Es ist frustrierend. Bereits im Jahr 2021 startete das Projekt „nachhaltige Finanzen“ mit dem Ziel, die Einnahmen um neun Millionen zu steigern und zusätzlich sechs Millionen Euro zu sparen. Damit wäre das geschätzte strukturelle Defizit in Höhe von 15 Millionen Euro gedeckt gewesen.

Aber: Gewerbesteuereinbruch, gestiegene Lohn- und Energiekosten und neue Pflichtaufgaben für die Kommunen machten einen Strich durch die Rechnung. Der Schuldenberg wächst. Jan Welsch (SPD) bringt das Desaster auf den Punkt: „Die Verbesserungen sind zu hundert Prozent durch Mehrausgaben gefressen worden.“ Jetzt müssen die Stadträte wirklich den Rotstift ansetzen.

Schwarze Null, aber wie?

„Wir haben weiterhin ein strukturelles Defizit“, stellt Oberbürgermeister Uli Burchardt fest. Mit Blick auf andere Städte meint er: „Wir stehen mit den strukturellen Verschuldungen nicht alleine da. Das Geld reicht nicht, um die Aufgaben zu bewältigen.“ Ein schwacher Trost, finden die meisten Stadträte.

Das könnte Sie auch interessieren

Den prognostizierten Jahresverlust für 2024 schätzt Kämmerer Ulrich Schwarz auf knappe 15 Millionen. Klar ist: „Wir haben da eine große Baustelle. Auf Dauer müssen wir auf die schwarze Null kommen“ – trotz der gravierenden Aufwendungen, so Uli Burchardt. Die große Frage lautet: Wie?

Alleine bei der Gewerbesteuer werde die Stadt knapp 8,5 Millionen weniger einnehmen, als erwartet. „Eigentlich haben wir eine resiliente Wirtschaft, da wir viele Betriebe haben“, sagt Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL&Grüne), die betont: „Es ist wichtig, dass wir unsere Betriebe stärken und hier halten.“ Die Lage der Firmen sei nicht mehr stabil, merkt Jürgen Faden (Freie Wähler) an. Es sei nicht „Friede, Freude, Eierkuchen“ für die Wirtschaft.

Es wurde kräftig an der Steuer-Schraube gedreht

Jacobs-Krahnen ist froh über die Einführung der Bettensteuer, die 3,27 Millionen Euro in die Kasse spült. „Eine gute Einnahmequelle“, wertet auch Jan Welsch. Jacobs-Krahnen sieht noch Potenziale, die Einnahmenseite zu verbessern. So gingen beispielsweise 60.000 Euro flöten, weil im September im Bodensee-Stadion keine Konzerte stattfanden. Durch derartige Veranstaltungen würden zusätzliche Einnahmen in anderen Bereichen generiert – die sogenannte Umwegrentabilität.

„Für die Bürger ist es eh schon teuer genug. Wir müssen Schwerpunkte und Ziele identifizieren, wo wir mit Einnahmen und Ausgaben hinwollen“, sagt Dorothee Jacobs-Krahnen.

„Für die Bürger ist es eh schon teuer genug. Wir müssen Schwerpunkte und Ziele identifizieren, wo wir mit Einnahmen und Ausgaben ...
„Für die Bürger ist es eh schon teuer genug. Wir müssen Schwerpunkte und Ziele identifizieren, wo wir mit Einnahmen und Ausgaben hinwollen“, sagt Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL&Grüne). | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

„Steuern haben wir, wo es geht, erhöht. Wir sind ans Limit gekommen“, stellt Joachim Filleböck (CDU) fest. „Bei jeder Möglichkeit, wo wir die Bürger schröpfen können, sind wir vorne mit dabei. So können wir auf Dauer nicht weitermachen“, stellt Achim Schächtle (FDP) fest. „Wir müssen mal einen Betrag einsparen, den man auch sieht“, fordert er und fügt an: „Ich habe nie gesehen, dass ein Projekt beerdigt wird. Aber wir müssen jetzt streichen, was nicht zu leisten ist.“

„Wir können nicht so lange in die Taschen der Bürger greifen, bis wir nicht mehr sparen müssen. Wir müssen uns mehr disziplinieren“, ...
„Wir können nicht so lange in die Taschen der Bürger greifen, bis wir nicht mehr sparen müssen. Wir müssen uns mehr disziplinieren“, mahnt Achim Schächtle (FDP). | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

„Mich stört: Der Griff in die Tasche der Bevölkerung ist uns leichtgefallen, aber gespart haben wir nicht so, wie wir es sollten“, merkt auch Jürgen Faden selbstkritisch an.

Wichtig: Realistische Planung

Auch der Investitionshaushalt müsse verbessert werden. Wichtig sei eine Zehnjahresplanung, findet Jacobs-Krahnen, aber eine realistische. Die Fragestellung müsse lauten: Was könne überhaupt abgearbeitet werden und welche Projekte müsse man überdenken, meint sie.

Das könnte Sie auch interessieren

Jürgen Faden wird deutlich: „Wir hören jedes Mal, wir müssen sparen. Jetzt müssen wir wirklich mal streichen.“ Man müsse auf Großprojekte verzichten, statt immer wieder Neues aufzugleisen, denn „wir können es uns nicht leisten“, mahnt er. „Wir müssen etwas tun, sonst fahren wir gegen die Wand.“

„Wir müssen etwas tun, sonst fahren wir gegen die Wand“, mahnt Jürgen Faden (Freie Wähler).
„Wir müssen etwas tun, sonst fahren wir gegen die Wand“, mahnt Jürgen Faden (Freie Wähler). | Bild: Sybille Wiens | SK-Archiv

Es werde nur vom Sparen gesprochen, aber niemand habe einen konkreten Vorschlag, moniert Simons Pschorr (Linke Liste). Die Stadträte bräuchten erst den Entwurf des nächsten Haushaltsplans. „Dann haben wir Konkretes in der Hand“, um dementsprechend Entscheidungen treffen zu können.

„Wir brauchen einen Haushaltsplanentwurf. Dann haben wir Konkretes in der Hand“, so Simon Pschorr (Linke Liste).
„Wir brauchen einen Haushaltsplanentwurf. Dann haben wir Konkretes in der Hand“, so Simon Pschorr (Linke Liste). | Bild: Patrick Pfeiffer | SK-Archiv

Was auch er höchst auffallend findet: Die Stadt habe erhebliche Einnahmen erzielt, und dennoch erneut ein extremes Haushaltsloch. Er plädiert dafür, das strukturelle Defizit realistischer einzuschätzen, damit der Rat mehr Planungssicherheit bekomme und letztlich Geld habe, um die Pflichtaufgaben zu erfüllen.