Essen und Trinken halten bekanntlich Leib und Seele zusammen und in gewisser Weise auch die Gemeinschaft in einem Dorf. Im Öhninger Ortsteil Schienen bringen sich ehrenamtliche Helfer ein. Ohne Gegenleistung kochen sie für die Feste der Feuerwehr oder sorgen im Lädele für aufgefüllte Regale.

Maria Pieper versorgt die Feuerwehr

Seit 35 Jahren veranstaltet die Schiener Feuerwehr ein Sommerfest für das Dorf – und von Anfang an ist auch Maria Pieper mit von der Partie. Sobald ein Fest der Freiwilligen Feuerwehr oder deren Jugendabteilung im Raum steht, kommen die Organisatoren als Erstes auf sie zu.

Geht es bei den Festen der Feuerwehr Schienen um das leibliche Wohl, kommen die Organisatoren als erstes auf Maria Pieper zu. Mit vielen ...
Geht es bei den Festen der Feuerwehr Schienen um das leibliche Wohl, kommen die Organisatoren als erstes auf Maria Pieper zu. Mit vielen freiwilligen Helfern wuppt sie Wünsche in Dimensionen einer Großküche. | Bild: Georg Lange

Maria Pieper kümmert sich dann um das leibliche Wohl der Gäste. „Ich koche gerne für andere“, sagt die 60-Jährige. Sie kümmert sich um den Speiseplan, regelt den Warenbedarf und die Essenszubereitung und steht – wenn es sein muss – für die Feuerwehr schon um 5 Uhr morgens am Herd. Ihr zur Seite stehen eingespielte Helfer und ein Team, das genau weiß, was von ihm erwartet wird. Maria Pieper ist sich klar darüber: Ohne die Hilfe von anderen könnte sie ihren Einsatz für die Wehr nicht meistern.

Allein in diesem Jahr organisierte sie das Essen beim Dämmerschoppen, beim Sommerfest und zur Wallfahrt. Hinzu kommt noch im Oktober ein Einweihungsfest für den neuen Anbau am Feuerwehrhaus. Bis 2014 kochte sie außerdem für die Jugendfeuerwehr auf deren Hüttenfreizeit. Und in den vergangenen Jahren standen auch zwei Kreiszeltlager und die Oldtimer-Treffen der Traktoren mit tausenden Besuchern auf ihrer Agenda.

Sie verarbeitet hunderte Kilogramm Lebensmittel

Um welche Dimensionen es sich bei den Veranstaltungen handelt, lässt sich auf Anhieb nur schwer erahnen. 2009 kamen beispielsweise 750 Jugendliche zum Zeltlager der Jugendfeuerwehren im Landkreis nach Schienen. Für den ersten Abend bereitete Maria Pieper mit ihren Helfern für die Jugend auf dem Zeltlager etwas ganz Besonderes vor: 1500 Schnitzelbrötchen. Innerhalb weniger Stunden wurden die Schnitzel geschnitten, geklopft, gewürzt, paniert und in sämtlich auftreibbaren Pfannen und Fritteusen zubereitet, erinnert sich Maria Pieper. Aber alle Helfer hätten mitgezogen.

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Hinzu kamen über 200 Kilogramm frisches Rohkostgemüse – alles fein geschnitten. Je nach der Größe eines Fests bereitet sie bis zu 100 Kilogramm Kartoffeln für einen Salat zu oder sie bespickt Grillspieße mit Dutzenden von Schweinehälsen.

„Von Anfang an lag mir die Feuerwehr am Herzen“, sagt Maria Pieper. Die Feuerwehr und die Jugendfeuerwehr müsse man zusammenhalten. Wenn es keine Wehr mehr in Schienen gebe, sehe es schlecht für die Ortschaft aus. Bei den Jugendlichen hat sich Pieper derweil einen Ehrentitel erworben. Liebevoll nennen sie Maria Pieper die „Mutter der Nation“.

Die Öhninger Teilortschaft Schienen hat eine gut funktionierende Dorfgemeinschaft – weil sich viele Bürger dafür engagieren.
Die Öhninger Teilortschaft Schienen hat eine gut funktionierende Dorfgemeinschaft – weil sich viele Bürger dafür engagieren. | Bild: Georg Lange

Eric Cremer packt im Lädele mit an

Eric Cremer ist in Belgien geboren, auf den Bodensee wurde seine Ehefrau über die Fernsehserie WaPo aufmerksam. Das Paar wollte wegen der Tochter in Grenznähe zur Schweiz leben und kam vor zwei Jahren in Schienen an. Die Dorfgemeinschaft beschreibt Cremer als sehr dynamisch, freundlich und angenehm. Zunächst befürchtete er „ein Dorf mit klassisch-konservativer Mentalität“. Doch: „Nein – eigentlich gar nicht“, sagt Eric Cremer mit voller Überzeugung. Durch den Tourismus und die Ferienwohnungen im Dorf sei die Haltung der Schiener sehr offen.

