Seit vier Jahren sind Sie nun Bürgermeister in Moos. Was hat Sie an den Beruf des Bürgermeisters überrascht? Mit was hätten Sie nicht gerechnet?

Ich habe nicht damit gerechnet, wie komplex viele Vorhaben sind und wie lange es deshalb dauert, diese umzusetzen. Schnell geht im Prinzip nichts. Vielmehr erfordert die Umsetzung der Projekte regelmäßig die Beteiligung und Abstimmung mit einer Vielzahl von Akteuren. Für die Bürgerschaft ist dies häufig nicht transparent, so dass oft nur schwer nachvollzogen werden kann, warum das alles so lange dauert.

Hat Sie auch etwas positiv überrascht?

Positiv überrascht hat mich der Umgang der Bürger in Konfliktsituation. Selbst wenn es bei schwierigen und konfliktträchtigen Themen mal richtig ans Eingemachte ging, haben die Menschen sehr sachlich diskutiert und es hat nie einen bestimmten Rahmen verlassen.

Peter Kessler (rechts) gratuliert seinem Nachfolger im Amt des Bürgermeisters von Moos, Patrick Krauss. Diese Aufnahme entstand kurz ...
Peter Kessler (rechts) gratuliert seinem Nachfolger im Amt des Bürgermeisters von Moos, Patrick Krauss. Diese Aufnahme entstand kurz nach der Wahl im November 2018. | Bild: Jarausch, Gerald

Wie hat sich Moos Ihrer Meinung nach in den vergangenen vier Jahren gesellschaftlich entwickelt?

In Bezug auf Vereinstätigkeiten ist die Gemeinde sehr aktiv geblieben und sogar noch aktiver geworden. Durch die neue Sporthalle haben sich nicht nur neue Möglichkeiten für die hiesigen Vereine ergeben, sondern es konnte auswärtigen Vereinen solidarisch ausgeholfen werden, die durch die Belegung der Kreissporthallen mit Geflüchteten Alternativen benötigt haben. Weiter wurden neue gemeinschaftliche Projekte wie der Weiler Abendmarkt und das Benefizkonzert ins Leben gerufen. Der Weiler Abendmarkt ist ein großer Erfolg und eine tolle Bereicherung für den Ortsteil. Er war und ist zwar meine Herzensangelegenheit, aber nicht mein Verdienst allein. Ohne die Unterstützung der Vereine würde der Abendmarkt nicht funktionieren. Auch für das Benefizkonzert für die Ukraine im Jahr 2022 haben mehrere Musikvereine zusammengearbeitet. Das war so ein schönes Erlebnis, dass wir es fortführen wollen.

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Und das trotz Corona. Da hätte man eher erwartet, dass alles mehr einschläft.

Mich hat diese Entwicklung trotz Corona sehr positiv überrascht. Unsere Vereine haben sich immens angestrengt und dieses Tal der Kontaktabstinenz mit sehr viel Kreativität überwunden. Letztlich sind wir alle daran gewachsen.

Erinnern Sie sich noch an das erste Projekt, das Sie in Moos angestoßen haben?

Das war im Februar 2019 der Spatenstich für die neue Sporthalle. Wir konnten die Halle dann sogar schneller und günstiger als geplant fertigstellen. Da bin ich noch immer sehr stolz drauf, aber natürlich war das eine tolle Gemeinschaftsleistung mit meinem Vorgänger Peter Kessler, der das Projekt bestens vorbereitet hat. Ich konnte mich da ein bisschen ins gemachte Nest setzen.

