Nie mehr Miete zahlen, kein Kündigungsrisiko und dazu noch eine Altersvorsorge. Viele Menschen träumen davon, die eigenen vier Wände zu kaufen oder gar selbst zu bauen. Doch die derzeitige Lage macht eine Immobilienfinanzierung schwierig.

Ist der Traum vom Eigenheim für Normalverdiener in weite Ferne gerückt? Der SÜDKURIER hat dafür mit Experten über die derzeitige Lage in Konstanz gesprochen – und darüber, wie man sich in Zukunft vielleicht doch noch ein Haus bauen oder eine Wohnung kaufen kann.

Warum sind Immobilien derzeit so teuer?

Der Wohnungsmarkt in der Bodenseeregion ist seit längerer Zeit angespannt. Nicht nur die Mieten steigen, auch die Kaufpreise klettern immer weiter. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe.

Einer davon ist das Bauen an sich. Handwerkermangel, steigende Energiekosten, aber auch fehlende Rohstoffen treiben die Preise in die Höhe. Baustoffe wie Stahl, Holz und Dämmmaterial sind seit Pandemiebeginn teurer geworden – und der Krieg in der Ukraine hat die Lage bei den Lieferketten verschärft. Beim Transport von Baustoffen entstehen höhere Kosten, weil auch der Sprit teurer geworden ist.

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Auch die steigenden Zinsen für Kredite verteuern das Eigenheim. Allerdings betont Alexander Bertram, Direktor der Bezirkssparkasse Reichenau: „Wir haben immer noch ein historisch niedriges Zinsniveau.“ Das Problem seien vielmehr die niedrigen Zinssätze in den vergangenen Jahren gewesen. „Da haben sich Immobilien so sehr gerechnet, dass die Nachfrage plötzliche extrem gestiegen ist“, erklärt Bertram. Das habe die Immobilienpreise erst so richtig befeuert.

Alexander Bertram ist Direktor der Bezirkssparkasse Reichenau. Er sagt: „Der niedrige Zins hat die Immobilienpreise erst so ...
Alexander Bertram ist Direktor der Bezirkssparkasse Reichenau. Er sagt: „Der niedrige Zins hat die Immobilienpreise erst so richtig befeuert.“ | Bild: Julius Bretzel

Ein weiterer Faktor, der zu höheren Kosten geführt hat, sind die schlechteren Fördermöglichkeiten für Gebäude. Der Bund hat viele Förderprogramme in den vergangenen Monaten gestoppt oder überarbeitet und viele Auflagen strenger gemacht.

Ist das Eigenheim in Konstanz besonders teuer?

Wohnraum am Bodensee ist begehrt. Das zeigt sich auch in den Immobilienpreisen, erklärt Alexander Bertram. Demnach seien die Preise in Konstanz und Umgebung „durchaus das 1,5-Fache höher als wenn sie den See verlassen und nach Norden fahren“.

Für eine Dreizimmerwohnung rechnet der Sparkassendirektor vor: „Sagen wir mal 400.000 bis 600.000 Euro. Mit den jetzigen Zinsen und 20 Prozent Eigenkapital kommt man auf eine Rate von 2000 bis 2500 Euro monatlich.“ Und das Häuschen im Grünen? Dafür spreche man in Konstanz etwa von einer Million Euro. „Dann sind wir natürlich ruckzuck bei Raten von etwa 5000 Euro.“

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Werden die Kaufpreise weiter steigen oder fallen?

Experten entschuldigen ihre unsicheren Aussagen bei dem Thema gerne mal damit, dass sie keine Glaskugel haben, um in die Zukunft zu blicken. Denn Prognosen zur Entwicklung von Immobilienpreisen sind schwierig. Zunächst sprechen die Inflation, die steigenden Baupreise und die anhaltende Nachfrage für weitere Preissteigerungen.

