut Konstanz, damit es wirklich so kommen kann? Ein Hilfsmittel ist, dass die Stadt das Quartier als sogenannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme umsetzt. Mit dem gesetzlichen Instrument hat sie mehr Einfluss auf die soziale Stadtentwicklung. Außerdem sollen viele Wohnungen durch gemeinwohlorientierte Träger sowie die stadteigene Wohnbaugesellschaft entstehen. „Das ist die Kernvoraussetzung dafür, dass das Ziel bezahlbares Wohnen auch tatsächlich erreicht wird“, so Kropp.
Leonhard Schenk ist davon überzeugt, dass das Grundproblem der Wohnungsnot die Stadt Konstanz noch lange begleiten wird. „Selbst wenn der Hafner einmal fertig ist, bleibt Konstanz weiterhin ein begehrter Wohnstandort.“ Aber: Seiner Ansicht nach wird das Gebiet nördlich von Wollmatingen irgendwann ein lebendiger Teil von Konstanz sein. „Auch wenn der Hafner für einen echten Konstanzer ja fast schon in Singen ist“, sagt er und lacht. „Aber vor vielen, vielen Jahren konnten sich die Konstanzer bestimmt auch nicht vorstellen, dass man die Stadt mal auf der anderen Seerheinseite erweitert.“