„Aktuell bestehen Einschränkungen im Betrieb des Kreißsaals am Klinikum Konstanz“ – dies war auf der Homepage der Geburtsklinik Konstanz in jüngster Zeit häufiger zu lesen. Oft mit dem Hinweis, dass der Kreißsaal über mehrere Tage nachts nicht besetzt sei.
Das verunsichert Schwangere, die kurz vor der Geburt stehen, enorm. Nun gibt es eine neue offizielle Regelung: Am Klinikum Konstanz wird der Kreißsaal in der nächsten Zeit jeweils drei Wochen öffnen und dann angekündigt eine Woche schließen. Die Schließung soll auf der Internetseite des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz (GLKN) mitgeteilt werden. Im November wird der Konstanzer Kreißsaal vom 14. bis 20. November nicht zur Verfügung stehen, wie Andrea Jagode, Pressesprecherin des GLKN, auf Nachfrage des SÜDKURIER berichtet.
Der Grund: Es gibt einen Personalengpass bei den Hebammen. Dadurch sei eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung am Standort Konstanz nicht möglich. In Singen sei der Kreißsaal dagegen durchgängig geöffnet, Schwangere könnten dorthin ausweichen.
Die Konstanzerin Stefanie Fuchs hat vor fünf Wochen entbunden – und die Ungewissheit, die mit den kurzfristigen Schließungen des Kreißsaals verbunden ist, kennengelernt. „Mein erstes Kind habe ich in Konstanz zur Welt gebracht und war deshalb überzeugt davon, dass es dieses Mal wieder gut läuft.“ Die Hebamme machte sie dann auf die unsichere Lage an der Konstanzer Geburtsklinik aufmerksam. Daraufhin befasste sich Stefanie Fuchs mit Alternativen, „zunächst war das für mich aber nur der Plan B“.
In der Schweiz wird erst das Finanzielle geklärt
Als sie bei einer Voruntersuchung nach Münsterlingen in die Schweiz auswich, weil die Geburtsklinik in Konstanz geschlossen hatte, war für sie klar, dass sie ihr Kind dort bekommen werde. Es folgte ein hoher bürokratischer Aufwand, bis geklärt war, dass ihre Krankenkasse die Kosten für die Geburt in der Schweiz übernimmt, und bis eine schriftliche Bescheinigung darüber vorlag. „Ich bin privat versichert, das hat es etwas einfacher gemacht“, sagt sie. Schließlich ging alles gut, und ihr Sohn kam gesund – und in der Schweiz – zur Welt.

„Am Ende war ich froh, dass ich mich so entschieden hatte“, sagt Fuchs im Rückblick. Als Schwangere kurz vor der Geburt habe sie es als belastend empfunden, dass der Konstanzer Kreißsaal nicht verlässlich zugänglich ist. „Es ist traurig für eine große Stadt mit umliegendem Einzugsgebiet, dass man hier sein Kind nicht entspannt auf die Welt bringen kann.“
Schwangere verunsichert die aktuelle Situation
Werdende Mütter in und um Konstanz sind dieser Ungewissheit ausgesetzt. Wenn der Konstanzer Kreißsaal nicht geöffnet ist, müssen sie für die Entbindung nach Singen. Sollte der Kreißsaal dort überlastet sein, kommt Überlingen in Frage. Worauf sie sich einstellen sollen, wissen die Frauen nicht. Und: Nicht jede Krankenkasse übernimmt die Kosten für die ganz sichere Alternative, eine Geburt in der Schweiz.
Kirsten Graf, Kreisrätin und selbst Hebamme und somit mit der Gesundheitspolitik im Kreis vertraut, sieht in dem Mangel, der nun auch Konstanz erfasst hat, ein strukturelles Problem. „Wenn Hebammen fehlen, ist das ein Teil des Pflegenotstands“, sagt sie. Hebammen seien denselben schlechten Bedingungen ausgesetzt wie Pflegekräfte.
Konkret: Sie würden nicht deutlich besser bezahlt, leisten Schichtdienste, auch nachts, und würden angerufen, wenn eine andere Hebamme ausfalle. „Das macht die Freizeit schwer planbar. Zumindest fühlt man sich verantwortlich, wenn man nicht einspringt, weil man weiß, dass die Kollegen in Unterbesetzung arbeiten“, sagt Graf.
Die Arbeitsbedingungen seien somit schwierig bis unbefriedigend. Hinzu komme das Gefühl, dass man als Hebamme nicht so arbeiten könne, wie man den Beruf erlernt habe. So würden beispielsweise schmerzlindernde Maßnahmen wie eine Periduralanästhesie manchmal auch dann eingesetzt, wenn sie medizinisch unnötig sind. Viele Hebammen setzen sich hingegen dafür ein, dass eine Geburt so natürlich wie möglich verläuft – also möglichst ohne Betäubung.
Eine rasche Abhilfe für das Problem sieht Kirsten Graf, die etwa 20 Jahre lang selbst im Kreißsaal in Singen und zuvor in Engen tätig war, nicht. „Die Kliniken stehen miteinander in Konkurrenz um das Personal.“ Stimmten also die Leitungsstrukturen an einer Klinik nicht, dann sei die Gefahr groß, dass auch neue Kolleginnen die Klinik schnell wieder verlassen. „Vieles dreht sich auch ums Thema, wie wertgeschätzt sich die Kolleginnen fühlen.“
Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Zeitraum der Gesundheitsverbund das Problem lösen kann. Denn wie diese Lösung aussehen könnte, dazu hat der Klinikverbund bisher geschwiegen.