Die städtische Kassenlage ist schlechter als erwartet. Die Stadt muss sparen und mehr Einnahmen generieren. Das trifft jeden Konstanzer Bürger, denn Stadtkämmerer Ulrich Schwarz macht klar: „In solchen Zeiten müssen wir Gebühren und Preise nachkalkulieren. Der Einstieg in eine regelmäßige Anpassung kommt.“ Das betreffe bei weitem nicht nur die Erhöhung von Kita-Gebühren.

Kosten steigen, Einnahmen brechen ein

Tarif- und Lohnentwicklung, Ulrich Schwarz spricht von durchschnittlich elf Prozent, hätten dazu beigetragen, dass die Kosten massiv gestiegen sind, gibt der Kämmerer ein Beispiel. Aber auch die Einnahmenseite ist prekär. Nach seinen Worten fehlen im laufenden Geschäft aktuell 17,3 Millionen Euro, wenn die aktuelle Prognose eintritt. Dies ist das größte Finanzloch seit langem.

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Besonders dramatisch ist die Lage demnach bei der Gewerbesteuer. Fast zehn Millionen Euro fehlen aktuell allein hier. Dennoch versucht der städtische Finanzchef, die sichtlich betroffenen Stadträte zu trösten. Der Gewerbesteuereinbruch sei nicht so dramatisch wie in Singen. „Bei uns hat es nur zwei Firmen getroffen“, so Schwarz. Nachfragen, welche diese sind, beantwortete er nicht, das unterliege dem Steuergeheimnis.

Insgesamt spricht Schwarz „von einer deutlichen Verschlechterung“. Damit die Stadt überhaupt handlungsfähig bleibt, plant er, 12,5 Millionen Euro über Kredite aufzunehmen. Weil aber andere Darlehen weiter getilgt werden, bleibt eine Netto-Neuverschuldung von zehn Millionen Euro.

In der Sitzungsvorlage ist der Appell des Kämmerers an die Stadträte deutlich formuliert: Sie empfiehlt, „keine neuen freiwilligen Leistungen zu beschließen“. Freiwillige Leistungen sind zum Beispiel Sport- und Kulturförderung, Bäder, Beratungsstellen oder Bibliotheken. Auch solle geprüft werden, ob manche Ausgaben zurückgestellt werden können. Das heißt: Sparen und verzichten. Gleichzeitig plant die Stadtverwaltung, Einnahmen zu vermehren, beispielsweise indem Gebühren und Preise erhöht werden.

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Verzicht auf Freiwilligkeitsleistungen? Das sei der Stadtgesellschaft nicht dienlich, meint Soteria Fuchs (FGL&Grüne). Man sollte vielleicht überlegen, ob alte freiwillige Leistungen noch zeitgemäß seien. Der Einbruch der Gewerbesteuer sei bitter. Joachim Filleböck (CDU) sagt zu den neuesten Zahlen: „Das Positive: Wir schaffen es aktuell, die über neun Millionen zu verkraften. Es geht uns nicht gut, aber wir pfeifen nicht aus dem letzten Loch.“

Was kann sich die Stadt noch leisten?

Immerhin könne Filleböck „der Hiobsbotschaft noch Positives abgewinnen“, meint Jan Welsch (SPD), der sofort anfügt: „Im Ernst: Das ist eine üble Nummer.“ Mit den Einnahmen aus der Gewerbesteuer sei Konstanz eigentlich auf einer relativ sicheren Seite gewesen, „weil wir nicht die großen Gewerbesteuerzahler hatten“. Friedrichshafen und Singen hätten eher zu leiden gehabt.

Welsch rät dazu, den Investitionsplan genau zu prüfen. Dieser müsse realistischer gestaltet werden – mit anderen Worten, dort sollen nur noch Vorhaben auftauchen, die die Verwaltung auch tatsächlich umsetzen kann. Es solle weniger „Luftbuchungen“ geben: „Wir beschließen einen Haushalt, damit er möglichst genau umgesetzt werden kann, aber davon entfernen wir uns immer weiter“, so Welsch.

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Für Jürgen Faden (Freie Wähler) ist klar, dass Konstanz nur deshalb derzeit noch mit einem blauen Auge davonkommt, weil die Stadt 2023 weniger Schulden machen musste als seinerzeit befürchtet. Anders 2024: „Es sieht schlecht aus. Wir müssen aufwachen und Dinge, die wir uns nicht leisten können, beerdigen“, sagt er.

Das sieht Roger Tscheulin (CDU) auch so: Mit den neuen Krediten könne sich Konstanz zum Glück kurzfristig über Wasser halten, „aber insgesamt ist es schlecht“. Verschiedene Steuern, darunter Gewerbe- und Grundsteuer, seien bereits erhöht worden. Und trotzdem gebe es ein derart hohes Defizit. An Schwarz gewandt, meint Tscheulin. „Sie empfehlen, freiwillige Maßnahmen zu kürzen oder die Potenziale bei Gebühren und Preisen zu erhöhen und damit die Bürger weiter zu belasten. Aber: Wir haben wenig eingespart. So können wir nicht weiter verfahren.“

Einbruch der Gewerbesteuer eine „einmalige Geschichte“?

Ulrich Schwarz geht davon aus, dass der Einbruch bei der Gewerbesteuer „eher eine einmalige Geschichte“ sei. Er sagt aber auch: „Es gibt Unternehmen, die nicht mehr in Konstanz investieren. Da gehört das eine Unternehmen dazu“, das nun plötzlich so viel weniger Steuern bezahlt und damit maßgeblich zum Finanzloch beiträgt.

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Zum Thema Bugwelle an Investitionen meint er: „Wir versuchen, realitätsnaher zu planen.“ Sprich: Es sollen nur noch Projekte verfolgt und in die Planung aufgenommen werden, für die Personal und Geld zur Verfügung stünden. Nach den Zahlen der Kämmerei sind per Mitte Juni über 80 Prozent der Ausgaben für Investitionen noch nicht getätigt. Die Bugwelle betrug zu diesem Zeitpunkt fast 70 Millionen Euro.

Regelmäßige Preis- und Gebührenerhöhungen kommen

Zum Thema Gebührenerhöhung erklärt Schwarz, die Stadt habe Kostensteigerungen, darunter für Personal, zu tragen. „In solchen Zeiten müssen wir Gebühren und Preise nachkalkulieren“, so Schwarz. Auch bei den Kitas stiegen die Kosten immer weiter. Für ihn ist damit klar: „Der Einstieg in eine regelmäßige Anpassung kommt.“ Schließlich: „Was wir im Ergebnishaushalt nicht erwirtschaften, können wir nicht ausgeben.“

Oberbürgermeister Uli Burchardt stellt bezüglich des Investitionsplans klar: „Wir sind auf dem Weg zu einer Zehn-Jahres-Planung.“ Politische Wünsche und Personalkapazitäten müssten abgeglichen werden. Oft hätten in der Vergangenheit Planungen aufgrund von Krisen und anderer Herausforderungen nicht umgesetzt werden können. Für den nächsten Haushaltsplan wolle man sich Zeit nehmen, um aufzuräumen.