Die Badische Staatsbrauerei Rothaus will bis zum Jahr 2030 klimaneutral sein. Ist das realistisch? Brauereichef Christian Rasch beantwortet die Frage mit einem klaren Ja. Als Meilensteine in Richtung Ziel nannte er auf Nachfrage beispielsweise die auf den Dächern des Unternehmens installierten PV-Anlagen. Ein weiterer dazu sei die Elektrifizierung der eigenen Fuhrparkflotte. Fünf Mercedes eActros-400-Lastwagen sorgen für eine emissionsfreie Kundenbelieferung im Hochschwarzwald. Hinzu kommen zahlreiche Gabelstapler, die bereits mit Strom betankt werden.
Energiesysteme müssen reformiert werden
„Gemäß meiner Vision, die Brauerei in Richtung Klimaneutralität zu entwickeln, kommen wir an einer tiefgreifenden Veränderung nicht vorbei“, hob Christian Rasch hervor. Damit verbunden sei auch die Notwendigkeit, Energiesysteme zu reformieren. Bereits vor sechs Jahren habe er damit begonnen, den Aufsichtsrat der Brauerei davon zu überzeugen, neue Wege für eine Veränderung in Bezug auf Klima und Energien zu finden. Rasch: „Ein nicht einfaches Unterfangen, denn es gab zu dieser Zeit weder Energiekrise noch Corona oder gar einen Ukrainekrieg.“ Der wirtschaftliche Zyklus, verbunden mit einer Rezession, sei für den Brauereichef nichts Außergewöhnliches. Betriebe müssten aber mit dem damit verbundenen Kostendruck und der Inflation zurechtkommen.
Das Unternehmen will Qualitätsführer bleiben
„Auch in der Phase der Rezession, in der Verbraucher gezielter Angebote einkaufen, bleibt unsere Vision, in Sachen Bier Qualitätsführer in Deutschland zu sein, bestehen“, betonte Rasch. Im Rohstoffeinkauf könne und wolle die Brauerei keine Abstriche machen. Bereits 2019 habe man damit begonnen, bei der Kostensituation Energie deutlich besser zu werden. Dies sei trotz der derzeit schwierigen Wirtschaftslage gelungen. So habe es bei Rothaus in den vergangenen Jahren weder Kurzarbeit noch Entlassungen gegeben. „Wir konnten letztes Jahr das Ergebnis des Vorjahres halten und werden nach den derzeitigen Zahlen auch im Jahr 2025 nicht schlechter abschneiden“, hob der Alleinvorstand hervor.
E-Fahrzeuge brauchen eine umfassende Infrastruktur
Um Fahrzeuge im Elektrobetrieb einzusetzen, bedürfe es einer umfassenden Infrastruktur. „E-Fahrzeuge kann man kaufen, sie werden mit der Zeit auch günstiger“, sagte Rasch. Anders gestalte sich der Aufbau einer Infrastruktur. Die Brauerei habe derzeit fünf „Mercedes eActros 400“ im Einsatz, die jeweils eine Reichweite von 400 Kilometer hätten. Der Hersteller begleite deren Einsätze seit einem Jahr, ermittle bei den Tourenfahrten den Verbrauch in verschiedenen Fahrsituationen und werte diese aus. Rund 170.000 Kilometer wurden mit den E-Lkw bisher gefahren. Auf diese Weise konnten rund 60.000 Liter Diesel eingespart werden.
Strom aus der eigenen PV-Anlage statt Diesel
Und Diesel werde nun ersetzt durch Strom aus der eigenen PV-Anlage. Die Abnahme für den Eigenverbrauch funktioniere an den Werktagen, nicht aber am Wochenende. Im nächsten Jahr soll dieser Strom in einem Pufferspeicher aufgefangen werden. „Dann können wir unsere Fahrzeuge komplett über eigenen Strom betanken“, erläuterte Rasch. So werde die Brauerei energietechnisch von äußeren Einflüssen unabhängig, egal ob ein „Krieg in der Ukraine oder ein Embargo gegen Putin“ bestehe. In den nächsten 25 Jahren könne der Strom gegenüber der Strombörse wesentlich günstiger selbst produziert werden. Die durchschnittlichen Stromkosten liegen aktuell bei 25,8 Cent brutto pro Kilowattstunde, darin seien die Investitionen enthalten. Angestrebt werde ein Preis von 18 Cent. Dies könnte nach dem Bau von eigenen Windkraftanlagen möglich werden.
Rothaus ist ein sogenannter Pilotkunde beim Autobauer
Bei Daimler ist Rothaus ein sogenannter „Pilotkunde“. Im Herbst wird die Brauerei ein Versuchsfahrzeug – einen „eActros 600“ – für ein Jahr erhalten. Der 40-Tonner mit Hänger soll eine Reichweite von 500 bis 600 Kilometern haben. Damit könnten Strecken von Rothaus bis Frankfurt und zurück bewältigt werden. Derzeit befinden sich 19 Fahrzeuge im Schwerlastverkehr, die bis 2030 auf Elektro umgestellt werden sollen. Hierfür wurde bereits eine Ladestruktur in der Brauerei für die eigenen Laster und für Gabelstapler geschaffen. „Unsere betriebseigenen Elektriker haben bis auf die Außenkästen der Stromsäulen alles selbst entwickelt und gebaut“, betonte Rasch. Dazu gehört auch die öffentliche E-Zapfsäule auf dem Parkplatz. Dank des Rückhalts durch die Eigentümer der Brauerei ist sich der Alleinvorstand sicher, das Ziel, im Jahr 2030 klimaneutral zu sein, erreichen zu können.