Die Einwohner von Orsingen-Nenzingen können beruhigt sein, denn das Stromnetz in ihrer Gemeinde bietet eine hohe Versorgungssicherheit. Das bezeugt der System Average Interruption Duration Index (kurz: SAIDI).

Dieser stellt die durchschnittliche Stromausfalldauer je versorgtem Verbraucher dar und ist der wichtigste Indikator für die Zuverlässigkeit von Energienetzen. Dieser Wert betrug in ganz Deutschland für die Jahre 2015 bis 2019 13,4 Minuten.

In Orsingen-Nenzingen waren es im Jahr 2019 0,5 Minuten, 2020 waren es 0 Minuten und zwischen Januar und Juli 2021 5,1 Minuten. In der Gemeinde fällt also unterdurchschnittlich selten der Strom aus. Über den aktuellen Stand und die Energieversorgung der Zukunft informierten zwei Vertreter von Netze BW den Gemeinderat kürzlich in einer Sitzung.

Strom wird in der Gemeinde auf verschiedene regenerative Weise erzeugt

Nur noch zwei Gebäude werden in Orsingen-Nenzingen mit einer Freileitung versorgt. Freileitungen sind durch Sturm, Gewitter, Eis oder Schnee anfälliger als Erdkabel. Letztere können allerdings durch Tiere, Erd- und Bagger-Arbeiten Schaden nehmen.

In der Doppelgemeinde wird Strom bereits auf verschiedene regenerative Weise erzeugt: mithilfe der Sonne, durch Biomasse und Wasser. Aktuell werden von 268 Solar-Anlagen mit einer Leistung von 4390 Kilowatt knapp vier Gigawattstunden ins öffentliche Stromnetz eingespeist.

Auch mithilfe der PV-Anlage auf dem Dach der Grundschule Nenzingen wird viel Strom für die Gemeinde erzeugt.
Auch mithilfe der PV-Anlage auf dem Dach der Grundschule Nenzingen wird viel Strom für die Gemeinde erzeugt. | Bild: Claudia Ladwig

„Die Zahlen hier sind sehr beeindruckend“, so Jens Schwarz, Regionalmanager Verteilnetze bei Netze BW. Orsingen-Nenzingen sei 2020 die Energiewende gelungen, denn die Gemeinde habe mehr regenerativen Strom eingespeist als abgezogen.

Für die Ziele des Landes braucht es mehr

Allerdings seien die CO2-Ziele des Landes Baden-Württemberg sehr ambitioniert, erklärte er. Das Energiekonzept sehe eine Treibhausgasminderung von 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 vor. Derzeit werde bereits diskutiert, die Ziele weiter zu verschärfen.

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Um diese Energiewende zu erreichen, müsse die Komplexität im Verteilsystem steigen. Statt Strom über weite Strecken zum Verbraucher zu bringen, werde und müsse es künftig beispielsweise durch Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen mehr lokale Stromerzeugung geben.

Bis 2050 müsse auch die Zahl der Elektro-Autos in Orsingen-Nenzingen drastisch erhöht werden – statt derzeit 16 gemeldeter Fahrzeuge sollten es dann knapp 1200 sein, so Schwarz.

Gemeinde soll zum Mitmachen motivieren

Kommunalberater Stephan Einsiedler griff die Energieerzeugung durch Photovoltaikanlagen auf. Hier gebe es viele Möglichkeiten für Kommunen, zum Klimaschutz beizutragen, denn alle Kommunen hätten eine Vorreiterrolle, so Einsiedler.

Sie müssten Photovoltaik-Ausbauziele formulieren und definieren und die Bürger sowie Unternehmen zum Mitmachen motivieren. Es gehe auch darum, das Potential möglicher Freiflächen für derlei Anlagen zu erheben, Gespräche mit den örtlichen Landwirten zu führen und über eine Bürgerbeteiligung nachzudenken.

Es braucht mehr E-Autos

Um die Mobilitätswende mitzugestalten, müsse außerdem die Standortattraktivität erhöht werden und die Nachhaltigkeit gefördert werden, erklärte Einsiedler. Eine Möglichkeit sei das Teilen von Autos.

Das sogenannte Fahrzeug-Sharing und E-Mobilität müssten für den ländlichen Raum ausgerichtet werden, betonten die Vertreter von Netze BW. „Da muss ein Umdenken stattfinden“, forderte Jens Schwarz. Das sei eine der Herausforderungen einer modernen Kommune.

Bürgermeister informiert sich

Bürgermeister Stefan Keil erklärte, er sei schon im Gespräch zu dem Thema und werde dem Gemeinderat die dabei zutage tretenden Informationen sobald wie möglich zur Verfügung stellen.