Erst spät wurde die „Moritat von Mackie Messer“ sozusagen als Auftakt in die Dreigroschenoper hineingeschrieben – schnell wurde das Lied zum Welthit. „Denn die einen sind im Dunkeln und die anderen im Licht“, heißt es da. Für die 14 Leserinnen und Leser, die im Rahmen von „Der SÜDKURIER öffnet Türen“ zunächst eine Führung mit einem Blick hinter die Kulissen bekamen und anschließend eine Aufführung von Bertolt Brechts Dreigroschenoper vor dem Konstanzer Münster besuchen durften, bekamen diese Zeilen aus dem wohl bekannteste Stück der „Oper für Bettler“ eine besondere Bedeutung. Denn weiter heißt es: „Man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht“ Klingt fast wie eine Ode an die Beleuchtungstechniker, ohne deren präzise Arbeit eben die Akteure nach Einbruch der Dunkelheit eher im Unsichtbaren blieben.
Und für die Lichtexperten heißt es, in der Probenphase auf dem Münsterplatz bis tief in die Nacht hineinzuarbeiten, erfahren die Leserinnen und Leser. Denn bis 22 Uhr dauern die Proben mit Schauspielern und Musikern, danach hat die Nachbarschaft in der Niederburg ihr Recht auf Nachtruhe, ist die Bühne frei für die Beleuchter, um das Licht für die unterschiedlichen Szenen einzustellen. Damit das auch funktioniert und die Schauspieler gut ausgeleuchtet sind, hat der Verfolger-Scheinwerfer eine Art Zielfernrohr. Mit diesem können die Fachleute den Akteur exakt auf den Punkt ausgerichtet ins rechte Licht rücken, erläutert Regieassistent Sebastian Beck vom Stadttheater.
Große Bühne, große Auswirkungen
Sind schon die ganz „normalen“ Besuche hinter den Kulissen des Stadttheaters für Theaterfreunde eine spannende Sache, so ergeben sich für die jährliche Freiluft-Aufführung auf dem Münsterplatz noch ganz besondere Aspekte. Denn die Aktionsfläche ist deutlich größer als die Bühne im Theater. Und das hat Konsequenzen bis hin zur Verknüpfung der Schauspieler mit den Musikern, wie Rudolf Hartmann, der musikalische Leiter, erläutert.
Ende April beginnen die ersten Textproben des Ensembles, zunächst noch ohne Kostüme und Musik. Und mit der Musik ist es eben bei der Dreigroschenoper etwas ganz Besonderes. Entwickelte sich im Vorjahr bei Shakespeares Sommernachtstraum die Inszenierung dank der Musikauswahl hin zur großen Party, so ist man hier an die Musikstücke von Kurt Weill gebunden, zumal die Erben Brechts hier noch ein Wörtchen mitzureden haben.
Doch bei den Aufführungen auf dem Münsterplatz setzt ein Ensemble der Bodensee Philharmonie die musikalischen Akzente. Und wie! Der Schlussapplaus zeigt: Ohne die Leistung der Schauspieler schmälern zu wollen, bei den Musikern wird es noch euphorischer. Doch bis das so weit ist, bedarf es viel Arbeit. Denn während zunächst beide Ensembles getrennt proben, kann einiges noch gut klappen. Wenn aber die Bewegungen der Schauspielerinnen und Schauspieler zur Musik passen müssen, ist noch reichlich Feinschliff nötig. Aber, auch das zeigt sich auf dem Münsterplatz, die Kooperation der beiden Konstanzer Kultur-Institutionen funktioniert bestens.
Schon bei der Besetzung der Rollen kommen auf die Regie spezielle Aufgaben hinzu. Das musikalische Spektrum in der Dreigroschenoper fordere von den Schauspielerinnen und Schauspielern auch stimmlich einiges ab, erklärt Rudolf Hartmann. Vom „Gassenhauer“ wie eben etwa die „Moritat von Mackie Messer“ bis hin zu anspruchsvollen Gesangseinlagen sind darunter.
Spannende Fragen und Antworten
Wie lässt sich eine Probe planen? Welche Rolle spielt das Wetter? Ab wann müsste abgebrochen werden? Wie verträgt die Technik einen Regenschauer? Während es für die Anwesenden über die Bühne, in den Kreuzgang des Münsters und hinauf zu den Ton- und Beleuchterräumen oben auf der Tribüne geht, gibt es reichlich Informationen von Rudolf Hartmann und Sebastian Beck. Dass etwa keine Aufführung wie die andere ist, da die Schauspieler stets an ihrer Rolle feilen. Oder dass die Arbeitszeiten während der Proben von 10 bis 14 und von 19 bis 22 Uhr dauern, dabei aber das individuelle Erarbeiten des Textes oder der gleichzeitige Einsatz in laufenden Stücken ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
Nach etwa 90 Minuten sagt am Ende der Tour ein Teilnehmer: „Es wurde einfach zu gut erklärt. Es gibt keine Fragen mehr.“ Eine Stunde später geht die Vorstellung los, und die SÜDKURIER-Leserinnen und -Leser wissen jetzt, wer Mackie Messer ins richtige Licht setzt. „Ich bin technisch nicht so bewandert, aber das hat mich schon beeindruckt. Ich fand es gut, dass man das derart ausführlich beschrieben bekommt, was da alles dranhängt“, so Ingrid Scherer, und ihr Mann Bruno ergänzt: „Dem SÜDKURIER ein großes Kompliment, dass er das so gründlich für eine kleinere Gruppe angeboten hat. Das war schon beeindruckend!“