Matthias Schaubel, Vorsitzender des Konstanzer Eigentümervereins Haus und Grund sagt: „Wir haben in Konstanz immer eine erhöhte Nachfrage an Wohnraum und nur wenig Angebot. Allein das erhöht schon den Preis, sowohl in der Miete als auch im Kaufen und Bauen.“

Matthias Schaubel ist Syndikusrechtsanwalt und Geschäftsführer Haus und Grund Konstanz.
Matthias Schaubel ist Syndikusrechtsanwalt und Geschäftsführer Haus und Grund Konstanz. | Bild: Julius Bretzel

Auch Sparkassendirektor Bertram erklärt, dass die Wohnlage eher gegen sinkende Preise spricht. „Diese Region ist ungeheuer lukrativ, der Grund und Boden allein stellt extrem viel Wert dar. Und das wird sich auch nicht verändern.“

Zu sinkenden Preise könnten allerdings die derzeitigen Einkommensverluste und die steigenden Zinsen. Deshalb ist sich Bertram sicher, dass der massive Aufwärtstrend der letzten zehn Jahre vorbei sei. „Aber für den Moment sehe ich auch keinen Absturz.“

Können sich Normalverdiener derzeit eine Immobilie leisten?

Hier stellt sich zuerst die Frage, was man unter einem Normalverdiener verstehen kann. Dafür kann man sich das durchschnittliche Einkommen in Deutschland anschauen. Im Jahr 2021 lag dieses laut Statistischem Bundesamt monatlich bei einem Bruttogehalt von 4100 Euro bei einer Vollzeitstelle. Einer Person mit der Steuerklasse I in Baden-Württemberg bleiben damit rund 2600 Euro netto.

Die Finanzierung von einer Wohnung oder einem Einfamilienhaus wie oben beschrieben wird also mit dem bloßen durchschnittlichen Monatseinkommen schwierig bis unmöglich.

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Matthias Schaubel von Haus und Grund hofft deshalb, dass sich der Markt wieder reguliert. „Es kann nicht jeder seine Einnahmen verdoppeln und verdreifachen.“ Stattdessen müsse die Relation zwischen Immobilienpreisen und Einkommen wieder stimmen.

Ist der Traum vom Eigenheim überhaupt noch zeitgemäß?

Ein Eigenheim geht meistens mit der Entscheidung einher, dass man für den Rest des Lebens, oder zumindest für eine lange Zeit an einem Ort bleiben will. Doch geht das mit dem modernen Lebensstil einher? Immer mehr junge Menschen arbeiten als Job-Nomaden und wollen eine gewisse berufliche Flexibilität genießen. Und die potenziellen Erben der Immobilie wohnen oft später an ganz anderen Orten. Hat das Konzept Eigenheim vielleicht in der Gesellschaft ausgedient?

Alexander Bertram hat auch den Eindruck, dass das Eigenheim an Bedeutung verloren hat. „Wenn ich an die Generation der Großeltern und Eltern denke: Die sind vielleicht mal mit dem Auto nach Italien und haben sonst alles fürs Häuschen zurückgelegt.“ Heute gebe eine andere Erwartungshaltung was Konsumgüter und Urlaubsziele angeht. Dennoch rechne sich Wohnen im Eigentum langfristig mehr als in der Miete – „vorausgesetzt man bleibt lange an einem Ort.“ Und auch als Altersvorsorge seien Immobilien noch zeitgemäß.

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Mit welchen Tipps kann man sich trotzdem Wohneigentum leisten?

Wer sich die eigenen vier Wände leisten möchte, kann diesen Traum laut Alexander Bertram und Matthias Schaubel dennoch verfolgen – zumindest, wenn ein paar Dinge berücksichtigt werden. Zunächst müsse man überlegen: „Wie wichtig ist mir dieses Eigenheim und wie viel bin ich bereit, von meinem Einkommen und Vermögen dafür auszugeben?“, sagt Bertram. Denn ein Immobilienkauf gehe unter den derzeitigen Bedingungen nur mit entsprechendem Vermögen im Hintergrund.

Ein Bausparvertrag hat sich lange Zeit nicht wirklich gerechnet, da Kredite bei den niedrigen Zinssätzen sich mehr lohnte. Das hat sich laut Bertram aber wieder verändert. Für junge Menschen sei Bausparen der richtige Einstieg. Damit sammle man auf der einen Seite Eigenkapital an, auf der anderen Seite sichere man sich niedrige Zinsen für die Zukunft. „Das wäre eine meiner Empfehlungen für junge Menschen, die ins Wohneigentum möchten.“ Wer den Traum vom Eigenheim träume, der solle frühzeitig anfangen, darauf zu sparen.