Die ersten Schritte in Richtung Zukunft sind gemacht. An der Ecke Wessenberg-/Zollernstraße stehen einige Blumenkübel, auch weiße Schirme lockern das Ambiente auf. „Nach dem Brand möchten wir dafür sorgen, dass die Zollernstraße wieder einladend aussieht“, sagt Daniel Hölzle, Vorsitzender der Werbe- und Interessengemeinschaft der ansässigen Händler.
Die Optik soll dafür sorgen, dass mehr Touristen und Einheimische den Weg in die Geschäfte finden und nicht nur „Schadentourismus“ betreiben, wie es die Täschnerin Anja Kozima von Deinlers Ledermanufaktur jüngst nannte. Die optische Aufwertung gefällt Nicola Furtwängler gut. Sie lebt in der Zollernstraße und betreibt das Geschäft Dolce Vita.

„Ich bin auch dankbar, dass wir von der Stadt schnell und unkompliziert die Genehmigung bekamen, einen größeren Außenbereich bestuhlen zu dürfen“, sagt Furtwängler. Dennoch habe sie deutliche Umsatzeinbußen. „Das Bummeln durch die heimliche Hauptstraße mit lauter inhabergeführten Läden hat spürbar abgenommen“, so Furtwängler. „Außerdem leben wir vom Verkauf unserer Produkte, die Kaffeebar ist nur ein Zusatzgeschäft.“ Doch der Verkauf von recht schweren Kaffeemaschinen sei mit der Baustelle vor der Tür nicht ganz einfach.

„Die Stadt hat uns weiter unten in der Straße einen Parkplatz zum Be- und Entladen gewährt und wir holen die Geräte dort mit einem Handkarren ab oder bringen sie hin, wenn die Kunden uns vorher Bescheid geben“, sagt die Inhaberin.
Sie betont: „Wir sind da und kämpfen weiter.“ Im nächsten Satz drückt sie das aus, was weitere Händler ebenfalls empfinden: „Der Magnet für unsere Kundschaft, Bent Sörensen, fehlt uns allen gewaltig.“
Das ist auch den drei Frauen, die vor einem Jahr das Möbelhaus übernahmen, durchaus bewusst.„Wir möchten auf jeden Fall bis zum Weihnachtsgeschäft eine kleine Präsenz unseres Ladens erschaffen“, sagt Anja Jehle. Derzeit warten die Geschäftsführerinnen auf Aussagen ihrer Versicherungen. „Wir schauen, ob wir in einem ersten Schritt den kleinen Ausstellungsraum und das dahinter liegende Lager umbauen können, dann hätten wir immerhin 100 Quadratmeter“, sagt Jehle. Zum Vergleich: Vor dem Brand umfasste das Möbelhaus das Zehnfache an Fläche.
Aufgeben ist keine Option
Wenn möglich, möchten die drei Frauen auch den Verkaufsoffenen Sonntag am 13. Oktober 2024 mit einem Popup-Store (vorübergehend geöffnetes Geschäft) nutzen. „Es ist aber fraglich, ob das mit dem Umbau bis dahin hinhaut“, sagt Anja Jehle. Immerhin haben sie und ihre Kolleginnen bereits neue Büroräume in einem Architekturbüro gefunden.

Aufgeben ist für das Trio keine Option. „Ohne Laden haben wir wahnsinnige Umsatzverluste, aber wir stecken nicht den Kopf in den Sand“, sagt Anja Jehle. Genau dies ist die Stimmung, in der sich nach Wahrnehmung von Daniel Hölzle die meisten Gewerbetreibenden in der Zollernstraße befinden.
Er ist froh, dass vieles angeschoben wurde, doch es sei auch noch einiges zu tun: „Die Optik von der unteren Seite her ist noch nicht schön. Von der Konzilstraße aus sehen die Touristen eine abgesperrte Straße und den großen Kran.“
Das bemängelt auch Hubertus Reiber, der sein Gasthaus „Zum guten Hirten“ noch nicht wieder eröffnen konnte. Gehofft hatte er auf den 1. September 2024, nun setzt er auf das Monatsende. „Die Baustelle und der Gestank sind schon belastend“, sagt der Gastronom.
„Immerhin darf ich, sobald ich wieder öffnen kann, nach Ende der Bauarbeiten um 18 Uhr bis zur Sperrstunde Möbel auf dem Gehweg auf- und abbauen“, sagt Hubertus Reiber. „Aber mir fehlen drei Monate. Wenn man in die Kasse blickt, weiß man Bescheid.“Er lobt die Bemühungen der Stadt und der Werbegemeinschaft, schränkt aber ein: „Das ist kein Vergleich zu früher. Die Zollernstraße ist für zwei Jahre entwertet.“
Wie geht es weiter?
Neben dem Guten Hirten betreiben Tamara und ihr Sohn Sebastian Unterwerner ihr Hotel am Fischmarkt. Auch sie wissen noch nicht, wann sie wieder Gäste begrüßen dürfen. „Wir hängen in der Luft und haben kein konkretes Ziel vor Augen“, fasst Sebastian Unterwerner seine Gemütslage zusammen.
Zu tun ist dennoch genug. „Ich habe einen Termin nach dem anderen mit Vertretern unterschiedlicher Versicherungen, außerdem war neulich ein Statiker im Hotel“, berichtet er. Das Ergebnis seiner Untersuchungen steht aber noch nicht fest. „Unklar ist auch noch, wie stark die Wände von den Löscharbeiten beeinträchtigt wurden“, so der 29-Jährige. Bis auf Weiteres muss er allen Gästen absagen. Laut Unterwerner gab es bereits Buchungen bis Silvester.