Gut 700 Zuhörer genossen in schönster Abendstimmung auf dem Marktplatz das Galakonzert des Jugendblasorchesters, das schon viele Jahre das Hausherrenfest eröffnet. Oberbürgermeister Martin Staab hatte nicht zu viel versprochen, als er in seiner Eröffnungsrede den jungen Klangkörper unter Leitung von Kuno Rauch als „musikalisches Aushängeschild und Fundament der Musikstadt Radolfzell„ ankündigte.
Einmal mehr brillierten die 72 Jugendlichen mit ihren anspruchsvollen Darbietungen und spürbarer Spielfreude. Als Moderatoren führten Markus Conrad und Vanessa Günther durch das Programm.

Zur Eröffnung brachte das Orchester die „Alvamare Overture“ von James Barnes zu Gehör, ein fröhlich-feierliches Werk für Oberstufenorchester, mit dem sich das JBO im November beim Landesorchesterwettbewerb in Metzingen als Vorentscheid für die Teilnahme am Deutschen Orchesterwettbewerb 2020 in Bonn qualifizieren will.
In der typischen Overtüren-Form schnell-langsam-schnell und mit seinem melodiösem Zwischenteil gelang ein attraktiver und technisch anspruchsvoller Konzertbeginn, der in besonderem Maße die Klarinetten, Oboen und Flöten forderte.
Das JBO hat ein großes Repertoir
Mit großem Beifall quittiert wurde auch das zweite Stück für Metzingen, die „Ukrainian Rhapsody“ von Franco Cesarini, für die die vielseitige Volksmusik der Ukraine Impulsgeber war.
Die traditionellen Tänze, die Stimmungsbilder vom einfachen Landleben der Bevölkerung, mal emotional und dann wieder melancholisch, sind durch das instabile Tempo und große Dynamik schwierig zu spielen, wurden aber Monate vor dem Wettbewerb schon gut gemeistert. Auch das Saxofon-Solo von Tobias Weingarten war gelungen.

Mit dem programmatischen Stück „Ross Roy“ von Jacob de Haan nahm das JBO das Publikum mit nach Australien zur gleichnamigen monumentalen Villa in Brisbane, die als Schule genutzt wurde. Mit dynamisch und farblich gut herausgearbeiteten Zwischentönen und Kontrastbildern brachte das Orchester die Eindrücke und Gefühle zu Gehör, die ein Schüler im Laufe seiner Schulzeit erlebt.
Ein Marschrhythmus zu Beginn symbolisiert die Disziplin in der Schule, aber genauso finden musikalisch Freude, Melancholie und Freundschaft, kulturelle Vielfalt und der Aufbruch in das Leben statt. Das Englischhornsolo spielte gekonnt Mirjam Thum.

Musikalisch weiter ging es mit dem wohl spannendsten Boxkampf des Jahrhunderts. Als Bonbon für alle, die das Seefestival nicht miterlebt haben, spielte das Orchester die Filmmusik „Selections from Rocky“, die an Pfingsten in Kooperation mit der SWR Big Band aufgeführt wurde.
Besonders eindrucksvoll für das Publikum war das Trompetensolo am Anfang des Stücks, das die Spannung vor dem Kampf repräsentiert und durch das gut besetzte Trompetenregister starken Ausdruck fand. Äußerst anspruchsvoll für das Blech und ohnehin sehr kraftraubend, war bei diesem Freiluftkonzert zusätzliche Konzentration gefordert, galt es doch punkt 21 Uhr musikalisch gegen die mächtigen Münsterglocken anzukämpfen.
Berühmte Hits erklingen auf dem Marktplatz
Mitreißenden Rock mit anspruchsvollen Grooves und energiegeladene Rhythmen gab es beim Medley „Total Toto“ zu erleben. Das Publikum wippte begeistert mit. Die Rockgrupe Toto, die vor wenigen Tagen beim Open Air in Salem zu hören war, erlebt im Moment ein Comeback.
Vorgestellt wurden die drei bekanntesten Hits „Afrika„, „Rosanna“ und „Can‘t stop loving You“. Den weltberühmten und unter Schlagzeugern gefüchteten Shuffle Rhythmus, insbesondere bei „Rosanna“, spielt im JBO Tim Ruther.

Bei den Musikern des JBO äußerst beliebt sind die bekanntesten Melodien aus „Lord of The Dance“. Dass die schnellen Stepptanz-Rhythmen der gleichnamigen Tanzshow technisch für das Orchester nicht ganz unproblematisch sind, blieb fast unbemerkt.
Eine letzte Herausforderung meisterte das Orchester auch mit seinem lateinamerikanischen Stück“El Cumbanchero“, bei dem die Percussionsgruppe voll zur Geltung kam. Beim Solo in der Mitte glänzte das Flötenregister. Lange hielt der verdiente Schlussbeifall an, bis sich das Orchester mit „No Roots„ von Alice Merton als Zugabe von seinem begeisterten Publikum verabschiedete.
Stolz auf die Musikstadt
Einen dicken Applaus vom Publikum gab es bei der Eröffnungsrede von Oberbürgermeister Martin Staab auch für die Stadtkapelle sowie für die Musikvereine Markelfingen und Liggeringen. Der OB nutzte die große Publikumskulisse, um noch einmal deren hervorragendes Abschneiden kürzlich beim Deutschen Musikfest in Osnabrück hervorzuheben.
Schon im November steht mit dem Landesorchester-Wettbewerb als Vorentscheid zum Deutschen Orchesterwettbewerb 2020 in Bonn das nächste große Ereignis an. Sowohl die Stadtkapelle als auch das Jugendblasorchester, beide unter Leitung von Dirigent Kuno Rauch, sind dazu angemeldet.