Glückliche Gesichter in der neuen Sporthalle in Moos im Mai 2022: Bürgemeister Patrick Krauss (Zweiter von links) erhält aus den Händen ...
Glückliche Gesichter in der neuen Sporthalle in Moos im Mai 2022: Bürgemeister Patrick Krauss (Zweiter von links) erhält aus den Händen von Herman Böhler (rechts), Bauleiter Roman Dominik (Zweiter von rechts) und Architekt Fred D‘Aloisio links einen symbolischen Schlüssel überreicht. | Bild: Jarausch, Gerald

Die Themen im Wahlkampf 2018 waren Wohnraum und die Dorfentwicklung. Sehen Sie diese Themen heute noch immer als dringlich an? Womit würden Sie heute in den Wahlkampf starten?

Wohnraum stellt immer ein Schwerpunkt dar. Leider ist die Umsetzung nicht so einfach. Am Thema sozialer Wohnungsbau sind wir dran. Wir haben einen Investor gefunden, der wie vom Gemeinderat gewünscht für ein Grundstück 100 Prozent Sozialwohnungen mit der derzeitig längstmöglichen Sozialbindung von 30 Jahren plant. Beim Thema Wohnraum muss aber immer mit berücksichtigt werden, wie viel neuen Wohnraum die Gemeinde auch verkraften kann. Es geht gerade nicht nur um die Ressource Wohnfläche, sondern auch um damit eng verknüpfte Themen wie Kindertageseinrichtungen, Ärzte, Kläranlagen oder Einkaufsmöglichkeiten. Wir können den Bedarf an Wohnraum, der von außen gewünscht wird, nicht abdecken. Wir beschränken uns daher auf die Innenentwicklung. Wir wollen den Familien, die schon da sind, eine Möglichkeit geben, hier zu bleiben. So entsteht ein sanftes Wachstum und wir haben für alle Bürgerinnen und Bürger die notwendige Infrastruktur und Nahversorgung.

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Wäre Ihr Wahlslogan also „Man muss Mooser sein, um Mooser bleiben zu können“?

Nein, natürlich nicht. Es ist richtig, dass wir Grundstücke hauptsächlich an Familien aus der Gemeinde vergeben, welche sich auch hier gesellschaftlich unter anderem in Vereinen engagieren und zudem noch kein Wohneigentum besitzen. Dadurch ergibt sich jedoch die Möglichkeit für jedermann, den freigewordenen Wohnungen anzumieten. Das hat zur Folge, dass die Gemeinde in einem sanften und verträglichen Maß wächst. Aber man sollte schon einen Bezug zu Moos haben, da viele Wohnungen auf den öffentlichen Plattformen über Investoren mit entsprechenden Mietpreisen vermietet werden und günstige Wohnungen oft nur über den Freundes- oder Bekanntenkreis vermittelt werden.

Wie glauben Sie, haben Sie sich in den vergangenen vier Jahren entwickelt? Was hat sich in Ihren Leben persönlich verändert?

Ich bin durch die Tätigkeit persönlich sehr gewachsen und habe sehr viel gelernt. Man kann die ganze Komplexität eines Rathauses zwar erahnen, aber es ist eine andere Nummer, wenn man dann mit dieser Komplexität konfrontiert ist. Ich bin aber auch Ich geblieben. Gern bin ich bei den Leuten, um die Bedürfnisse der Bürgerschaft aus erster Hand zu erfahren. Das ist mit sehr wichtig. Aus diesem Grund könnte ich mir auch nicht vorstellen, Bürgermeister einer größeren Kommune sein, weil man dann einfach zu weit weg ist.

Patrick Krauss nimmt am Radolfzeller Ufer die Pilger aus Moos in empfang am Montag des Hausherrenfestes. Die Aufnahme ist aus dem Jahr 2019.
Patrick Krauss nimmt am Radolfzeller Ufer die Pilger aus Moos in empfang am Montag des Hausherrenfestes. Die Aufnahme ist aus dem Jahr 2019. | Bild: Jarausch, Gerald

Haben Sie ein neues Hobby entdeckt, seitdem Sie in Moos sind?

