Nicht viele Menschen schaffen es, das magische Alter von 100 Jahren zu erreichen, und noch weniger in geistiger Frische. In der Verwaltungsgemeinschaft Stockach gibt es aktuell elf Frauen und Männer, die diese hohe Anzahl an Lebensjahren erreicht haben. Eine von ihnen ist die 107-jährige Herta Ottilie Labude aus Nenzingen, die inzwischen im Pflegezentrum Stegwiesen lebt. Wer ist sie? Und was hat sie in 107 Jahren alles erlebt?

Geburt während des Ersten Weltkriegs

Labube wurde am 25. September 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, als Zweites von insgesamt vier Kindern ihrer Eltern Otto und Maria Labude in Heiligenstadt (Thüringen) geboren. Sie hatte zwei Brüder und eine jüngere Schwester und wuchs gemeinsam mit diesen in Obervellmar bei Kassel auf.

Ihre Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern schon die schreckliche Zeit des Ersten Weltkriegs durchlebten, wurden von den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs noch einmal auf die Probe gestellt. Herta Labude erlebte dessen Ausbruch als 22-Jährige bewusst mit.

Die Eltern ermöglichten ihr das Abitur

Die Kinder hatten trotz aller Entbehrungen dieser Zeit ein offenes und liebevolles Elternhaus, berichtet Labude rückblickend. Ihre Eltern hätten in der Erziehung Wert auf Respekt und Achtung allen Menschen gegenüber gelegt. Zudem hätten ihre Eltern ihr sogar ermöglicht, das Abitur zu machen und einen Beruf zu ergreifen – ungewöhnlich für Frauen in dieser Zeit, erzählt sie.

Herta Labude entschied sich für den Beruf der Hauswirtschaftslehrerin, welchen die reiselustige und belesene Frau laut eigener Aussage ihr gesamtes Leben mit großer Freude ausübte. Sie habe viele Länder bereist, mehrmals sei sie in Israel gewesen. Zudem hatte sie ein Patenkind in China und unterstützte gerne auch soziale Projekte, um Gutes zu tun, wie sie sagt.

Sie liebte das Reise und das Lesen

Von ihren Reisen in viele Länder berichtet sie auch ihrer Freundin Maria-Luise Pannenbecker, die an diesem Tag zur Unterstützung beim Gespräch mit dem SÜDKURIER ins Pflegeheim gekommen ist. „Das imponiert mir an ihr als Mensch schon immer so ganz besonders. Selbst wenn etwas schlecht ist, formuliert sie es immer zum Guten und war niemals nachtragend“, beschreibt ihre Freundin ihren Charakter.

Besonders liebte Labude das Lesen, als ihr Augenlicht das noch zuließ. Ein großer Bücherschrank in ihrer Wohnung zeuge davon und gebe Einblicke in ihre bevorzugten Genres, erzählt die 107-Jährige. Eines ihrer Lieblingswerke sei die Bibel.

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Zum Renteneintritt ging es nach Nenzingen

In die Region verschlug es Herta Labude erst spät im Leben. Erst als sie in Rente ging, tauschte sie ihre Eigentumswohnung und ihren Freundeskreis in Kassel gegen das kleine beschauliche Nenzingen, wo bereits ihre Schwester Elisabeth lebte. Gemeinsam lebten die beiden Damen eher zurückgezogen und bescheiden, berichtet Labude über die vergangenen Jahrzehnte.

Ihre Schwester habe gerne gesungen, unter anderem im Kirchenchor. Gemeinsam mit ihrer Schwester bewirtschaftete sie einen Gemüsegarten und baute ihr Obst und Gemüse selbst an. Dies war beiden sehr wichtig: Einkochen, Einlegen – und mit Nachbarn teilen. „Ihr Wissen gerade im Bereich der Kräuterkunde ist sensationell“, sagt ihre Freundin Maria-Luise Pannenbecker.

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Mit 100 ging sie noch alleine einkaufen

Ist dies auch der Schlüssel zu ihrer geistigen Vitalität im hohen Alter? „Mit 100 Jahren fuhr sie noch jede Woche mit dem Zug nach Radolfzell, um auf dem Wochenmarkt einzukaufen“, erzählt die Freundin von Labude Fitness. Und auch jetzt, mit 107 Jahren und im Pflegeheim, wirkt sie trotz großer Mühen beim Sehen noch scharfsinnig, beantwortet jede Frage präzise.

Auch ihr Pflichtbewusstsein hat nicht gelitten. Bei der jüngsten Bundestagswahl war es ihr wichtig, auch mit 107 Jahren noch zu wählen und der Demokratie ihre Stimme zu schenken. Schließlich habe sie mit den beiden Weltkriegen hautnah miterleben können, wohin falsche Politik führen kann, berichtet sie.

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Marion Endres vom Pflegezentrum Stegwiesen freut sich sehr über die Seniorin, die sich bei ihr aktuell von ihrer dritten Corona-Infektion in den vergangenen Jahren erholt. „Sie ist einfach ein Sonnenschein! Jeder mag sie einfach, denn sie ist immer positiv und dankbar“, berichtet Endres.