Felix Hauser

Eine 39 Jahre alte Frau kam bei einem Prozess vor dem Amtsgericht Stockach mit einer Geldauflage in Höhe von 900 Euro davon. Zur Verhandlung stand ein Überholmanöver, mit dem die Frau andere Verkehrsteilnehmer gefährdet haben soll. Was bei dem Vorfall im Juli 2019 genau geschehen ist, konnte vor Gericht aber nicht ganz geklärt werden.

Laut der Vertreterin der Staatsanwaltschaft fuhr die 39-Jährige aus dem Raum Stockach mit ihrem Auto auf der Landesstraße 194 (L 194) von Stockach in Richtung Nenzingen. Kurz hinter dem Zollbruck-Kreisel habe sie einen vor ihr fahrenden Van überholt, obwohl sich dort eine durchgezogene Linie in der Mitte der Fahrbahn befinde und Gegenverkehr gekommen sei. Nur durch eine starke Bremsung des Van-Fahrers habe die Angeklagte noch rechtzeitig einscheren können, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Die Anklage lautete auf Gefährdung des Straßenverkehrs (siehe Text unten).

Laut der Angeklagten fuhr der Van ziemlich langsam vor ihr her

Die 39-Jährige schilderte vor Gericht, dass sie sich mit ihrer Tochter auf der Rückfahrt von einem Ausflug vom See nach Hause befand. Auf Nachfrage von Richterin Julia Elsner erklärte sie, dass ihr der Van in der Radolfzeller Straße zum ersten Mal aufgefallen sei. Dort fand zum Zeitpunkt des Vorfalls eine Fahrbahnsanierung statt, weshalb dort ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern bestand. Diese war ab dem Abzweig zur Industriestraße wieder aufgehoben. Laut der Angeklagten sei der Van weiterhin mit nur 30 Stundenkilometern vor ihr her gefahren. Auch auf der L 194 sei das Fahrzeug langsamer als erlaubt unterwegs gewesen.

„Ich habe schon beim Zufahren auf den Kreisverkehr gesehen, dass die Gegenspur frei war“, erzählte die Angeklagte. Hinter dem Zollbruck-Kreisel habe sie direkt begonnen, den Van zu überholen, dessen Fahrer aber stark beschleunigt habe. „Ich hatte Panik, dass er mich nicht reinlässt“, sagte die Frau. Etwa auf Höhe des Nenzinger Ortsschilds konnte sie dann laut eigener Aussage noch rechtzeitig vor dem entgegenkommenden Fahrzeug einscheren. Als die Vertreterin der Staatsanwaltschaft der Angeklagten sagte, dass der Strich auf der Fahrbahnmitte zwischen Kreisel und Ortseingang Nenzingen mit Ausnahme von wenigen kurzen Stellen durchgezogen ist, gab die Beschuldigte an, dass dies früher anders gewesen sei.

Die 39-Jährige berichtet auch von einer beleidigenden Geste des Van-Fahrers

Zudem habe der Fahrer des Vans im Zollbruck-Kreisel zuvor stark abgebremst und während des Überholens der Angeklagten eine beleidigende Geste gezeigt. Ihre Tochter habe nach dem Überholvorgang ein Bild von dem Van gemacht. Der Fahrer sei ihnen dann zur Anschrift der Tochter gefolgt. Diese hat laut der Beschuldigten aus Panik bei ihrem Vermieter geklopft und die Polizei gerufen. Ein dringendes Bedürfnis sei der Grund fürs Überholen gewesen, sagte die Angeklagte. Sie zeigte vor Gericht Reue.

Ein Zeuge, der mit seiner Nichte im Auto hinter der Angeklagten und dem Van fuhr, sagte aus, dass die Frau den Van hinter dem Zollbruck-Kreisel überholt habe: „Ich sagte noch zu meiner Nichte, die gerade ihren Führerschein machte, dass man das nicht machen darf.“ Auf Nachfrage von Richterin Elsner konnte er nicht sagen, ob der Fahrer des Vans beleidigende Gesten gemacht und ob er im Kreisel und vor dem Ortsschild abgebremst habe. Der Überholvorgang sei auf Höhe der Einfahrt zu einem Bauernhof vorbei gewesen.

Verfahren wird gegen Geldauflage eingestellt

Der vermeintlich geschädigte Van-Fahrer und ein Beifahrer erschienen trotz Vorladung vor Gericht nicht. „Ich finde es schon seltsam, dass der Fahrer des Vans und der Beifahrer nicht erschienen sind“, bemerkte Richterin Julia Elsner. Auch die Fahrerin eines entgegenkommenden silbernen Fahrzeugs, laut der Angeklagten eine ältere Dame, konnte vor Gericht nicht befragt werden. Trotz eines Zeugenaufrufs in der Zeitung konnte man sie nie ausfindig machen.

Angesichts dessen brachte der Verteidiger eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung ins Spiel. Auch die Richterin war dafür: „Angesichts der Tatsache, dass die Zeugen nicht erschienen sind, halte ich eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung für richtig“, sagte Elsner. Alle Seiten stimmten dem zu. So muss die Angeklagte 900 Euro innerhalb von sechs Monaten in Raten zu je 150 Euro zahlen, die der Singener Tafel zugute kommen. Ihre Fahrerlaubnis, die vom Amtsgericht Konstanz im Januar dieses Jahres eingezogen wurde, bekam die Frau zurück.