Ich habe Hobbys eher verloren. (lacht) Ich versuche, als Bürgermeister an allen Vereinsveranstaltungen teilzunehmen, die in der Gemeinde stattfinden. Das ist zeitlich zwar oft eine Herausforderung, aber für mich ist dies mein Zeichen der Wertschätzung der Vereine und der Organisatoren. Das ist quasi mein neues Hobby geworden.

Wie würden Sie den Ist-Zustand der Gemeinde Moos beschreiben?

Die Gemeinde Moos steht mit ihren Angeboten, Möglichkeiten sowie mit ihrem Zustand gut da. Aber wir müssen dranbleiben, diesen Stand zu halten und kontinuierlich auszubauen. Wir haben einen Investitionsstau, so müssen unter anderem Straßen und auch Dächer kommunaler Gebäude saniert werden. Auch Energie ist ein großes Thema. In der Vergangenheit sind in alle Gebäude Gasanschlüsse gelegt worden. Wie es jedoch mit dem Gas und dessen Kosten weitergeht, wird über die zukünftige Ausrichtung für unsere Gebäude entscheiden. Wir stehen im Ganzen gut da, haben aber viele Hausaufgaben für die Zukunft.

Wie sieht die Situation mit der Flüchtlingsunterbringung in Moos aus?

Ende Januar 2023 waren in der Gemeinde Moos 113 Flüchtlinge untergebracht. Im Februar 2023 haben wir 11 Personen aufgenommen und im März 2023 sollen weitere zehn Personen untergebracht werden. Aufgrund dessen bin ich permanent mit Wohneigentümern in Kontakt, um neuen Wohnraum zu generieren. Nur so kann es gelingen, die Flüchtlinge unterzubringen und die von den Vereinen genutzten Räumlichkeiten frei zu halten. Die Vereine, die sich sehr für die Integration engagieren, sollen nicht durch die Unterbringung der Flüchtlinge in der Ausübung ihrer Vereinstätigkeit belastet werden. Die Solidarität in der Bürgerschaft war anfangs groß, ist es aber stark zurück gegangen.

Welche Themen werden die nächsten vier Jahre prägen?

Wir haben derzeit drei große Baustellen: Wir müssen aufgrund der vielen Geburten in den vergangenen zwei Jahren die Kinderbetreuung ausbauen und sicherstellen. Die Unterbringung von Geflüchteten wird uns sicher noch ganz lange begleiten. Letztlich ist das Thema Verkehrssicherheit sehr wichtig. Aufgrund der gesetzlich normierten Zuständigkeiten, dürfen wir allerdings auf all unseren wichtigen Straßen selbst nichts entscheiden, was uns dazu zwingt, immer wieder bei den zuständigen Behörden als Bittsteller aufzutreten.

Welche Projekte möchten Sie gerne abgeschlossen sehen?

Ganz klar das Projekt Breitband. Beim Thema Glasfaseranschlüsse haben wir im vergangenen Jahr einen großen Dämpfer erhalten. Wir hatten unseren Antrag auf Förderung des Breitbandausbaus gerade fertiggestellt, als der Förderstopp kam. Darüber waren wir natürlich sehr enttäuscht. Aber wir werden alles daran setzen, beim nächsten Förderprogramm zum Zuge zu kommen. Wir hoffen, dass wir bald allen schnelles Internet zur Verfügung stellen können.

Sie werden also in vier Jahren mit dem Wahlslogan starten: „Ich brachte Moos das schnelle Internet“?

… und den Mobilfunkempfang! (lacht)

Sie planen also eine zweite Amtszeit?

Auf jeden Fall. Es ist noch immer noch mein Traumberuf in meiner Traumgemeinde.

Jürgen Maas ist jetzt in seine Amtszeit in Gaienhofen gestartet. Haben Sie einen guten Tipp für ihn, so von Bürgermeister zu Bürgermeister?

Er soll sich seine Gelassenheit erhalten. Auch seine ruhige und angenehme Persönlichkeit soll er sich auf jeden Fall bewahren.