Herr Roszondai, wie geht es Ihnen aktuell?
Mir geht es einigermaßen gut. Ich habe keine schweren Symptome, vor allem keine Lungenbeschwerden. Ich fühle mich etwas abgeschlagen und müde. Aber ich habe kein Fieber.
Wann haben Sie die ersten Symptome bemerkt?
Am vergangenen Dienstag nach der Vormittagssprechstunde war ich in der Mittagspause Zuhause. Da habe ich bemerkt, dass ich Fieber bekomme. Ich hatte dann 38,1 Grad Fieber.
Wie sind Sie mit dem Verdacht, infektiös zu sein, umgegangen?
Ich habe sofort beim Gesundheitsamt angerufen. Da ich als Arzt sehr viel mit Menschen – vor allem mit kranken Menschen – zu tun habe, war mir sofort klar, dass ich infiziert sein könnte. Ich habe die Nummer gewählt, die uns Ärzten für die Meldung von Verdachtsfällen zur Verfügung gestellt wird. In diesem Fall war ich selbst der Verdachtsfall.
Und wie ging es dann weiter?
Eine Kollegin am Telefon hatte mich dann gefragt, ob ich mich in einem Endemiegebiet aufgehalten oder Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person hatte. Beides habe ich verneint. Die Kollegin sagte dann, ich gehöre nicht zu den Personen, die getestet werden können. Sie gab mir dann den Tipp, mich an das Labor zu wenden, mit dem wir auch sonst zusammenarbeiten und dort einen Test machen zu lassen. Diesen müsste ich allerdings selbst bezahlen. Und das habe ich dann gemacht. Selbstverständlich bin ich danach nicht mehr in die Praxis gegangen und habe keine Patienten mehr behandelt. Am nächsten Abend bekam ich dann telefonisch den leider positiven Befund mitgeteilt.
Mit wie vielen Patienten haben Sie in dem Zeitraum, bis sie die ersten Symptome bemerkt hatten, Kontakt?
Laut der Berechnung meiner Arzthelferin waren es 100 Patienten. Ich selbst konnte es nicht mehr nachprüfen, da ich mich seitdem in Quarantäne befinde.
Haben Sie einen Verdacht, wo Sie sich angesteckt haben könnten?
Im Nachhinein ist das schwer nachzuvollziehen. Ich hatte sehr viel Kontakt mit Patienten die Woche davor. Als Dermatologe habe bis zu 80 Patientenkontakte pro Tag. Zum anderen kann es sein, dass ich mich am Wochenende angesteckt habe, aber das liegt im Bereich von Vermutungen.
Waren Sie zufällig in einem der Risikogebiete?
Nein, ich habe mich in keiner zum damaligen Zeitpunkt als Endemiegebiet bezeichneten Gegend aufgehalten.
Welchen besonderen Stress-Situationen sind Ärzte in diesen Zeiten ausgesetzt?
Es ist eine besonders herausfordernde Situation für alle Ärzte. Denn ich schätze einmal, dass nicht jeder ausreichend mit Schutzkleidung versorgt ist. Außerdem sind auch noch andere Viren im Umlauf und man sieht es Patienten leider nicht an, welchen Virus sie in sich tragen. Die Kollegen halten alle Vorschriften in den Praxen ein, aber es ist klar, dass Ärzte dem Corona-Virus in besonderem Maße ausgesetzt sind.
Haben Sie eine Empfehlung oder eine Bitte an Ihre Patienten?
Gefährdet sind die wirklich kranken Menschen, ältere und immunsupprimierte (Anmerkung: Unterdrückung des körpereigenen Abwehrsystems) Patienten oder Patienten mit Lungenerkrankung. Man sollte den Fokus auf diese Menschen legen. Da ist es meiner Meinung nach Aufgabe der Politik, diese Personengruppen besonders zu schützen. Die Erkältungssaison läuft gerade, aber nicht jeder, der einen Schnupfen hat, muss sich gleich testen lassen. Deswegen sollte man sich an die aktuellen Empfehlungen des Landratsamtes, beziehungsweise des Gesundheitsamtes halten. Wir hoffen alle, dass es bald einen zuverlässigen Schnelltest gibt, da Deutschland selbst mittlerweile als Risikogebiet angesehen wird.
Wenn Sie die Berichte Ihrer Kollegen aus Italien lesen, was ziehen Sie für Schlüsse daraus?
Ich nehme an, wir werden bald einen ähnlichen Zustand wie in Italien erreichen. Und die Politik muss sich Gedanken machen, wie sie mit weiteren Quarantänemaßnahmen umgehen will. Wenn sehr viele Ärzte in Quarantäne gesetzt werden, können andere Patienten mit schweren Erkrankungen eventuell so lange nicht richtig versorgt werden. Man muss die Risiken gegeneinander abwägen und Lösungen für Probleme finden, die schwer zu entscheiden sind.
Ist Ihr Berufsstand – der des medizinischen Personals – gefährdeter als andere?
Ich selbst bin Dermatologe, zu mir kommen in erster Linie keine Patienten mit grippalen Infekten. Hausärzte und Internisten sind in dieser Zeit sicher eher gefährdet. Meine Mitarbeiterinnen sind angewiesen jeden Patienten zu fragen, ob er in einem Risikogebiet war oder Kontakt zu infizierten Personen hatte. Das werden sicher alle anderen Arztpraxen aktuell so praktizieren, und die Risikopatienten nach den Vorgaben des Landrats- und Gesundheitsamtes versorgen.
Welche Unterstützung wünschen sie sich?
Ich würde mir wünschen, dass Kollegen und Kolleginnen, die Symptome haben, die auf Corona schließen können, auch wenn sie nicht in einem Risikogebiet waren oder Kontakt zu Infizierten hatten, sich schnell und unkompliziert testen lassen können. Denn das dient dem Schutz unserer Patienten.
Bekommen Sie die entsprechende Wertschätzung von Staat und Gesellschaft?
Im Moment wird wenig über Ärzte berichtet, und in manchen Fällen leider missverständlich wie in einigen Artikeln über mich. Ich hatte leider das Pech, einer der ersten infizierten Ärzte in der Region zu sein und daher war die Panik groß, ich hätte viele Menschen angesteckt. Das wichtigste Thema ist natürlich die Infektion an sich, aber über die Zustände in den Praxen wird wenig gesprochen.
Wie geht es für Sie nun weiter?
Ich muss warten, bis die 14 Tage Quarantäne vorbei sind. Dann muss ich einen zweiten Test machen, der negativ sein muss. Ich glaube, ich muss sogar einen zweiten negativen Test vorlegen, damit ich meine Praxis wieder aufmachen darf. Das geht frühestens nächste Woche Mittwoch.