Auch wenn er erst seit zwei Jahren in Schienen lebt: Eric Cremer kennt die Bedeutung des Lädele für die Gemeinschaft im Dorf aus erster ...
Auch wenn er erst seit zwei Jahren in Schienen lebt: Eric Cremer kennt die Bedeutung des Lädele für die Gemeinschaft im Dorf aus erster Hand. Wie 34 weitere ehrenamtliche Schiener Bürger unterstützt auch er die Genossenschaft. | Bild: Georg Lange

Der 65-Jährige wollte in seiner Rente etwas für ältere Mitbürger machen und sie zu ärztlichen Termine fahren. Eine weitere Überlegung war, im Schiener Lädele auszuhelfen. Dabei handelt es sich um einen Dorfladen, der als soziales Non-Profit-Geschäft von einer Bürgerinitiative getragen wird und für eine Grundversorgung im Ort sorgen soll.

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Doch Eric Cremer stand zunächst plötzlich vor einem handfesten Problem. Der Belgier mit fließenden Deutschkenntnissen verstand bei seinen Einkäufen die älteren Bürger in ihrem Schiener Dialekt nicht. Wollte er als ein ehrenamtlicher Mitarbeiter im Lädele aushelfen, so konnte er sich definitiv keinen Kundenkontakt an der Kasse vorstellen.

Besonders im Sommer viel zu tun

Im Laufe der Zeit entdeckte Cremer, welche Art von Arbeiten es im Lädele gab. Er suchte den Kontakt zur Vorsitzenden der Genossenschaft und bot seine Hilfe an. Meist kümmert sich Cremer nun um die Getränke im Lädele. Er holt in Randegg jede zweite Woche die Waren für den Ladenverkauf, nimmt jeden Mittwoch die Hauptlieferung an, etikettiert die Getränke und sortiert die Waren in das Regal. Beim täglichen Kauf der Zeitung wirft er einen Blick in die Regale, schaut, ob Waren fehlen und füllt diese wieder auf.

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Im Winter dauere das nur wenige Minuten, sagt Cremer. Im Sommer hingegen oft mehr als eine Stunde. Dabei reinigt er auch auf der Terrasse die Tische, öffnet die Sonnenschirme und entleert die Aschenbecher. Es gebe immer etwas zu tun, sagt Cremer und kommt dabei auf die 35 ehrenamtlich Tätigen im Lädele zu sprechen, die auch ihren Beitrag für das Lädele leisten. Ohne Helfer im Ehrenamt wäre das Lädele schwer zu stemmen, ist sich Cremer sicher. Am Jahresende gebe es letztlich auch eine Geschäftsbilanz, die sich tragen sollte.

Cremer empfindet eine Verpflichtung gegenüber dem Dorf. Denn bei dem Schiener Lädele gehe es auch um die Gemeinschaft. „Das Dorf ohne das Lädele wäre nicht Schienen“, sagt Cremer. Dafür wolle auch er seinen Beitrag leisten.

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Öhningen in Zahlen, Daten, Fakten

Kreis: Konstanz

Fläche in ha: 2818

Einwohner: 3589

Einwohner pro km²: 127

Durchschnittsalter: 48,4

Miete pro m²: 7,48

Wohnung Kaufpreis pro m² in Euro: 3793,51

Haus Kaufpreis pro m² in Euro: 4807,40

Pendler: 293 ein, 1278 aus

Bildung: Grundschule

Bautätigkeiten: Aktuell sind in den Baugebieten nur noch private Grundstücke unbebaut, gemeindeeigene Grundstücke sind derzeit keine mehr zu vergeben. Es sind keine Baugebiete in Planung. Im Zuge von Nachverdichtung soll eine gemischte Nutzung mit Wohnen, Arbeiten und Nahversorgung ermöglicht werden.

Bild 4: So machen wir Öhningen besser: Maria Pieper und Eric Cremer sorgen dafür, dass alle satt werden
Bild: Kerstan

Fernverkehr: nein

Regionalbahn: nein, doch der Höri-Bus fährt alle Orte ab

Nahversorgung: ja, ein Discounter, zwei Bäcker, mehrere Hofläden

Schwimmbäder: Strandbäder in Wangen und Öhningen

Gastro: ja

Hausärzte: 3

Pflegeheime/Seniorenzentren: nein

Kitaplätze: Für Kinder unter drei Jahren gibt es 22 Plätze mit einer Betreuung von 7 bis 14 Uhr, davon sind vier Plätze aktuell frei. Eine Ganztagesbetreuung sei möglich, wenn es mehr Nachfrage gäbe. Bei wachsendem Bedarf könnte im Kindergarten Wangen eine weitere Gruppe mit zehn Plätzen eingerichtet werden. Die Betreuungsquote bei den Ein- und Zweijährigen liege bei 49 Prozent.

Für Kinder über drei Jahren gibt es 110 Plätze mit verlängerten Öffnungszeiten und 20 Ganztagesplätze, acht davon sind noch frei. Im Bauernhofkindergarten (private Einrichtung) werden auch auswärtige Kinder betreut. Bei Bedarf wäre im Kindergarten Wangen noch eine zusätzliche Gruppe möglich, doch die Kinderzahlen seien rückläufig. Die Betreuungsquote liege bei rund 95 Prozent.